Unser Med im Kornfeld 2022 war ein voller Erfolg! Für alle, die nicht dabei sein konnten: Lest in unserem Redaktions-Blog, was Deutschlands beste Medfluencer zu berichten hatten.
Ein Duft von frisch gemähtem Stroh liegt in der Luft, Schafe blöken und über allem hängt ein leichter Nieselregen: Es ist Samstagmorgen, gegen 11 Uhr, als die ersten Ärzte, Pflegekräfte und Rettungssanitäter auf einem Feld mitten im Nirgendwo eintreffen. Auch wenn man es bei dem geballten medizinischen Knowhow erwarten könnte: Hier findet kein großer Notfalleinsatz statt. Nein, DocCheck lud wieder einmal zu Med im Kornfeld! Aus allen Ecken pilgerten die besten Medfluencer Deutschlands (und die, die es noch werden wollen) auf unseren Acker, um Tipps und Tricks auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und einfach gemeinsam eine gute Zeit zu verbringen.Med Im Kornfeld: Stilecht mit Traktor
Eingedeckt mit jeder Menge Kaffee, starte das umfangreiche Rahmenprogramm in familiärer Landatmosphäre. Den Auftakt machte Doc Felix, Arzt und Ernährungsexperte, der mit seinem Ansatz der präventiven Medizin auf TikTok Karriere gemacht hat. Sein Credo: Der Patient soll nicht nur nicht krank sein, dem Patienten soll es gut gehen – durch einen gesunden Lebensstil. Ein hehres Ziel, dem sich vermutlich jeder Mediziner anschließen kann. Aber wie wir alle wissen, ist das gar nicht mal so leicht; der Patient ist ein widerspenstiges Wesen, das nur ungern auf den Rat des Arztes hört und sein Verhalten ändert. Wie ihn also erreichen?
In seinem Vortrag stellt Doc Felix sein Erfolgsrezept vor: „Ich nehme die Tools der Influencer und löse damit das Problem der präventiven Medizin!“ So gelingt es ihm, die Patienten, die für eine Lifestyle-Änderung bereit sind, gezielt anzusprechen, und das auch regelmäßig. Er sieht ein Problem darin, dass das Arzt-Patienten-Setting in der Praxis nicht optimal für die präventive Medizin ist. Denn die Atmosphäre ist nun mal mit Sorgen à la „Ich hab gerade ein Problem und will dringend, dass es weggeht“ behaftet. Aufnahmefähig für positiven Input ist der Patient da wohl kaum. Aber zuhause, auf der gemütlichen Couch – oder dem Klo? Da kann man was drehen, findet Felix.
Rein ins nächste Zelt, in dem Notfallsanitäterin Karina Schmidt aka Rettungskeks einlud, sich einmal in die Blickwinkel von Kollegen und Patienten hineinzuversetzen. „Ich finde es gut, wenn man mal über den Tellerrand schaut, um auch die Abläufe der anderen Kollegen zu verstehen. Man regt sich sonst im Alltag über sie auf, ohne zu verstehen, was vielleicht die Gründe für ihr Handeln sind“, erklärte sie schon im Vorhinein. Das untermalte sie mit Video-Clips aus ungewohnten Perspektiven: Wer lag schon einmal als Polytrauma-Patient selber im Rettungswagen? Eine ungemein beklemmende und verwirrende Position, wie das Video verdeutlichte, und dem ein oder anderen vielleicht einen Anstoß gibt, wie man seinen Umgang mit dem Patienten in solchen Situationen noch etwas verbessern könnte.
Sichtlich berührt erzählte Karina auch, wie manche Rettungseinsätze zwar aus ärztlicher Sicht vielleicht verschwendete Zeit sind – für die Patienten und Angehörigen aber die Welt bedeuten. Ein emotionaler Vortrag, der ohne Frage dazu anregt, das eigene Handeln einmal zu hinterfragen.
Im Zelt nebenan beschrieb die selbsternannte TikTok-Ärztin Dr. Bella ihren Weg in die Medizin – und der war alles andere als gewöhnlich. Wegen einer Lese-Rechtschreib-Schwäche landete sie zunächst auf der Hauptschule. „Ich war total schüchtern und wollte mich nur verstecken“, verriet sie in ihrem Vortrag. Aber irgendwann hatte sie „die Schnauze voll“ davon, dass ihr Leben von Angst und Scham bestimmt wird. Sie wechselte zur Realschule, machte ihr Abitur und begann schließlich, in Düsseldorf Medizin zu studieren. Das beendete sie in Regelstudienzeit mit Promotion. Währenddessen probierte sie sich auf Social-Media-Plattformen aus – und ging viral. Der Weg zur Medfluencer-Karriere war geebnet.
Ihre Zielgruppe sind vor allem Teenager und junge Erwachsene. „Mich erreichen tausende Fragen über Verhütung. Zum Beispiel, ob man durch Analverkehr schwanger werden kann.“ Da habe sie gemerkt, wie viel Aufklärungsarbeit geleistet werden müsse. Und über Social Media erreiche man die junge Generation eben am besten, so Dr. Bella. Aber auch von den Schattenseiten berichtete die Ärztin: „Man wird überall erkannt und nicht jeder feiert das, was ich tue.“ Da gebe es Anfeindungen und heimlich gefilmte Videos von ihr in der Öffentlichkeit. Trotzdem mache sie ihren Job als Medfluencer gerne – inzwischen sogar hauptberuflich. Dabei hilft ihr wohl auch ihr zweiter Studienabschluss: Während ihres Medizin-Studiums hat sie nebenbei Wirtschaftswissenschaften studiert.
Den ganzen Tag nur rumsitzen und das Catering genießen? Nicht, wenn es nach Dr. Moritz Tellmann geht! Sichtlich in seinem Element leitete er in der Pause die Teilnehmer durch ein kurzes, aber schweißtreibendes Sportprogramm – Dehnen und Yoga inklusive. Wer braucht schon den „Sonnengruß“, wenn es jetzt auch den neuen und verbesserten „DocCheck-Gruß“ gibt? Damit der Spaß auch nicht zu kurz kommt, folgte darauf die Bauernolympiade. Vor der malerischen Kulisse des Bergischen Lands kämpften vier Teams beim Gummistiefel-Weitwurf und Tauziehen um die Wette. Dabei gab es auch neues zu lernen: Wer hätte gedacht, dass sich ein Reflexhammer so gut dafür eignet, Nägel in einen Baumstamm zu schlagen? Moritz Tellmann leitet durch die aktive Pause
Weiter gings im Programm: Pflegeberühmtheit Ralf Berning diskutierte mit den Teilnehmern über die Missstände in der Pflege. Ein Gespräch, dass es in sich hatte, denn hier ging es um die ganz großen Themen – was in der Politik schiefläuft, wie wir unser gewinnorientiertes Gesundheitssystem noch retten können und warum die Gesellschaft als Ganzes das Sterben verlernt hat. Ein unfreiwillig komischer Moment ergab sich, als sich das Handy eines Zuhörers zu Wort meldete, mit der allseits bekannten Nachricht „ Heeey, kannst du nicht heute spontan einspringen?“ Und das natürlich just in dem Moment, als Berning kritisierte, dass zu oft erwartet wird, dass man spontan Dienste übernimmt. Ironie des Schicksals und so.
Auch Intensiv-Pfleger Ricardo Lange war vor Ort. Er sprach auf dem Med im Kornfeld über die Macht von Social Media im politischen Diskurs. Berühmt machte ihn sein Auftritt bei der Bundespressekonferenz, wo er über den alltäglichen Wahnsinn in deutschen Kliniken sprach. Um Missstände aufzuzeigen, seien soziale Medien ideal: „Die Medien haben sich nicht besonders für die Klinikstreits in NRW interessiert, aber auf Twitter konnte man alles genau verfolgen.“ Das Potenzial von sozialen Medien würde aber noch längst nicht voll ausgeschöpft, findet Lange. Man könnte sich über die Kanäle schließlich vernetzen und Aktionen, wie z. B. Streiks, besser planen. Er hatte auch eine Message an seine Kollegen: „Es ist die Aufgabe der Klinik, für genug Personal zu sorgen. Aber wenn wir Pfleger immer wieder Überstunden machen und für Vertretungen aus dem Urlaub kommen, wird sich daran auch nichts ändern.“Ricardo Lange bei seinem Vortrag in der „Scheune“
Zwischen den ganzen Instagram-, TikTok- und Twitter-Prominenten mag sich Dr. Oliver Harney zu Anfang vielleicht ein bisschen fehl am Platz gefühlt haben, aber unser Blogger wurde herzlichst aufgenommen. In seinem Vortrag brach der Kinderdok eine Lanze über die scheinbar aus der Zeit gefallene Kunst des Bloggens und erzählte ein wenig über seine persönliche Reise hin zum Blogging. Auch in Zeiten von Schnell-schnell-Content auf den Socials habe das Bloggen weiterhin eine Zukunft – fachliche Tiefe gewinnt dann manchmal doch gegenüber oberflächlicher Unterhaltung.
Fachliche Tiefe – das Stichwort passt auch zum Vortrag von Mr. Flexikon höchstselbst, DocCheck-Gründer Dr. Frank Antwerpes. Unter dem Motto „Schöner, schneller, geiler“ erlaubte er einen Blick hinter den Vorhang des neuen Flexikons. Das allseits beliebte Medizin-Nachschlagewerk unterzieht sich derzeit nämlich einer Generalüberholung um künftig einfach … schöner, schneller und geiler zu werden. Neben einem schickeren Design kommen im Herbst auch eine Reihe neuer Funktionen auf die Nutzer zu: Freut euch auf Notizfunktionen und Leselisten, mehr Bilder, Videos und 3D-Modelle und nicht zuletzt auch mehr Verlässlichkeit durch das neu eingeführte Peer Review.
Den krönenden Abschluss des Tages lieferte dann niemand anderes als Dr. Johannes Wimmer, bekannt aus Film und Fernsehen (okay, Film wohl eher nicht, Fernsehen aber schon!), der einen unterhaltsamen Einblick gab, wie man sich als Mediziner nicht nur in den sozialen, sondern auch klassischen Medien durchbeißen kann. Nach einem letzten Stop beim Catering ging so ein weiteres Med im Kornfeld zu Ende – und wenn die angeregten Gespräche (auch lange über das Abendessen hinaus) ein Indiz sind, wieder einmal mit vollem Erfolg!
Der Bericht ist in Zusammenarbeit mit Anke Aufmuth entstanden.
Bildquelle: Federico Respini, unsplash