Im Wald die appetitlich aussehenden Beeren nur von weit oben pflücken – eine bekannte Vorsichtsmaßnahme vor einer Fuchsbandwurm-Infektion. Doch das reicht nicht. Was Ärzte bedenken sollten.
Die alveoläre Echinokokkose, eine durch den Fuchsbandwurm Echinococcus multilocularis ausgelöste Zoonose, gilt in Europa als eine der gefährlichsten parasitären Infektionskrankheiten. Eine im Fachjournal The Lancet Infectious Diseases publizierte Übersichtsarbeit liefert jetzt einen systematischen Überblick zu den europaweiten Fallzahlen zwischen 1997 und 2023.
Das internationale Forschungsteam analysierte Daten aus 40 europäischen Staaten – darunter wissenschaftliche Publikationen, nationale Register, offizielle Meldungen und nicht-publizierte Berichte, sogenannte graue Literatur. In 28 Ländern wurden insgesamt 4.207 Fälle erfasst. Die höchsten Fallzahlen traten dabei im Alpenraum und im Baltikum auf, wobei Österreich, Deutschland, Frankreich und die Schweiz zusammen rund 68 % aller Infektionen meldeten. Bemerkenswert ist der deutliche Anstieg in den vergangenen Jahren – in Österreich etwa von sporadischen Einzelfällen zu rund 20 Diagnosen pro Jahr (DocCheck berichtete).
Trotz der in den meisten Ländern bestehenden Meldepflicht wird die alveoläre Echinokokkose nach wie vor unzureichend erfasst – so das Fazit der Studienautoren. Als Risikofaktoren gelten eine hohe Dichte von Fuchspopulationen sowie ein engerer Kontakt zwischen Wildtieren, Haustieren und Menschen. Für die klinische Praxis bedeutet das: Infektionen bleiben oft lange symptomlos und manifestieren sich mehrheitlich erst spät, primär durch leberbezogene Veränderungen. Therapieren kann man durch eine umfassende chirurgische Resektion von betroffenem Lebergewebe sowie eine langfristige antiparasitäre Medikation.
Die Autoren der Studie betonen die Dringlichkeit einer konsequenten Umsetzung der Meldepflicht und fordern den Ausbau standardisierter Surveillance-Systeme in ganz Europa. Eine stärkere Sensibilisierung von Ärzten und Tierärzten und einheitliche diagnostische Standards seien erforderlich, um die Erkrankung früher zu erkennen und präventive Maßnahmen gezielter einzusetzen.
Bei unklaren Leberläsionen sollten Ärzte die alveoläre Echinokokkose differenzialdiagnostisch bedenken und Bildgebung sowie serologische Tests durchführen.
Eine frühzeitige Zuweisung an spezialisierte Zentren ist entscheidend, da komplexe Therapiekonzepte (chirurgisch + antiparasitär) erforderlich sind.
Tierärzte sollten Tierhalter über das Risiko aufklären, dass Hunde und Katzen die Fuchsbandwurmeier einschleppen können und zu einer regelmäßigen Entwurmung von Hunden raten.
Außerdem wichtig: Monitoring von Wildtierpopulationen, eine konsequente Umsetzung der Meldepflicht, der Ausbau europaweit vergleichbarer Surveillance-Systeme und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin („One Health“-Ansatz).
Wenn euch das Thema interessiert, schaut gern in unser Interview mit Prof. Herbert Auer, einem der Autoren der oben genannten Studie:
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