Auffrischimpfungen gegen Corona werden uns in Herbst und Winter begleiten. Aber noch einmal den gleichen Impfstoff, mRNA draufsatteln oder lieber warten? Wir haben den Studien-Überblick für euch.
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs von Janssen nicht allzu hoch ist und durch einen Booster verstärkt werden könnte. Daher stimmte das Gremium der FDA kürzlich für eine Auffrischimpfung (wir berichteten). Kurz darauf folgte die Zulassung durch die Behörde. Jetzt können Erwachsene in den USA ihren Impfschutz zwei Monate nach ihrer ersten Dosis mit dem gleichen Vakzin auffrischen lassen. Aber auch das heterologe Boostern ist möglich, also die Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff. In Deutschland sprach die STIKO bereits am 7. Oktober eine Empfehlung für eine Auffrischimpfung mit mRNA-Vakzin aus.
Experten kritisieren das lange Zögern der Behördern bezüglich der Auffrischungsimpfung beim Impfstoff von Johnson & Johnson.
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Somit sind mittlerweile einige Impfkombinationen möglich, aber welche ist die beste? Eine US-amerikanische Preprint-Studie befasste sich mit dieser Frage und untersuchte die COVID-19-Impfstoffe der Hersteller Janssen, Moderna und Pfizer/Biontech. Primär legten die Forscher Wert auf die Sicherheit, Reaktogenität und humorale Immunität der unterschiedlichen Kombinationen.
Insgesamt umfasste die offene klinische Phase-I-/II-Studie 458 Erwachsene, die mindestens zwölf Wochen zuvor eine Erstimpfung mit einem der drei genannten Impfstoffe erhielten (mRNA-1273, Ad26.COV2.S oder BNT162b2) und zuvor keine SARS-CoV-2-Infektion hatten. Die Personen wurden in etwa gleich große Gruppen geteilt, um entweder eine Zweitimpfung der Hersteller Biontech/Pfizer, Moderna oder Janssen zu bekommen. Dadurch ergaben sich 9 Kombinationsmöglichkeiten. Den Probanden wurden Blutproben kurz vor der Impfung und 15 und 29 Tage danach entnommen.
Die Impfreaktionen waren bei der Zweitdosis vergleichbar mit der ersten Dosis, dabei gab es keinen Unterschied in den Kombinationen. Schmerzen an der Injektionsstelle, Unwohlsein, Kopfschmerzen und Myalgie traten bei mehr als der Hälfte der Probanden auf. Die zweite Dosis erhöhte die neutralisierende Aktivität gegen das D614G-Pseudovirus (4,2- bis 76-fache) und die IgG-bindenden Antikörpertiter (4,6- bis 56-fache) in allen Kombinationen.
Die heterologen Kombinationen schnitten dabei etwas besser ab: So stiegen die neutralisierenden Antikörpertiter um das 6,2- bis 76-Fache im Vergleich zum 4,2- bis 20-Fachen bei den homologen Kombinationen. Sowohl die Impfstoffe von Moderna als auch Pfizer verbesserten die Neutralisationsfähigkeit nach einer Biontech-Erstimpfung erheblich. Auch bei dem Janssen-Impfstoff war dies zu beobachten, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie bei den mRNA-Impfstoffen. Bei den Moderna-Erstgeimpften zeigte sich ein ähnliches Bild. Personen, die zunächst mit dem Vektorimpfstoff von Janssen geimpft wurden, zeigten vergleichbare neutralisierende Antikörper nach einer zweiten Dosis mit einem der mRNA-Impfstoffe. Jedoch fiel auf, dass eine Zweitimpfung mit dem gleichen Vektorimpfstoff nicht sehr effektiv war – das ergaben sowohl die IgG-bindenden als auch die neutralisierenden Antikörpertiter.
Klare Gewinner sind die mRNA-Impfstoffe als Zweitdosis. Der Impfstoff von Janssen zeigt sich als weniger effektiv, insbesondere wenn als Erstimpfung der Vektorimpfstoff verabreicht wurde. Doch wie bei jeder Studie gibt es auch hier Limitierungen: Eine davon umfasst die Relevanz in der aktuellen Pandemiesituation, da nicht gezielt auf Delta getestet wurde, sondern auf ein Pseudovirus einer früheren Variante.
Wichtig ist nicht nur die Kombination der Vakzine – es kommt auch ganz auf die Zeit zwischen den beiden Impfungen an. Eine multizentrische prospektive Kohorten-Studie, die im renommierten Fachmagazin Cell veröffentlich wurde, behandelt genau dieses Thema in Bezug auf den Biontech-Impfstoff. Dazu untersuchten die Autoren Daten von 25.066 Mitarbeitern des britischen Gesundheitswesens im Zeitraum vom Dezember 2020 bis Mai 2021, als die Alpha-Variante dominierte. Demnach induziert die erste Dosis SARS-CoV-2 neutralisierende Antikörper sowie eine anhaltende B- und T-Zellantwort. Ein größerer Impfabstand von 6 bis 14 Wochen, anstelle der konventionellen 3 bis 4 Wochen, geht nicht nur mit einem erhöhten neutralisierenden Antikörpertiter einher, sondern auch mit einer höheren Anreicherung von CD4+ T-Zellen.
Der Abstand zwischen den beiden Impfungen hatte bereits im Mai beim Astrazeneca-Impfstoff eine Debatte ausgelöst: Es wurde beschlossen, dass der Impfabstand verkürzt werden kann, was Experten kritisch sahen. „Studien haben klar gezeigt, dass die Effektivität bei einem Abstand von weniger als sechs Wochen nur 55 Prozent beträgt und erst bei einem Abstand von zwölf Wochen bei über 80 Prozent liegt! Das ist schon ein gewaltiger Unterschied“, sagte Prof. Carsten Watzl, Leiter des Forschungsbereichs Immunologie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund, im Mai 2021.
Anders als beim Astrazeneca-Impfstoff, bietet Comirnaty® auch bei einem kürzeren Impfabstand ausreichend Schutz. Außerdem spielt der Abstand nicht als einziges eine wichtige Rolle bei der Immunisierung. Unklar bleibt, wie langanhaltend die Immunantwort ist.
Die Fachwelt wird überschwemmt mit Daten zur Antikörperantwort nach einer COVID-19-Impfung; über die langanhaltende Immunität gibt es jedoch kaum Forschung (wir berichteten). Dabei spielen aber auch die Gedächtnis B- und T-Zellen eine wichtige Rolle. Das Fachmagazin Science veröffentlichte dazu eine Längsschnittstudie. Sowohl in geimpften Genesenen als auch geimpften SARS-CoV-2-Naiven nahm der Antikörpertiter über sechs Monate zwar ab, blieb jedoch nachweisbar. Zusätzlich konnten B-Gedächtniszellen erfasst werden, die durch die mRNA-Impfung induziert wurden. Dabei stieg die Anzahl in den drei bis sechs Monaten nach vollständiger Impfung.
Das Besondere: Die Mehrheit der Zellen wies eine Kreuzreaktivität gegen die Varianten Alpha, Beta und Delta auf. Außerdem induzierte die Impfung Antigen-spzeifische CD4+ und CD8+ T-Zellen sowie frühe CD4+ T-Zellantworten, die mit einer langanhaltenden humoralen Immunität korrelieren.
Das New England Journal of Medicine veröffentlichte einen Artikel, der einen Schritt weiterging: Dabei wurden Daten der zweifach verabreichten Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer sowie vom Einmalimpfstoff von Janssen acht Monate nach Erhalt der vollständigen Impfung verglichen. Die mRNA-Impfstoffe sind durch hohe Antikörperreaktionen gekennzeichnet, die jedoch nach sechs Monaten stark abfallen und auch nach 8 Monaten weiter zurückgehen. Bei Verimpfung von mRNA-1273 waren sie im Allgemeinen höher als bei BNT162b2. Der Vektorimpfstoff AD26.COV2.S induzierte zwar anfänglich niedrigere Antikörperreaktionen, aber diese blieben auch über den achtmonatigen Nachbeobachtungszeitraum relativ stabil. Zudem bewiesen alle drei Impfstoffe eine anhaltende T-Zellantworte mit breiter Kreuzreaktivität gegen SARS-CoV-2-Varianten.
Als klarer Gewinner zeigte sich in einer Nature-Studie wieder eine heterologe Impfung: So induzierte die Kombination des Biontech- und Astrazeneca-Impfstoffs eine erhöte T-Zell-Reaktion nach der Erstdosis mit ChAdOx1-S-nCoV-19. Zudem korrelierte die verstäkte neutralisierende Aktivität gegen die Variants of Concern (Alpha, Beta, Gamma und Delta) der Kombi-Impfung mit einer erhöhten Häufigkeit von geschalteten und aktivierten B-Gedächtniszellen, die die SARS-CoV-2-RBD erkennen.
Nie zuvor gab es eine so breit aufgestellte Auswahl an Impfstoffen gegen ein Virus – dabei spielen zusätzlich Kombination, Impfabstände und eine langanhaltende Immunität eine wichtige Rolle. Die letzten beiden Punkte wurden jedoch noch nicht ausführlich für die unterschiedlichen Kombinationen erforscht. Doch generell zeigt sich: Heterolog hält sich besser.
Die Booster-Empfehlung der STIKO gilt aber nicht nur für den Einmalimpfstoff von Janssen: Auch für Personen ab 70 Jahren, die zuvor eine Grundimmunisierung aus zwei Impfstoffen bekommen haben, empfiehlt die Komission eine Auffrischung. Dabei sei egal, welcher Impfstoff vorher verimpft wurde – die Auffrischung soll mit einem mRNA-Impfstoff durchgeführt werden. Personen, die vor oder nach der Impfung mit SARS-CoV-2 infiziert wurden, wird hingegen keine Booster-Impfung empfohlen (wir berichteten).
Was schlussendlich verimpft wird und wie, bleibt wohl in den Händen der Ärzte, Patienten und natürlich Politiker.
Bildquelle: JOSHUA COLEMAN, unsplash