Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine progrediente Erkrankung. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto schneller können geeignete Maßnahmen ergriffen werden, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen können.
Bei Verdacht auf eine COPD sollte eine Lungenfunktionsprüfung zur weiterführenden Diagnostik erfolgen.1 Laut Prof. Dr. med. Kathrin Kahnert, Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie am MediCenter Germering, werden COPD-typische Veränderungen nicht selten erst spät über eine Spirometrie erkannt. Daher sollte bei unauffälliger Spirometrie aber hochgradigem Verdacht auf eine COPD eine weiterführende fachärztliche Abklärung mittels erweiterter Lungenfunktionsdiagnostik inklusive Bodyplethysmographie und Diffusionskapazität erfolgen.
Der Grad der Obstruktion wird dann anhand der spirometrischen Kriterien in GOLD 1-4 eingeteilt. Die initiale Therapie richtet sich nach Symptomlast und Exazerbationsrisiko, entsprechend der GOLD Gruppen A, B und E (Abb. 1).1
Bei Patient*innen mit Verdacht auf COPD muss die Diagnose mittels Spirometrie abschließend überprüft werden. Bei einem post-bronchodilatatorischen Tiffeneau-Index (FEV1/FVC) von < 0,7 gilt die COPD-Diagnose als bestätigt. Bei symptomatischen Patient*innen kann auch die prä-Bronchodilatator-Spirometrie als erster Test auf eine Atemwegsobstruktion verwendet werden.1
Die Beurteilung der Schwere der Atemwegsobstruktion nach der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) basiert auf dem post-bronchodilatatorischen FEV1 % vom Soll:1
Die Schwere der Atemwegsobstruktion (COPD-Grad 1-4) korreliert nur sehr schwach mit dem Ausmaß der Symptome oder der Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes der COPD-Patient*innen. Deshalb ist es wichtig, die individuelle Symptomlast mittels validierter Fragebögen zu ermitteln.1
Der COPD Assessment TestTM (CAT) ist ein Patientenfragebogen, der über 8 einfache Fragen zur Symptomatik (Dyspnoe, Husten und Auswurf) und zur Beeinträchtigung des Alltags (Isolation, Schlafqualität und Energielevel) eine Einschätzung der Symptomlast ermöglicht.1 Ab einem CAT-Score von ≥ 10 gilt die Symptomlast als erhöht.
Ein weiterer Patientenfragebogen ist der Modified Medical Research Council Dyspnoe Scale (mMRC), der zur Einschätzung der Dyspnoe entwickelt wurde. Ab einem mMRC-Grad ≥ 2 kann von einer erhöhten Symptomlast (Atemnot) ausgegangen werden.1
Aus dem GOLD-Report 2025: Besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Ausmaß der Atemwegsobstruktion und den wahrgenommenen Symptomen, sollte eine detailliertere Untersuchung durchgeführt werden, um die Lungenmechanik (z. B. vollständige Lungenfunktionstests mit Bodyplethysmographie und Messung der Diffusionskapazität sowie Belastungstests), die Lungenstruktur (z. B. Computertomographie) und/oder Begleiterkrankungen (z. B. ischämische Herzerkrankung), die sich auf die Symptome des Patienten auswirken könnten, besser zu verstehen.
Die leitliniengerechte Therapie hängt stark vom individuellen Exazerbationsrisiko ab. Da die Exazerbationshistorie der stärkste Prädiktor für das zukünftige Exazerbationsrisiko ist, sollte diese bei der Erstdiagnose im Rahmen der Anamnese unbedingt erfasst werden. Bei Patient*innen mit ≥ 2 mittelschweren oder ≥ 1 schweren Exazerbation im Vorjahr wird von einem erhöhten Exazerbationsrisiko ausgegangen.1
Laut GOLD 2025 gibt auch die Bluteosinophilenzahl in Kombination mit der Exazerbationshistorie Aufschluss über die Höhe des Exazerbationsrisikos. Patient*innen mit Bluteosinophilenzahlen ≥ 300 Zellen/µl und einem erhöhten Exazerbationsrisiko können von einer ICS-haltigen Triple-Therapie besonders profitieren.1 GOLD 2025 weist darauf hin, dass Bluteosinophilenzahlen variieren können und als Richtwert gesehen werden sollten.1
Die initiale Therapie gemäß GOLD 2025 orientiert sich an Symptomlast (nach CAT oder mMRC) und Exazerbationshistorie (Abbildung 3). Im ABE-Schema sollen Patient*innen entweder mit einem inhalativen Bronchodilatator (Gruppe A) oder einer inhalativen Kombinationstherapie aus LABA + LAMA (Gruppe B und E) behandelt werden. Bei Patient*innen in der Gruppe E und Bluteosinophilenzahlen ≥ 300 Zellen/µl sollte der Einsatz einer Triple-Therapie aus ICS+LABA+LAMA* geprüft werden.1,*
Auch die wirksamste Therapie kann nur helfen, wenn sie regelmäßig und korrekt angewendet wird. Prof. Dr. med. Kathrin Kahnert legt in der Praxis einen hohen Stellenwert auf eine ausreichende Therapieadhärenz gleich zu Beginn der Behandlung:
Die Auswahl des individuell passenden Devices ist für den langfristigen Therapieerfolg ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Generell sollte die Anwendung des Inhalators möglichst einfach und leicht zu schulen sein.1 Mit höherer Komplexität der Anwendung steigt die Wahrscheinlichkeit für Fehler bei der Inhalation.1
Für alle Patient*innen, unabhängig von der Patientengruppe nach GOLD, werden neben einer inhalativen Therapie auch nicht-medikamentöse Maßnahmen empfohlen (Abbildung 4). Generell sollen den Patient*innen zudem ausreichend Informationen und Anleitungen zum Selbstmanagement der Atemnot und zur Stressbewältigung angeboten werden. Darüber hinaus sollen die Patient*innen über mögliche Risikofaktoren aufgeklärt werden und einen schriftlichen Aktionsplan erhalten.1 Da es sich bei COPD um eine lebenslange und progrediente Erkrankung handet, sollten alle Patient*innen zu einem nachhaltigen gesunden Lebensstil, inkl. einer ausgewogenen Ernährung und ausreichender Bewegung, motiviert werden. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Rauchentwöhnung, mit der die Symptomlast und das Exazerbationsrisiko stark gesenkt werden kann. Nikotinersatz, Pharmakotherapie und die Beratung durch Fachkräfte des Gesundheitswesens können hierbei unterstützen.1 In Deutschland stehen auch verordnungsfähige digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) wie die App NichtraucherHelden als Unterstützung zur Rauchentwöhnung zur Verfügung.4 Der Impfschutz sollte gemäß aktueller STIKO-Empfehlungen aufrechterhalten werden, um Atemwegsinfekten vorzubeugen.5 Zudem wird gemäß dem GOLD-Report 2025 bei Patient*innen mit einer hohen Symptomlast und/oder einem hohen Exazerbationsrisiko (Gruppen B und E) die Teilnahme an einer pulmonalen Rehabilitation empfohlen.1
Management von KomorbiditätenKomorbiditäten sind häufig bei COPD-Patient*innen und können sich negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken. Insbesondere die Prävalenz von kardiovaskulären Erkrankungen ist bei COPD erhöht und kardiovaskuläre Ereignisse sind eine führende Todesursache bei COPD-Patient*innen. Das kardiovaskuläre Risiko ist während und nach einer Exazerbation signifikant erhöht.1
Neben der möglichst frühzeitigen Initiierung der inhalativen Therapie und weiterer nicht-medikamentöser Maßnahmen ist es wichtig, sowohl die Symptomkontrolle als auch die Inhalationstechnik und Adhärenz regelmäßig – am besten bei jeder Verlaufskontrolle – zu überprüfen. Aufgrund des chronisch-progredienten Charakters der COPD kann es notwendig sein, die therapeutischen Maßnahmen im weiteren Krankheitsverlauf anzupassen und früher oder später zu intensivieren.
Fußnoten
* Keine der derzeit zugelassenen 3-fach-Fixkombinationen ist für die Initialtherapie bei COPD zugelassen.
FEV: forciertes exspiratorisches Volumen; FVC: forcierte Vitalkapazität; ICS: Inhalative Kortikosteroide; LABA: Langwirksamer Beta-2-Agonist; LAMA: Langwirksamer Muskarin-Antagonist; STIKO: Ständige Impfkommission
Referenzen
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