Adipositas ist in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen Risikofaktor für zahlreiche chronische Erkrankungen geworden, darunter auch viele Krebsarten.1 Besonders bei postmenopausalen Frauen ist die Assoziation zwischen erhöhtem Körperfettanteil und einem gesteigerten Brustkrebsrisiko durch epidemiologische Studien belegt.2,3 Doch jenseits des Körpergewichts selbst stellt sich eine entscheidende Frage: Könnte bereits die Zusammensetzung der Ernährung, insbesondere ein hoher Fettanteil, unabhängig von der Gewichtszunahme das Brustkrebsrisiko oder gar dessen Metastasierung fördern?
Eine aktuelle Studie4 liefert erstmals experimentelle Hinweise darauf, dass eine fettreiche Ernährung die Entstehung eines pro-metastatischen Mikromilieus aktiv beeinflussen könnte, und zwar durch Mechanismen, die weit über einfache Gewichtszunahme hinausgehen.4 Im Fokus der Studie steht die Wechselwirkung zwischen Ernährung, Thrombozytenaktivierung, Gefäßbiologie und Tumorzelladhäsion.
Im Rahmen eines experimentellen Brustkrebsmodells erhielten Mäuse über mehrere Wochen hinweg entweder eine fettreiche Diät (High-Fat Diet, HFD) oder eine Kontrollnahrung.4 Bemerkenswert war nicht nur, dass die HFD-Mäuse eine signifikant höhere Zahl an Lungenmetastasen entwickelten (mehr als das Dreifache im Vergleich zur Kontrollgruppe),4 sondern auch die Art und Weise, wie diese Metastasen begünstigt wurden. Bereits vor dem Auftreten sichtbarer Tumorzellnester wies das Lungengewebe der HFD-Mäuse eine deutlich veränderte Struktur auf: Es zeigten sich eine erhöhte Gefäßpermeabilität, vermehrte Expression von Zelladhäsionsmolekülen wie P-Selektin sowie eine Umstrukturierung der extrazellulären Matrix, vor allem durch die Überexpression von Fibronectin.4
Diese Veränderungen waren nicht zufällig: Sie wurden wesentlich durch eine gesteigerte Thrombozytenaktivierung getriggert, die wiederum durch die HFD begünstigt wurde.4 Die aktivierten Blutplättchen interagieren mit Endothelzellen und schaffen eine sogenannte "prä-metastatische Nische", die das Anhaften zirkulierender Tumorzellen begünstigen kann. Dies ist ein Mechanismus, der auch in anderen Organen relevant sein könnte.4
Besonders interessant ist die Beobachtung, dass sich diese pro-metastatischen Veränderungen durch gezielte Interventionen teilweise rückgängig machen ließen: Wurde den Mäusen eine normalisierte Ernährung zugeführt oder ihre Thrombozytenfunktion pharmakologisch gehemmt, sank die Anzahl der metastatischen Läsionen signifikant. Dies deutet darauf hin, dass der Effekt einer fettreichen Ernährung nicht unbedingt kumulativ ist, sondern unter Umständen auch therapeutisch moduliert werden kann.4
Die Forscher:innen unterfütterten ihre tierexperimentellen Daten zusätzlich mit einer retrospektiven Analyse von Patientendaten bei triple-negativem Brustkrebs (TNBC).4 Dies ist eine besonders aggressive Form von Brustkrebs.5 Dabei zeigte sich, dass Patientinnen mit kürzerer aktivierter partieller Thromboplastinzeit (aPTT), was ein Indikator für gesteigerte Gerinnungsaktivität ist, ein signifikant kürzeres rezidivfreies Überleben aufwiesen.4 Die Studie liefert Hinweise darauf, dass dieser Zusammenhang unabhängig vom Body-Mass-Index (BMI) bestand.4 Das bedeutet: Nicht nur Übergewicht per se, sondern die mit einer HFD einhergehenden metabolischen und hämostatischen Veränderungen könnten die Prognose beeinflussen.
Die Erkenntnisse dieser Studie reihen sich ein in ein wachsendes Feld wissenschaftlicher Untersuchungen, die den Einfluss der Ernährung auf das Tumorgeschehen beleuchten6 und dabei zunehmend mechanistische Zusammenhänge offenlegen. Während frühere Arbeiten vorrangig auf hormonelle (z.B. Östrogenproduktion im Fettgewebe),7 inflammatorische und metabolische Veränderungen im Rahmen von Adipositas8 fokussierten, rückt nun ein neues Zielorgan ins Zentrum: das vaskuläre und immunologische Mikromilieu in potenziellen Metastasierungsorganen wie der Lunge.
Besonders relevant ist dies für aggressive Brustkrebs-Subtypen wie den TNBC, für den es bislang nur begrenzt therapeutische Optionen gibt.5 Hier könnten in Zukunft vielleicht Ernährung und adjuvante Strategien eine bislang unterschätzte Rolle spielen.
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass Ernährung nicht nur ein langfristiger Risikofaktor, sondern auch ein unmittelbarer Modulator des Krankheitsverlaufs sein kann.4 Dies eröffnet neue Perspektiven für die Prävention und Therapiebegleitung bei Brustkrebs:
Gleichzeitig mahnt die Studie zur weiteren Forschung: Wie genau unterscheiden sich die Auswirkungen verschiedener Fettarten (gesättigte vs. ungesättigte Fettsäuren)? In welchem Maß sind die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar, und wie wirken sich Ernährung und Gerinnung auf andere Tumorarten aus?
Die Datenlage gibt dennoch Einblicke: Eine fettreiche Ernährung kann die Entstehung und insbesondere die Metastasierung von Brustkrebs fördern, selbst unabhängig von klassischer Adipositas. Sie beeinflusst die Mikroumgebung potenzieller Metastasierungsorte über die Aktivierung von Thrombozyten, die Veränderung der Gefäßpermeabilität und die Expression adhäsiver Proteine. Diese Mechanismen sind reversibel und eröffnen neue Chancen für Prävention und Therapie.
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