Das kleinzellige Lungenkarzinom (SCLC) gilt als therapeutische Herausforderung unter den Bronchialkarzinomen: Es wächst rasant, metastasiert früh und ist mit einer besonders schlechten Prognose verbunden. Die meisten Patient:innen werden erst im fortgeschrittenen Stadium, der sogenannten „extensive stage“ (ES-SCLC), diagnostiziert1 – eine schwierige Situation für Betroffene und ihre behandelnden Ärzt:innen. Über zwei Jahrzehnte blieb die Behandlungsstrategie des ES-SCLC nahezu unverändert.
Doch vor einigen Jahren machte es „Knack“: 2019 brachte die Zulassung der Krebsimmuntherapie in Kombination mit Chemotherapie den lang ersehnten Durchbruch. Innerhalb kürzester Zeit etablierte sich die Chemo-Immuntherapie als Therapiestandard und bietet seitdem Patient:innen mit fortgeschrittenem SCLC eine gut verträgliche und wirksame Option.1
Das SCLC macht etwa 15 % aller Lungenkrebsdiagnosen aus. Seine hohe Proliferationsrate, die rasche Metastasierung (typischerweise in Lunge, Lymphknoten, Gehirn, Knochen oder Leber) und die schlechte Prognose stellen Ärzt:innen noch immer vor große klinische Herausforderungen. Das SCLC steht in enger Verbindung mit Tabakkonsum: Nur etwa 2 % der Betroffenen sind Nie-Raucher:innen.2
Ohne Behandlung verläuft das SCLC äußerst aggressiv – die mittlere Überlebenszeit beträgt weniger als 3 Monate.1 Besonders alarmierend: Bereits bei der Diagnose befinden sich 60–70 % der Patient:innen im metastasierten Stadium ES-SCLC.1 Vor Zulassung der Immuntherapien war die Chance über 5 Jahre hinaus weiterzuleben mit einer Rate von lediglich 1,6 % gering.3 Nur bei etwa einem Drittel der Betroffenen wird die Erkrankung in einem Stadium erkannt, das die Möglichkeit eines kurativen Therapieansatzes bietet. Besonders selten ist die Diagnose im „very limited stage“ (5 %), während etwa 30 % im „limited stage“ diagnostiziert werden.2
Im Gegensatz zum nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) können beim ES-SCLC keine Subtypen anhand genetischer Alterationen unterschieden und gezielt therapiert werden. Die häufigsten genetischen Veränderungen beim SCLC betreffen die Tumorsuppressorgene TP53 (89 % der Fälle) und RB1 (64 % der Fälle), deren Mutationen zu einer Inaktivierung molekularer Schutzfunktionen führen. Aktivierende Mutationen in Onkogenen, wie sie beim NSCLC häufiger vorkommen, sind beim SCLC deutlich seltener. Die Mechanismen der Tumorentstehung beim SCLC sind zudem weniger gut erforscht als beim NSCLC.2 Unabhängig davon wurden in der SCLC-Therapie in den letzten Jahren signifikante Fortschritte erzielt.
Beim limitierten SCLC, bei dem der Tumor auf den ursprünglichen Hemithorax begrenzt ist, können durch eine Kombination aus Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie 5-Jahres-Überlebensraten von 10 bis 30 % erreicht werden.4 Für das ES-SCLC (alle Krankheitsstadien, die über das limitierte Stadium hinausgehen) blieb die platinhaltige Chemotherapie mit Cisplatin oder Carboplatin in Kombination mit Etoposid lange Zeit der Behandlungsstandard – mit einer palliativ ausgerichteten, lebensverlängernden Zielsetzung.1,4 Aufgrund der hohen Teilungsrate der SCLC-Zellen spricht der Tumor initial gut auf eine Chemotherapie an.1,5 Allerdings ist dies nur von kurzer Dauer: Die Wachstums- und Rezidivraten sind hoch, sodass die progressionsfreie Überlebenszeit im Durchschnitt unter alleiniger Chemotherapie bei lediglich 5,5 Monaten liegt.4
Mit der Zulassung der Krebsimmuntherapien kam der lang erhoffte Durchbruch beim ES-SCLC. Die Behandlung mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor führte in Studien zu einer deutlichen Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) sowie des Gesamtüberlebens (OS): Unter der Hinzunahme einer Immuntherapie zur Chemotherapie beträgt die 2-Jahresüberlebensrate über 22 % – und liegt damit rund zwei- bis viermal höher als unter alleiniger Chemo.6
Mittlerweile ist die Chemo-Immuntherapie beim ES-SCLC in der klinischen Praxis angekommen und hat sich als Therapiestandard etabliert, wie Daten des CRISP-Registers zeigen.5Eine aktuelle Auswertung lässt darauf schließen, dass mittlerweile ein Langzeitüberleben über 3 und mehr Jahre möglich ist.7
→ Mehr zur Chemo-Immuntherapie beim ES-SCLC
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