NAD+-Infusionen werden im Anti-Aging-, Energie- und Longevity-Bereich verstärkt beworben. Doch was bewirkt die intravenöse Gabe von Nicotinamidadenindinukleotid wirklich? Wie lange hält der Effekt an, welche Risiken bestehen – und gibt es weniger invasive Alternativen?
Unter einer NAD+-Infusion versteht man die intravenöse Gabe von Nicotinamidadenindinukleotid (NAD+) oder verwandten Molekülen wie NADH oder nicotinamidbasierten Vorstufen.
Die Infusion erfolgt über 1–2 Stunden, häufig in Privatpraxen oder Anti-Aging-Zentren, in Dosierungen zwischen 250 mg und 1000 mg pro Sitzung.
Intravenöses NAD+ umgeht den Verdauungstrakt und erreicht direkt den Blutkreislauf. Dadurch können kurzfristig hohe NAD+-Spiegel erzielt werden — theoretisch mit Auswirkungen auf Mitochondrien, Energieproduktion und zelluläre Reparaturprozesse.
NAD+ ist ein wesentliches Coenzym des Energiestoffwechsels. Es spielt eine Rolle in:
Mitochondrien (Elektronentransportkette, ATP-Bildung)
Sirtuin-Aktivierung (zelluläre Stressresistenz, Epigenetik)
DNA-Reparatur über PARPs
Redox-Gleichgewicht (NAD+/NADH-Verhältnis)
Ein alterungsbedingter Rückgang von NAD+ wurde in mehreren Studien beschrieben. Die intravenöse Zufuhr soll diesen Rückgang kurzfristig kompensieren.
Wissenschaftlich ist jedoch unklar, wie viel der intravenös zugeführten Menge tatsächlich in den Zellen ankommt und wie lange dieser Effekt anhält.
Viele Anwender berichten:
deutlicher Energieanstieg
mentale Klarheit
geringere Stressanfälligkeit
Diese Effekte treten typischerweise innerhalb von 24–48 Stunden auf und halten meist 2–3 Wochen an — dies basiert überwiegend auf Erfahrungsberichten, nicht auf kontrollierten Humanstudien.
Die biologische Halbwertszeit von NAD+ im Blut ist sehr kurz, sodass die Langzeiteffekte vermutlich über indirekte Mechanismen (Sirtuine, mitochondriale Anpassungsprozesse) vermittelt werden.
Rascher Anstieg der NAD+-Verfügbarkeit
Mögliche Aktivierung von Sirtuinen (SIRT1, SIRT3) [1]
Unterstützung mitochondrialer Prozesse [2]
Subjektiv fühlbarer Energie- und Fokusanstieg
Umgehung des Magen-Darm-Trakts (bei Unverträglichkeiten relevant)
Diese Vorteile basieren jedoch größtenteils auf Tierexperimenten und kleineren Humanstudien.
Typisch sind:
Übelkeit
Blutdruckschwankungen
Kopfschmerzen
Venenreizungen
Wärmegefühl oder Schwindel während der Infusion
selten: Kreislaufreaktionen
Infusionen sollten ausschließlich unter medizinischer Aufsicht erfolgen, da die intravenöse Gabe schneller und intensiver wirkt als orale Präparate.
In Deutschland bewegen sich die Preise für eine NAD+-Infusion typischerweise zwischen:
300–600 € pro Sitzung
Ein üblicher Preis für eine NAD plus Infusion liegt bei 450 €.
Viele Anbieter empfehlen 4–8 Infusionen pro Jahr bis hin zur monatlichen Anwendung, was zu erheblichen Gesamtkosten führt.
Mögliche Einsatzgebiete (wissenschaftlich noch nicht abschließend gesichert):
Personen mit hoher kognitiver Belastung
Anti-Aging-Interesse
intensiver Stress oder Müdigkeit
mitochondriale Schwäche (theoretisch)
Biohacking-Anwendungen
Eine medizinische Indikation im Sinne offizieller Leitlinien existiert derzeit nicht.
Weder der Weg zur Praxis noch die Infusion selbst gehören in der Regel zu den angenehmsten Zeitvertreiben.
Andere Wege, vergleichbare oder sogar bessere Effekte zu erzielen, sind:
NMN (Nicotinamid-Mononukleotid) und NR (Nicotinamid-Ribosid) sind die am besten untersuchten Vorläufer, um den NAD+-Spiegel oral zu erhöhen.
Studien zeigen:
NR erhöht messbar den NAD+-Spiegel bei Erwachsenen [3].
NMN verbesserte in Studien an Menschen metabolische Parameter und Muskelkraft[4].
Unterschied zur Infusion:
Ketonkörper wie Beta-Hydroxybutyrat (BHB) stellen eine direkt nutzbare Energiequelle für die Mitochondrien dar. Sie werden ebenfalls oral aufgenommen. Im Gegensatz zu NAD+ erhöhen Ketone nicht primär Enzymaktivitäten — sie liefern unmittelbar ATP-Vorstufen, insbesondere für Gehirn und Muskulatur.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen:
R-BHB dient als stabiler, effizienter mitochondrialer Brennstoff [5].
Ketone können den NAD+/NADH-Quotienten verbessern [6].
Ketone reduzieren oxidativen Stress und wirken neuroprotektiv [7].
Potenzielle Vorteile gegenüber NAD+-Infusionen:
nicht invasiv
deutlich geringere Kosten
Wirkung innerhalb von 30–60 Minuten
stabile Energieversorgung
gut erforscht im Sport- und Neurobereich
alltagstauglich und flexibel dosierbar
Damit gelten exogene Ketone als praktikable Alternative, wenn das Ziel eine spürbare Steigerung der Energie und mentalen Leistungsfähigkeit ist — ohne die Risiken einer intravenösen Gabe.
Hinweis: Dies trifft nur auf wirksame Präparate mit einem hohen Reinheitsgrad (r-BHB-Anteil) zu. Tiefere Einblicke dazu im wissenschaftlich fundierten Test aktuell verfügbarer Präparate (inklusive Blutmessungen).
regelmäßige Bewegung
Schlaf und Stressreduktion
Intervallfasten
Niacin-reiche Ernährung
Hormesis (Sauna, Kälte)
Diese Maßnahmen erhöhen indirekt die NAD+-Verfügbarkeit oder verbessern die mitochondriale Effizienz.
1. Wie lange dauert eine NAD+-Infusion?60–120 Minuten je nach Dosierung und individueller Verträglichkeit.
2. Wie oft sollte man eine NAD+-Infusion durchführen?Viele Anbieter empfehlen mehrere Sitzungen pro Jahr. Eine medizinische Leitlinienempfehlung existiert jedoch nicht.
3. Ist eine NAD+ Infusion sicher?In der Regel gut verträglich, jedoch sollten nur medizinisch geschulte Fachkräfte die Infusion verabreichen.
4. Wie schnell wirkt eine NAD+ Infusion?Subjektiv oft innerhalb von 1–2 Tagen.
5. NAD+ Infusion oder NMN?Die Infusion wirkt schneller, ist aber invasiver. NMN besitzt die robustere Humanstudienlage.
6. NAD+ Infusion oder exogene Ketone?Ketone liefern direkt Energie und sind nicht invasiv. Die Wahl hängt von individueller Zielsetzung ab. Erfahrungen mit exogenen Ketonen bestätigen dies häufig.
Wie lange hält der Effekt einer NAD+ Infusion an?Durchschnittlich 2–3 Wochen, teils kürzer/länger, abhängig von Stoffwechsel & Lebensstil.
Bisher existieren nur wenige placebokontrollierte Humanstudien zur intravenösen Gabe von NAD+. Die meisten Daten stammen aus Tiermodellen oder aus Untersuchungen zu oralen Vorstufen.
NAD+-Infusionen können kurzfristig das Energieempfinden verbessern und mitochondriale Prozesse beeinflussen. Die Datenlage beim Menschen ist jedoch begrenzt, die Anwendungen sind kostenintensiv und potenziell mit Nebenwirkungen verbunden.
Orale Vorstufen wie NMN und NR bieten eine alltagstaugliche Möglichkeit, den NAD+-Stoffwechsel langfristig zu unterstützen.
Exogene Ketone gelten aufgrund ihrer direkten Energieverfügbarkeit als effektivste und zudem nicht-invasive Alternative, wenn schnelle mentale und körperliche Leistungsfähigkeit im Vordergrund steht. Einen umfassenden, wissenschaftlich orientierten Überblick über Ketonkörper und deren Anwendung finden Interessierte in diesem externen Beitrag.
[1] Imai S, Guarente L. NAD+ and sirtuins in aging and disease. Trends Cell Biol. 2014;24(8):464–471.[2] Gomes AP et al. Declining NAD+ induces a pseudohypoxic state disrupting nuclear-mitochondrial communication during aging. Cell. 2013;155(7):1624–1638.[3] Martens CR et al. Chronic nicotinamide riboside supplementation elevates NAD+ in healthy middle-aged and older adults. Nat Commun. 2018;9:1286.[4] Irie J et al. Oral NMN increases NAD+ and alters cardiometabolic parameters in humans. Endocr J. 2020;67(2):153–160.[5] Murray AJ et al. Ketone bodies alter mitochondrial function by inhibiting oxidative phosphorylation. J Physiol. 2016;594(12):3651–3662.[6] Verdin E. Ketone bodies as signaling metabolites. Cell Metab. 2015;22(4):567–576.[7] Puchalska P, Crawford PA. Multi-dimensional roles of ketone bodies in fuel metabolism, signaling, and therapeutics. Cell Metab. 2017;25(2):262–284.