Ob Schmerztherapie, Raucherentwöhnung oder Geburtsbegleitung – Hypnose ist beliebter denn je. Doch hält die Methode, was sie verspricht?
Die Wurzeln der modernen Hypnose reichen in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück. Als einer der ersten neuzeitlichen Therapeuten gilt der Wiener Arzt Franz Anton Mesmer (1734 bis 1815). Zwar wurde seine Lehre bald widerlegt, doch seine Beobachtungen psychosomatischer Reaktionen durch verbale und nonverbale Interventionen legten den Grundstein für die spätere Hypnoseforschung. Im 19. Jahrhundert trugen unter anderem der britische Chirurg James Braid (1795–1860), der den Begriff „Hypnose“ prägte, sowie der französische Neurologe Jean-Martin Charcot (1825–1893) wesentlich zur medizinischen Etablierung bei.
Heute wird die Hypnose – als „klinische Hypnose“ oder „Hypnotherapie“ – unter anderem in der Psychotherapie, Schmerztherapie und der Gynäkologie empfohlen. Ein Blick auf die Neurobiologie und die Wirksamkeit aus evidenzbasiertem Blickwinkel.
Eine medizinische Hypnose gliedert sich in mehrere Phasen. Zu Beginn leiten Therapeuten die Patienten sprachlich an, um einen entspannten und fokussierten Zustand herzustellen – diese Phase bezeichnet man als Induktion. Daran schließt sich die Vertiefung an, um die Trance zu stabilisieren.
In der Hauptphase nutzen Therapeuten gezielte Suggestionen, etwa zur Linderung von Schmerzen, zur Verringerung von Angst oder zur Unterstützung von Verhaltensänderungen. Am Ende begleiten sie Patienten zurück ins Wachbewusstsein – dieser Schritt wird als Reorientierung bezeichnet.
Seit Jahren untersuchen Forscher neurobiologische Effekte der Methode. Eine systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse aus dem Jahr 2017 fasst Erkenntnisse aus Studien mit bildgebenden Verfahren zusammen. Die Autoren berichten u. a. von einer Aktivierung des Gyrus lingualis, einer Gehirnregion, welche an der Verarbeitung höherer visueller Prozesse und der mentalen Bildgebung beteiligt ist. Befunde aus der Bildgebung seien jedoch recht uneinheitlich, schreiben sie. Das liege wohl an der komplexen Natur der Hypnose selbst und an fehlenden methodischen Standards bei Studien.
Auch ein Review aus dem Jahr 2022 bestätigt die Heterogenität. Dennoch berichten die Forschenden über Hinweise auf funktionelle Veränderungen der Hirnaktivität unter Hypnose. Sie fanden unter anderem eine erhöhte Aktivität im Frontalhirnbereich sowie verstärkte θ-Oszillationen im EEG. Grundlage dieser Analyse war eine umfangreiche Literatursuche: Von insgesamt 10.404 identifizierten Arbeiten erfüllten nur 20 Publikationen die Kriterien für eine detaillierte Auswertung.
Von der Grundlagenforschung zur Anwendung: Die Hypnotherapie wird als vielversprechender Ansatz zur Raucherentwöhnung diskutiert – doch wie belastbar ist die wissenschaftliche Evidenz? Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2019 blickte auf die vorhandene Studienlage. Lediglich 14 Studien verglichen die Hypnose mit anderen Methoden zur Tabakentwöhnung. Das nüchterne Fazit der Forscher: „Es gibt keine klare Evidenz dafür, dass Hypnotherapie wirksamer ist als andere Ansätze. Falls überhaupt ein Nutzen besteht, ist er bestenfalls gering.“
Ein aktuelles Review aus dem Jahr 2025 kommt zu einem deutlich positiveren Ergebnis. Die Autoren werteten 33 Studien aus. In zwei Dritteln dieser Untersuchungen fanden sie Hinweise auf eine positive Wirkung der Hypnose auf den Rauchstopp. Mitunter kamen Angaben zum Erfolg jedoch von den Patienten selbst – eine mögliche Quelle für Verzerrungen. Dennoch schreiben die Autoren, die Hypnotherapie sei „ein sinnvoller Ansatz zur Raucherentwöhnung, der weitere Untersuchungen rechtfertigt“.
Wissenschaftler gingen auch der Frage nach, ob eine Hypnose die Geburt erleichtern und Schmerzen lindern kann. Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2016 sichtete die vorhandene Evidenz und fand lediglich neun Studien. „Hypnose kann den Gesamtbedarf an Schmerzmitteln während der Wehen reduzieren, nicht jedoch den Bedarf an Epiduralanästhesie“, so das Fazit der Autoren. Sie fanden keine klaren Unterschiede zwischen Frauen in der Hypnosegruppe und in den Kontrollgruppen hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Schmerzlinderung, dem Gefühl, Wehen bewältigen zu können, oder der Wahrscheinlichkeit einer spontanen vaginalen Geburt.
Ein systematisches Review aus 2023 bringt eine neue Perspektive ins Spiel: Auch wenn positive Effekte auf körperliche Parameter umstritten bleiben, zeigen sieben eingeschlossene Studien, dass Hypnose das Selbstbewusstsein und die Zuversicht von Schwangeren stärken kann. Das scheint wesentlich zu einem positiveren Geburtserlebnis und mehr Wohlbefinden beizutragen.
Ähnlich äußerten sich die Autoren eines Reviews von 2024. Sie fanden immerhin sieben randomisiert-kontrollierte Studien zum Effekt. Alles in allem halten sie die Hypnose für ein geeignetes Mittel, um Geburtserfahrungen zu verbessern und Ängste abzubauen. Ob die Methode auch Wehenschmerzen lindert oder die Geburtsdauer verkürzt, bleibt offen. Hier lieferten die eingeschlossenen Studien widersprüchliche Ergebnisse. Auch bei objektiven medizinischen Parametern wie der Häufigkeit von Epiduralanästhesien oder anderen geburtsbezogenen Daten zeigten sich keine klaren Unterschiede.
Bei anderen Schmerzempfindungen wird die Hypnose ebenfalls empfohlen. Um die Evidenz zu bewerten, haben Forscher im Zuge einer Metaanalyse 85 Studien eingeschlossen. Ihre Analyse zeigte signifikante analgetische Effekte bei experimentell ausgelösten Schmerzen.
Besonders wirksam war die Methode bei Personen mit mittlerer bis hoher hypnotischer Empfänglichkeit. In diesen Gruppen führten Hypnosesitzungen zu einer klinisch relevanten Schmerzreduktion von 29 Prozent bzw. 42 Prozent. Bei wenig empfänglichen Personen blieben die Effekte dagegen gering. Zu chronischen oder länger anhaltenden Schmerzen liefert die Arbeit keine Aussage.
Vergleichsweise klare Worte findet der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie der Bundesärztekammer: Er hat die Hypnotherapie bereits vor Jahren als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren für bestimmte Anwendungsbereiche bei Erwachsenen eingestuft. Demnach kann die Hypnotherapie wirksam eingesetzt werden, wenn psychische oder soziale Faktoren bei körperlichen Erkrankungen eine Rolle spielen. Auch im Bereich von Abhängigkeit und Missbrauch ist der Einsatz möglich.
Alles in allem ist die Studienlage zur Hypnose umfangreich. Unbestritten ist, dass Hypnosen messbare Effekte erzeugen. Bei genauerer Prüfung zeigt sich jedoch, dass viele Arbeiten methodischen Standards nicht genügen. Die wenigen Studien mit belastbarer Aussagekraft liefern teils widersprüchliche Aussagen. Entscheidend für den Effekt ist aber auch die individuelle Hypnotisierbarkeit.
Bildquelle: Osarugue Igbinoba, Unsplash