Stell dir vor, ein Telefonat mit einer Hotline reicht aus, um dein persönliches Risiko für die Alzheimer-Krankheit zu bestimmen. Forscher aus Japan wollen das bald möglich machen.
Bei der Alzheimer-Krankheit handelt sich um eine primär degenerative Demenz, bei der es zu einer fortschreitenden Atrophie in den Teilen des Gehirns kommt, die Gedächtnis und Sprache steuern. Die Forschung legt nahe, dass eine frühe Diagnose wichtig ist, um die Symptome bestmöglich kontrollieren zu können. Derzeit gibt es aber keine kostengünstigen, allgemein zugänglichen und zuverlässigen Möglichkeiten, um die Alzheimer-Krankheit in ihrem präklinischen Stadium zu diagnostizieren.
Ein möglicher Indikator für eine beginnende Erkrankung kann langsames Sprechen sein. Auch Sprechpausen werden vermehrt beobachtet, da die Patienten in ihrem Gedächtnis nach den richtigen Wörtern suchen. Wissenschaftler aus Japan entwickelten ein Modell, welches akustische Sprachmerkmale wie Pausen, Tonhöhe und Stimmintensität nutzt, um vorherzusagen, wer an Alzheimer erkranken könnte. Die Forscher glauben, dass ihre Modelle besser sein könnten als ein standardisierter Test, den Ärzte zur Diagnose der Krankheit verwenden. Die Ergebnisse wurden in dem Journal PLOS ONETrusted Source veröffentlicht.
Das Team verwendete drei Algorithmen, um die Sprachdaten von 24 Personen mit 99 Personen ohne Alzheimer zu analysieren. Alle Probanden waren 65 Jahre oder älter. Die Audioaufnahmen stammten aus einem öffentlichen Gesundheitsprogramm, bei dem sich die Teilnehmer am Telefon über Änderungen des Lebensstils unterhielten, um ihr Demenzrisiko zu verringern.
Als Teil des Programms unterzogen sich die Teilnehmer auch einem in Japan üblichen Standardtest zur kognitiven Leistungsfähigkeit, dem Telephone Interview for Cognitive Status (TICS-J). Für die Studie verwendeten die Wissenschaftler stimmliche Merkmale aus einem Teil der Audioaufnahmen, um die Algorithmen zu trainieren, so dass sie zwischen Menschen mit Alzheimer und Kontrollpersonen unterscheiden konnten.
Beide Modelle (sowohl XGBoost als auch TICS-J) hatten einen Sensitivity Score von 100 %, was bedeutet, dass es keine falsch-negativen Ergebnisse gab. Alle Teilnehmer, die von den Tests als nicht an Alzheimer erkrankt identifiziert wurden, hatten die Krankheit nicht. XGBoost zeigte auch eine sehr gute Spezifität: Es gab keine falsch-positiven Ergebnisse und alle Personen, die als Alzheimer-Kranke definiert wurden, litten tatsächlich an der Erkrankung. Im Vergleich dazu erreichte das Modell TICS-J nur eine Spezifität von 83,3 %.
Die Modelle könnten laut der Autoren in Websites oder mobilen Apps eingebaut werden, sodass sie für die Allgemeinheit zur Verfügung stünden. Sie schreiben, ein solches prädiktives Werkzeug könne Menschen in frühen Stadien der Erkrankung dazu bringen, rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen.
„Wir planen nun, diesen Test bis Ende des Jahres mit einer größeren Stichprobengröße erneut durchzuführen, um unsere Ergebnisse weiter zu validieren“, so Erstautor Akihiro Shimoda. Die Entwickler könnten ihr Modell, neben Apps und Online-Plattformen, auch in einen herkömmlichen Telefondienst für ältere Menschen integrieren, die kein Smartphone oder einen Computer verwenden. Derzeit suchen sie nach einem geeigneten Partner für die Umsetzung.
Die Studie haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Bildquelle: Annie Spratt, unsplash