TEIL 2 | Talk nerdy to me: Wer sich über Ultraschall unterhält, sollte die richtigen Begriffe verwenden. Wisst ihr, was mit Fan, Rock und Slide gemeint ist? Checkt es hier!
Vor allem im Rahmen von Schulungssituationen ist die eindeutige Kommunikation der auszuführenden Schallkopfbewegung entscheidend. Je nach Quelle unterscheiden sich die Bezeichnungen für die Bewegungsrichtungen bei der Führung des Ultraschallkopfs. Daher sind im Folgenden teils mehrere Synonyme genannt:
Abb. 1: Eigene Aufnahme
Außerdem kann der Anpressdruck (Pressure) variiert werden, z. B., um störende Luft im Darm aus dem Bild zu entfernen, zur leichteren Unterscheidung von Gefäßen (Vene oder Arterie) oder zur Diagnostik (Druckdolenz, Ausschluss einer Thrombose etc.).
Im Bild oben sind zwei unterschiedliche Sondentypen in einem Gerät integriert (Konvexschallkopf oben; Linearschallkopf unten). Der dritte wichtige Vertreter ist der Sektorschallkopf (auch Echoschallkopf, da meist für die Echokardiographie genutzt).
Am Beispiel eines Stilllebens sind hier die drei resultierenden Bildausschnitte dargestellt.
Abb. 2.: Konvex-, Linear- und Sektorschallkopf (v. links n. rechts)
Konvex- und Sektorschallkopf arbeiten in niedrigeren Frequenzbereichen und erreichen mit ihrem Schallkegel eine höhere Eindringtiefe. Der Linearschallkopf erzeugt durch in Reihe angeordnete Piezokristalle, ein rechteckiges Bild und zeichnet sich durch eine hohe Auflösung schallkopfnaher Strukturen aus. Man kann erkennen, dass der Linearschallkopf zur Darstellung der Zitrone nicht gut geeignet ist. Durch seine breite, gerade Auflagefläche lassen sich aber die beiden Sonnenblumen links wunderbar nebeneinander darstellen und man könnte eine Kanüle zwischen ihnen hindurch navigieren. Der Sektorschallkopf wird gerne genutzt um zwischen den Rippen hindurchzuschallen, z. B. ist zwischen Lunge und Sternum im (links-)parasternalen Fenster teilweise nur ein briefmarkengroßer Zugang möglich, wofür sich die kleine Auflagefläche super eignet.
Ultraschall schneidet dreidimensionale Körper (z. B. eine Zitrone) in feine Scheibchen und stellt sie zweidimensional dar. Um durch strukturierte Bildbetrachtung (hallo, Kunstunterricht!) zu einer fachlich adäquaten Beschreibung zu gelangen, müssen sowohl Terminologie als auch die Orientierung im Bild einheitlich sein. Bei der sagittalen Ausrichtung zeigt die Schallkopfmarkierung in Richtung Kopf der untersuchten Person (bzw. in Richtung Zitronenstiel). Dadurch befinden sich links im Bild die kranialen und rechts im Bild die kaudalen Strukturen. Bei der transversalen Ausrichtung zeigt die Schallkopfmarkierung Richtung Untersucher und die gewohnte Zuordnung links und rechts bleibt bestehen.
Zu beachten ist dabei, dass der dargestellte Querschnitt (wie bei anderen radiologischen Untersuchungsmethoden auch) definitionsgemäß von kaudal betrachtet wird und sich somit „patientenrechts“ auf der linken Seite des Bildes befindet und umgekehrt. In beiden Darstellungsebenen (sagittal/transversal bzw. lange Achse: LAX/kurze Achse: SAX) werden oben abgebildete Strukturen als schallkopfnah und unten abgebildete Strukturen als schallkopffern bezeichnet. Bei Untersuchungen des Torsos spricht man auch von ventral (Richtung Bauchdecke) und dorsal (Richtung Rücken) gelegen.
Im klassischen B-Bild bzw. B-Mode (B für „Brightness“) werden unterschiedliche Graustufen dargestellt. Helle Strukturen werden als echoreich, schwarze Strukturen als echofrei und alles dazwischen als echoarm bezeichnet. Die jeweiligen Graustufen im Ultraschallbild sind das Resultat verschiedener Gewebearten, die den Schall unterschiedlich stark reflektieren. Besondere Relevanz haben hierbei Grenzflächen zwischen zwei Medien: je nach Dichte weisen diese einen Impedanzunterschied auf, wodurch ein Teil der Schallwellen reflektiert wird. Zwischen Luft und Wasser ist der Impedanzsprung so hoch, dass es zu einer Totalreflexion kommt. Hier gibt’s mehr zu physikalischen Grundlagen der Ultraschalluntersuchung.
Abb. 3: Eigene Aufnahme
In Abbildung 3 sehen wir einen Interkostalschnitt mit einem Linearschallkopf. Der hellblaue Punkt oben links im Bild (in der mobilen Ansicht formatbedingt abgeschnitten) zeigt uns die Position der Schallkopfmarkierung an. Wir betrachten also einen Sagittalschnitt (links = kranial) zwischen zwei Rippen hindurch (sichtbar als ovale Strukturen im oberen Drittel, flankierend kranial und kaudal). Die Rippen sind quer angeschnitten, bei Gefäßen oder Organen würde man von der kurzen Achse (SAX) sprechen. Unmittelbar unterhalb der Rippen sieht man nichts, denn der Knochen des Erwachsenen ist zu dicht, um von den Schallwellen durchdrungen werden zu können. Es kommt zur Totalreflexion und damit zu einer dorsalen Schallauslöschung (auch „Schallschatten“ genannt). Ventral der Rippen lässt sich die Thoraxwand mit Haut, subkutanem Bindegewebe und Muskulatur erkennen. Dorsal der Interkostalmuskulatur sieht man eine echoreiche, waagerechte Linie: die Pleura. Bei einer gesunden Lunge lässt sich an dieser Stelle das physiologische Pleuragleiten als „Ameisenlaufen“ beobachten.
Der Lungenultraschall (LUS) ist in diesem Kontext ein anschauliches Beispiel, denn er besteht im Wesentlichen darin, physiologische von pathologischen Artefakten zu unterscheiden. Grund dafür ist, dass sich die gesunde Lunge wegen des Impedanzsprungs zwischen luftgefülltem Lungengewebe und der Thoraxwand sonographisch nicht darstellen lässt. Doch aus den Artefakten, die hier besprochen werden, können wir diagnostische Rückschlüsse ziehen, um dadurch z. B. bei Patienten mit Z. n. Thoraxtrauma einen relevanten Pneumothorax mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Ist der Pleuraspalt mit Luft gefüllt, fehlt das „Ameisenlaufen“ als Charakteristikum des Lungengleitens (Lung sliding).
Die parallel zur Pleura verlaufenden, echoreichen Linien, welche sich auch in Abbildung 3 schallkopffern darstellen, werden als A-Linien bezeichnet. Sie sind physiologisch und stellen Reverberationsartefakte dar. Ein kompliziertes Wort für eine einfache physikalische Begebenheit. Die ausgesendeten Schallwellen werden nämlich durch den oben erwähnten Impedanzsprung zurückgeworfen. Manche Schallwellen werden dabei mehrfach an der Grenzfläche reflektiert und gelangen dadurch etwas später zurück zu den Piezokristallen. Das Ultraschallgerät errechnet aus dieser Laufzeitdifferenz eine größere zurückgelegte Strecke, woraus die parallel versetzten „Spiegelungen der Pleura“ resultieren.
B-Linien (auch: „Kometenschweifartefakte“) verlaufen hingegen vertikal zur Hautoberfläche und kommen bei Gesunden nur in geringer Zahl vor (vgl. Tyndall-Effekt). Pro Interkostalraum sollten nicht mehr als zwei B-Linien zu sehen sein. Sie werden durch pleuranahe Flüssigkeit im Interstitium der Lunge hervorgerufen (again: Reverberationsartefakt) und korrelieren in ihrer Anzahl positiv mit der Menge des intrathorakalen Flüssigkeitsgehalts. Sehr viele (ggf. konfluierende) B-Linien können z. B. hinweisgebend für ein Lungenödem, eine COVID-19-Pneumonie oder für eine Lungenkontusion (B-Linien treten lokal begrenzt auf) sein. Wenn du selbst einmal B-Linien darstellen willst, dann behalte einen Schluck Wasser im Mund und positioniere den Schallkopf transversal hinter deinem Kinn. Schallkopfnah siehst du die Mundbodenmuskulatur, gefolgt vom mineralwassergefüllten Mundraum. Kippt man den Schallkopf hin und her, lassen sich hinter dem echoarmen Mineralwasser B-Linien darstellen (talk nerdy to me).
POCUS ermöglicht eine schnelle Differentialdiagnostik und bewahrt dadurch v.a. multimorbide Patienten vor einer Übertherapie mit der Schrotflinte (in Form von gleichzeitiger Behandlung aller denkbaren Ursachen ihrer Dyspnoe). Wenn du noch mehr über Lungenultraschall lernen willst, findest du hier ein Video von Felix im Kontext COVID-19. Dieses Review von Rocca et al. enthält einige sehr übersichtliche Abbildungen und Algorithmen und fasst die Thematik für die Akutmedizin gut zusammen.
Im Folgenden sind weitere wichtige Artefakte aufgeführt, welche im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung im B-Mode auftreten können. Manche davon sind störend, manche sind hilfreich bei der (Differential-)Diagnostik.
Der Blutfluss innerhalb des Gefäßsystems wird mithilfe der Farbdopplersonographie (auch: Color-Flow-Doppler, oder farbkodierte Duplexsonographie, FKDS) visualisiert. Dieser Modus ist bei den meisten Geräten verfügbar. Durch die Farbkodierung lassen sich laminare und turbulente Strömungen sowie deren Flussrichtung nachvollziehbar darstellen. Je heller die Farbe, desto schneller ist die Fließgeschwindigkeit. Hier zu sehen: Bewegt sich der Blutfluss auf den (angulierten) Schallkopf zu, wird er rot abgebildet. Bewegt sich der Blutfluss vom Schallkopf weg, wird er blau abgebildet. Turbulente Strömungen stellen sich im Farbdoppler bunt dar.
Durch die farbige Kennzeichnung lassen sich Gefäße innerhalb des Bildausschnitts identifizieren und von anderen Strukturen abgrenzen. Wenn du dir z. B. nicht sicher bist, ob du bei der Abdomensonographie (mit dem Konvexschallkopf) die Gallenblase oder ein großes Blutgefäß vor Augen hast, hilft eine schnelle Aktivierung des Farbdopplers: Die Gallenflüssigkeit ist nicht in Bewegung und generiert somit kein Farbsignal. Der farbkodierte Ausschnitt lässt sich meist innerhalb des dargestellten Bilds verschieben und verkleinern bzw. vergrößern. Hier noch ein paar Tipps für die Farbdopplersonographie:
Jetzt aber genug der öden Theorie! Im nächsten Teil gehts endlich um praktischen POCUS – und zwar am Badesee.
Bildquelle: National Cancer Institute, Unsplash