Würden Sie gerne einmal einen Blick auf die tatsächliche Versorgungssituation von Patient:innen mit chronischer Nierenkrankheit (CKD)in Deutschland werfen? Die ATLAS CKD Analyse macht es möglich, denn sie liefert aktuelle Zahlen zur Versorgungsrealität von CKD-Patient:innen in Deutschland über retrospektive Krankenkassen-Daten. Basierend auf einem Datensatz von 4,5 Millionen gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland und einer auf die Gesamtbevölkerung übertragbaren Population, konnte ein realitätsnaher Gesamteindruck der Diagnoseraten, der medikamentösen Therapie sowie der Komorbiditäten bei CKD-Patient:innen aufgezeigt werden.1
Die Analyse der CKD-Komorbiditäten zeigt, dass Hypertonie die häufigste Begleiterkrankung bei CKD ist.1 So leiden mehr als 90 % der Patient:innen, die mit einer chronischen Nierenkrankheit diagnostiziert sind, auch an einer Hypertonie.1
Abbildung 1: Die häufigsten Komorbiditäten bei CKD-Patient:innen in 2022, ermittelt anhand der Daten der ATLAS-CKD-Studie.1
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Von den ca. 20 Millionen von Hypertonie betroffenen Menschen in Deutschland wiederum können über 20 % zusätzlich eine CKD aufweisen.2,3
Hypertonie kann sowohl Ursache als auch Folge einer CKD sein. Ein nicht ausreichend eingestellter Blutdruck schädigt langfristig die Blutgefäße – auch in den Nieren. Dennoch ist bei mehr als der Hälfte der Hypertoniker der Blutdruck nicht ausreichend kontrolliert.4
Hypertonie kann die Arterien um die Niere schädigen und verhärten, was die Durchblutung der Niere einschränkt und deren Funktion beeinträchtigt. Wenn die Nierenfunktion beeinträchtigt ist, können die Nieren Natrium und Wasser nicht effektiv ausscheiden, was zu einem Anstieg des Blutvolumens und damit zu Hypertonie führt. Zusätzlich wird bei CKD häufig das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) aktiviert, was die Volumenretention weiter verstärkt. Umgekehrt tragen geschädigte Nieren durch die eingeschränkte Flüssigkeitsausscheidung zur Entwicklung bzw. Verschärfung einer Hypertonie bei.
Bluthochdruck stellt damit einen zentralen Risikofaktor für CKD dar – eine progressive Erkrankung, die das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen sowie Nierenversagen erheblich steigert.
Die KDIGO-Leitlinie benennt Hypertonie, ebenso wie Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen einschließlich Herzinsuffizienz, als zentrale Risikofaktoren für CKD.5 Die Blutdruckkontrolle sollte daher essenzieller Bestandteil des CKD-Managements zur Progressionshemmung und Prävention kardiovaskulärer Komplikationen sein.
Hierfür werden grundlegende Screeningtests auf Endorganschäden für alle Patient:innen mit Hypertonie empfohlen. Ein einfacher Nierencheck in der Hausarztpraxis – bestehend aus der Bestimmung der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) und dem Albumin-Kreatinin Verhältnis im Urin (UACR) – kann Hinweise auf eine beginnende CKD liefern.5CKD erkennen – gewusst wie
Bei Patient:innen mit diagnostizierter CKD ist eine leitliniengerechte, moderne Therapie entscheidend. Die DEGAM-Leitlinie zur Versorgung von Patient:innen mit nicht-nierenersatzpflichtiger CKD definiert klare Kriterien zum Screening in der hausärztlichen Praxis und wann eine Überweisung an Fachärzt:innen für Nephrologie sinnvoll ist.5
Der Therapiealgorithmus zur Behandlung der chronischen Nierenkrankheit der aktuellen KDIGO-Leitlinie macht deutlich: Die Monotherapie mit ACE-Hemmern oder ARBs bei CKD reicht nicht mehr aus. Der Einsatz von SGLT-2i wird von der KDIGO jetzt in der medikamentösen Erstlinientherapie für die meisten Patient:innen empfohlen, gezeigt in Abbildung 2.6
Abbildung 1: Holistischer Behandlungsansatz der CKD und Risikomodifikation6. *ACEi oder ARB als Erstlinientherapie bei Hypertonie, wenn eine Albuminurie vorliegt. Andernfalls können auch Dihydropyridin-CCB oder Diuretika in Betracht gezogen werden. Häufig sind alle drei Klassen erforderlich, um die Blutdruckziele zu erreichen. ACEi, Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitor; ARB, Angiotensin-Rezeptor-Blocker; ASCVD, atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung; BP, Blutdruck; CCB, Kalziumkanalblocker; CKD, chronische Nierenkrankheit; CKD-MDB, CKD mit Störungen im Mineral- und Knochenstoffwechsel; CV; kardiovaskulär; eGFR, geschätzte glomeruläre Filtrationsrate; GLP-1 RA, Glukagon-like-Peptid-1 Rezeptoragonist; HTN, Hypertonie; KDIGO, Kidney Disease: Improving Global Outcomes; MRA, Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist; ns-MRA, nicht-steroidaler MRA; PCSK9i, Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin Type 9 Inhibitor; RASi, Renin-Angiotensin-System Inhibitor; SBP, systolischer BP; SGLT-2i, Natrium-Glukose-Cotransporter-2 Inhibitor; TAH, Thrombozytenaggregationshemmer; VHF, Vorhofflimmern.
Frühzeitige CKD-Diagnostik mithilfe von Screening und konsequente Hypertonie-Kontrolle sind zentrale Maßnahmen zur Schließung der Versorgungslücke. Die Daten der ATLAS-CKD-Studie betonen die Notwendigkeit, diese Maßnahmen gezielter in der Praxis umzusetzen – zum Erhalt der Nierenfunktion und zur Vermeidung kardiovaskulärer Komplikationen.
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