Hirntod: Falschdiagnosen vermeiden

Um das Risiko einer Falschdiagnose beim irreversiblen Hirntod zu verringern, sollten Fehler so früh wie möglich erkannt werden. Deshalb ergänzte die Deutsche Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin die bestehende Richtlinie mit häufig gestellten Fragen und liefert Antworten.

Für die Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls gibt es zwar aktuelle Richtlinien, trotzdem kommen immer wieder Fragen auf. Um Fehlerquellen so gut wie möglich zu vermeiden, sammelte die Redaktionsgruppe des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer die am häufigsten gestellen Fragen und veröffentlichte nun einen kleinen Ratgeber mit Antworten. Beim schriftlichen Anhörungsverfahren hätten sich keine inhaltlichen Prüfpunkte ergeben, sondern nur Verständnisfragen, berichtet Professor Dr. Stephan A. Brandt, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Deshalb hat eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin jetzt Antworten auf zahlreiche Fragen zur Hirntod-Diagnostik zusammengestellt. Im folgenden ein Auszug der aufgelisteten 28 Fragen:

  • Ist ein starker Blutdruckanstieg bei der Prüfung des Trachealreflexes eine Schmerzreaktion auf rein spinaler Ebene? Sowohl der Hustenreflex bei trachealer Reizung/Absaugung (Spittler JF et al., Eur J Neurol 2000) als auch ein reproduzierbarer Blutdruckanstieg bei Nackenbeugung (Kuwagata Y et al., Neurosurgery 1991) sind als spinale Reaktionen beschrieben. Bei Diskonnektion vom Respirator können Blutdruckanstiege auch als Folge einer reduzierten Vorlast auftreten. Tritt der Blutdruckanstieg erst bei Berührung der Trachea auf, ist von einer spinalen Kreislaufreaktion auszugehen. Eine zentrale Schmerzreaktion liegt dann nicht vor. Im Zweifelsfall sollte man einen zerebralen Perfusionsstillstand nachweisen.
  • Die Hirnstamm-Areflexie ist von zwei Ärzten unabhängig voneinander festzustellen. Muss also der Apnoe-Test zweimal durchgeführt werden oder nur von zwei Untersuchern unabhängig voneinander beurteilt werden? Beide Untersucher müssen sich davon überzeugen, dass eine Apnoe vorliegt. Das können sie auch zeitgleich machen. Sie müssen beide die BGA Werte berücksichtigen, beide den Patienten klinisch beobachten. Es gibt keinen medizinischen Grund, den Apnoe-Test in Anwesenheit beider Untersucher zweimal nacheinander durchzuführen.
  • Welche Kriterien für den Funktionsverlust des Kleinhirns werden in der neuen Definition des Hirntodes gemeint? Die Verluste der Reflexe des Hirnstamms bzw. die Verluste der elektrophysiologischen Reizantworten definieren keinen Funktionsverlust des Kleinhirns. Es gibt bei den Kriterien für den irreversiblen Hirnfunktionsausfall keinen Test, der Funktionen des Kleinhirns für sich prüfen würde oder könnte. Der isolierte Erhalt von Kleinhirnfunktionen bei aufgegebenen Hirnstamm- und Großhirnfunktionen wird im Sinne der Überlegungen, was einen Menschen ausmacht, nicht das IHA-Konzept erschüttern.
  • Wie ist die Anwendung der Magnetresonanzspektroskopie als apparative Zusatzdiagnostik zu bewerten? Die Datenlage zur MR-Spektroskopie ist bisher für die IHA-Diagnostik nicht validiert.

„Sicher kann nicht jede individuelle Situation im Rahmen von Richtlinien berücksichtigt werden – sie erfordert auch eine Einordnung in den Gesamtzusammenhang“, fasst DGNI-Präsident Dr. Georg Gahn zusammen. „Trotzdem können wir mit unserer Umfrage und den daraus resultierenden Antworten etwas Sicherheit im Umgang mit wiederholt auftretenden Fragestellungen vermitteln.“

Bildquelle: jepoirrier /flickr

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