Spätestens seit dem Boom von ChatGPT ist künstliche Intelligenz (KI) wohl jedem von uns ein Begriff. Doch mit „künstliche Intelligenz“ sind nicht nur Chatbots gemeint, sondern verschiedenste Modelle lernfähiger Computerprogramme.
Auch in der Medizin ist KI bereits etabliert und es wird mit Hochdruck an weiteren Möglichkeiten zur Implementation im Behandlungsalltag geforscht. Im Bereich der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sind einige Formen von KI schon fester Bestandteil der alltäglichen Versorgung von Patient:innen. Dabei kann KI Gastroenterolog:innen in verschiedenen Bereichen unterstützen. In diesem Beitrag sollen zunächst die Möglichkeiten aufgezeigt werden, mit denen KI bei CED in verschiedenen Bereichen helfen könnte. Vieles davon ist (noch) Zukunftsmusik bzw. steckt noch in der Entwicklung. Dennoch soll hier einen Ausblick gewagt und mögliche Einsatzgebiete von KI vorgestellt werden.
Die Entstehung der zu den CED zählenden Erkrankungen ist noch nicht vollends geklärt. Während ein komplexer Prozess verschiedener Faktoren wie u. a. Genetik, Mikrobiom und Lebensstil als gesichert gilt, bleiben nach wie vor viele Fragen zur Ätiologie und Pathologie von CED offen.1 Die Datenanalyse unter Zuhilfenahme von KI könnte helfen, Ursachen und Krankheitsprozesse aufzudecken. Mit Hilfe von KI könnten entsprechende Datenbanken ausgewertet werden, um etwa risikobehaftete oder protektive Zusammenhänge zu entdecken und das Erkrankungsrisiko vorherzusagen.1
Auf ähnliche Art und Weise könnte KI auch die Diagnosestellung von CED erleichtern. Daten von Patient:innen und Angehörigen könnten analysiert werden, um die Wahrscheinlichkeit einer CED zu ermitteln. Auch bei der endoskopischen, laborchemischen und histologischen Untersuchung zur Sicherung der Diagnose könnte KI Ärzt:innen unterstützen, indem beispielsweise automatisiert die Darmwandstruktur beurteilt und mit anderen Parametern korreliert wird. Durch den Einsatz von KI könnte perspektivisch die Zeit bis zur Diagnosestellung verkürzt werden, sodass zeitig mit der Behandlung begonnen werden kann – und mit frühem Therapiebeginn ein Behandlungserfolg noch wahrscheinlicher wird.1
Die Anwendungsmöglichkeiten von KI in der Diagnosestellung lassen sich auch auf die Therapie von CED übertragen. Insbesondere in Bereichen der Bildgebung wie Endoskopie und Sonographie könnte Material zusätzlich durch eine KI gesichtet und ausgewertet werden und die Beurteilung von Ärzt:innen ergänzen. Laborchemische Parameter könnten im Verlauf analysiert werden und in Bezug zu klinischer Symptomatik, Bildgebung und medikamentöser Therapie gesetzt werden. Eventuell könnten so Muster oder Korrelationen erkannt werden, die von Behandler:innen noch nicht beobachtet wurden. Der Verlauf der Erkrankung könnte noch genauer erfasst werden und durch die Behandler:innen mit KI-Unterstützung bewertet werden.1
Des Weiteren könnten durch KI Vorhersagen zum Therapieansprechen und klinischen Outcomes möglich gemacht werden. Werden über KI die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf verschiedene Therapieoptionen ermittelt und entsprechende Behandlungsergebnisse prognostiziert, könnte individuell für die erkrankte Person die passende Therapie gewählt werden. Dies könnte helfen, eine Verzögerung und damit Krankheitsprogression bis zur effektiven Behandlung zu verhindern, Patient:innen Frustration in Folge eines Nichtansprechens zu ersparen und die Therapieadhärenz zu erhöhen.1
Ärzt:innen ersetzen? Das wird KI wohl nicht – und sollte sie auch nicht! Doch mit Unterstützung der lernenden Programme könnte die Behandlung von CED-Betroffenen vereinfacht werden. Schnellere Diagnosestellung, angepasste und effektive Therapie, verlässliche Prognose: KI könnte nicht nur Behandler:innen und Patient:innen das Leben erleichtern, sondern auch das Gesundheitssystem effizienter und kostengünstiger machen. Dennoch bleiben einige Fallstricke, die es zu beachten gilt: die Transparenz der verwendeten KI-Algorithmen, die Qualität der Datensätze, aus denen sie lernen, die Wahl der passenden KI für die gewünschte Anwendung – um nur einige der derzeitigen Limitationen zu nennen.1,2 Insgesamt bietet KI der Medizin und Forschung große Chancen, die Patientenversorgung weiter zu verbessern.
Ihr Wissensdurst zum Thema KI ist noch nicht gelöscht? Keine Sorge, wir haben da noch mehr für Sie:→ Hier geht es zu Teil 2!
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