Ob Fachliteratur, Lifestyle-Magazin oder Gesundheitskampagne: Alle postulieren 200 Entscheidungen über Essen, die wir angeblich täglich treffen. Warum diese magische Zahl vermutlich völliger Quatsch ist.
200 Mal am Tag – so häufig entscheiden Menschen angeblich über Essen und das sogar unbewusst. Grundlage für diese Behauptung ist eine 2007 von Brian Wansink und Jeffery Sobal veröffentlichte Studie, deren Methodik und Konzeption nun jedoch durch Forscher des Max-Planck-Instituts bemängelt wird.
Zahl nun widerlegtForscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung stellten die Studie infrage und konnten dem Spuk nun ein Ende bereiten. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass die hohe Zahl an gedankenlosen Essensentscheidungen keine empirische Realität widerspiegelt, sondern ein Ergebnis des Subadditivitätseffekts ist. Dieser kognitive Effekt beschreibt die Tendenz von Menschen, höhere Häufigkeiten anzugeben, wenn sie einzelne Aspekte einer allgemeinen Frage separat einschätzen sollen.
Außerdem warnt das Forscherteam vor Folgen, die solche vereinfachten Aussagen für unser Verständnis des Essverhaltens haben. „Vereinfachte Botschaften wie diese lenken davon ab, dass Menschen durchaus in der Lage sind, bewusste und fundierte Entscheidungen in Bezug auf ihr Essen zu treffen“, sagt Claassen.
FazitZahlen und Aussagen wie diese können das Gefühl von Selbstwirksamkeit bei Menschen negativ beeinflussen und fälschlicherweise suggerieren, dass Essensentscheidungen nicht kontrolliert werden können. Wie schon bei den 10.000 Schritten pro Tag oder den zwei Litern Wasser am Tag, lohnt es sich also, bei vielfach zitierten und reproduzierten Zahlen nachzuhaken, woher diese stammen. Manchmal ist die einzige Validierung nur die Wiederholung – und Evidenz sieht anders aus.
Die genannten Studien haben wir euch hier, hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: T.J. Breshears, Unsplash