Die chronische Nierenkrankheit ist eine globale gesundheitliche Herausforderung mit weitreichenden medizinischen und ökonomischen Folgen. Sie ist weltweit verbreitet mit einer geschätzten globalen Prävalenz zwischen 11 und 13 %.1 Allein in Deutschland liegt die Zahl bei rund 9 Millionen Menschen.2
CKD kann erst in späteren Stadien zu spürbaren Symptomen führen. Einmal diagnostiziert, erfordert die Erkrankung eine gezielte medizinische Versorgung, um das Fortschreiten zu verlangsamen und Komplikationen zu verhindern. Dass CKD eine enorme Belastung für Patienten, Angehörige, das Gesundheitssystem und die Umwelt ist, zeigen Daten diverser Studien.3-5
Das Fortschreiten der CKD kann in eine terminale Niereninsuffizienz (End Stage Kidney Disease, ESKD) übergehen, die eine Nierenersatztherapie in Form von Dialyse oder Nierentransplantation erforderlich macht. Insbesondere die Dialyse stellt aufgrund ihres hohen Ressourcenbedarfs eine erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem dar und beeinträchtigt gleichzeitig die Lebensqualität der Patient:innen erheblich.6
Allerdings erreicht ein erheblicher Anteil der Betroffenen nie das Stadium der Dialyse. Studien zeigen, dass das Sterberisiko von CKD-Patient:innen innerhalb der ersten 5 Jahre nach Diagnose tatsächlich dreimal höher ist als das Risiko, eine Dialysetherapie zu benötigen.7 Eine frühzeitige Diagnose und ein rechtzeitiger Therapiebeginn können nicht nur die Mortalität signifikant reduzieren, sondern auch die Notwendigkeit einer Dialyse hinauszögern und die gesamtgesellschaftlichen Gesundheitskosten senken.
Eben weil CKD in frühen Stadien meist asymptomatisch verläuft, spielt das Screening von Risikopatient:innen eine entscheidende Rolle bei der Früherkennung. Besonders Hausärzt:innen nehmen hier eine zentrale Rolle ein: Sie können durch gezielte Untersuchungen und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Nephrolog:innen das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und schwere Komplikationen verhindern.
Risikopatient:innen für CKD sind insbesondere Personen mit:
Eine chronische Nierenkrankheit (CKD) liegt vor, wenn die Nierenfunktion über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten eingeschränkt ist oder strukturelle Schäden nachgewiesen werden. Die Diagnosestellung erfolgt anhand zweier zentraler Laborparameter: der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) und der Albumin-Kreatinin-Ratio (UACR) im Urin. Die Testung ist unkompliziert und umfasst zwei Blutentnahmen sowie eine Urinprobe, die laboranalytisch ausgewertet werden:3
Beide Parameter müssen bei Risikogruppen überprüft werden. Die alleinige Messung der eGFR reicht oft nicht aus, gerade jüngere Menschen mit CKD könnten hier schnell übersehen werden. Denn in vielen Fällen ermöglicht erst das Albuminurie-Screening die frühe Diagnose einer chronischen Nierenkrankheit. So zeigen Studien, dass 55 % der CKD-Patient:innen ohne UACR-Messung nicht diagnostiziert würden. Zudem korreliert eine erhöhte UACR mit einer erhöhten Gesamtmortalität, was ihre Bedeutung als Prognosemarker unterstreicht.7
Mithilfe dieser Abbildung lässt sich das Risiko für das Vorliegen einer CKD besser einschätzen.
Die Codierung einer CKD nach Diagnosestellung erfolgt entsprechend der ICD-10.
Während die theoretische Diagnostik der CKD als strukturiert und durchführbar erscheint, zeigen sich in der praktischen Umsetzung zahlreiche Herausforderungen. Diese spiegeln sich auch in der aktuellen Versorgungsrealität von CKD-Patient:innen in Deutschland wider.
Die retrospektive Kassendatenanalyse ATLAS CKD hat offengelegt, dass von den etwa neun Millionen betroffenen Personen in Deutschland weniger als die Hälfte diagnostiziert wurde.9,10,a
Doch woran liegt das? Eine der zentralen Herausforderungen in der Früherkennung der CKD liegt darin, dass sie ohne gezieltes Screening häufig unentdeckt bleibt. Besteht zudem ein Informationsdefizit darüber, welche Patient:innen mit welchen Tests gescreent werden sollten, können essenzielle Untersuchungen ausbleiben.
Die InspeCKD-Studie verdeutlicht diesen Umstand: Nur knapp 30 % der Patient:innen erhalten eine entsprechende diagnostische Abklärung.3 Sie zeigt ebenfalls, dass die für eine Diagnosestellung erforderlichen Tests oft nur unzureichend durchgeführt werden.11
Ein regelmäßiges Screening von Risikopatient:innen ist also essenziell, um eine CKD frühzeitig zu diagnostizieren und eine leitliniengerechte Therapie einzuleiten. Dies trägt nicht nur zur Verbesserung der individuellen Prognose bei, sondern kann auch langfristig das Gesundheitswesen, die Gesellschaft und die Umwelt entlasten. Ärzt:innen wird daher empfohlen, verstärkt auf die Früherkennung von CKD setzen und entsprechende diagnostische Maßnahmen konsequent in die klinische Praxis integrieren.
a. Angenommene Prävalenz von 10,8 % der deutschen Gesamtbevölkerung und 4,84 % Diagnoserate bis einschl. 2022.