Die Neonatologie ist die Lehre vom Neugeborenen und dessen Erkrankungen. Per Definition sind Frühgeborene Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen.1 In Zahlen ausgedrückt liegen ca. 6,5 % der Geburten vor der 37. Schwangerschaftswoche.1 Da die Gruppe der Frühgeborenen sehr heterogen ist, werden Frühgeborene nach ihrem Geburtsgewicht und dem Gestationsalter (GA) eingeteilt.1
Die Geburt stellt für das Neugeborene eine grundlegende Veränderung seiner Lebensumstände dar. Es muss sich an ein Leben außerhalb der Mutter und unabhängig von der Versorgung durch die Nabelschnur gewöhnen und anpassen. Gerade bei Frühgeborenen stellt die Unreife der Organsysteme und Funktionen eine besondere Herausforderung dar. Je früher ein Kind nach dem GA geboren wird, desto „unreifer“ sind seine Organe.1
In dieser sensiblen Lebensphase ist eine ausreichende Nährstoffversorgung von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung. Studien konnten zeigen, dass insbesondere bei Frühgeborenen die postnatale Nährstoffversorgung Auswirkungen z. B. auf die kognitive Entwicklung bis ins Jugendalter haben kann.2-6
In den meisten Fällen ist bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 g eine vollständige enterale Ernährung aufgrund der physiologischen Unreife teilweise nicht möglich, beispielsweise durch die Unreife des Darms.7-8
In diesen Fällen ist eine PE erforderlich, die auf der Grundlage evidenzbasierter Empfehlungen durchgeführt werden sollte.9-10 Eine PE sollte bei Frühgeborenen so früh wie möglich begonnen und nur so lange wie nötig fortgesetzt werden (d. h., bis eine vollständige orale/enterale Ernährung toleriert wird).9-10
Die Ernährung von unreifen Frühgeborenen orientiert sich an den aktuellen Empfehlungen, insbesondere an den gemeinsamen Richtlinien von ESPGHAN, ESPEN, ESPR und CSPEN.9 Unter anderem wird eine initiale Zufuhr von 1,5 g Aminosäuren (AS) pro kg Körpergewicht (KG) am 1. Lebenstag und nach dem 1. Lebenstag eine Zufuhr von 2,5 bis max. 3,5 g Aminosäuren/kg KG bei Frühgeborenen < 1.500 g bzw. max. 3 g AS/kg KG bei Reifgeborenen pro Tag empfohlen,10,11 ergänzt durch Lipide, Glukose, Elektrolyte und Mikronährstoffe, um das intrauterine Wachstum bestmöglich zu imitieren.8,11-17
Die PE von Früh- und Neugeborenen ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden:
In der Neonatologie stellen Frühgeborene eine besonders vulnerable Patient:innengruppe dar, die mit einer Vielzahl von medizinischen Herausforderungen konfrontiert ist. Die Ernährung dieser kleinen Patient:innen, insbesondere die PE, ist dabei ein zentrales Thema. Die Tabelle stellt die Herausforderungen und entsprechende Lösungsansätze für die Praxis gegenüber:
Herausforderungen
Lösungen
Patient:innensicherheit
Zugelassene industrielle Ernährungslösungen werden unter regulierten hohen Qualitätsstandards für das fertige Produkt im Rahmen einer behördlichen Zulassung (d. h. vollständige Herstellungslizenz) hergestellt. Sie unterliegen auch einer ständigen Überwachung durch die Pharmacovigilanz.20
Elektrolyt- und Aminosäureversorgung
Speziell für Frühgeborene industriell gefertigte Ernährungslösungen konnten in Studien eine höhere Energie- und Proteinversorgung,24 eine sichere Elektrolytversorgung,25 wie auch ein verbessertes Wachstum zeigten.21,26
Flüssigkeitsmanagement
Hochkonzentrierte, zentralvenös applizierte PE ermöglicht eine adäquate Nährstoffversorgung bei gleichzeitig reduziertem Gesamtflüssigkeitsvolumen.14 Die Applikation sollte daher bevorzugt über zentrale Katheter mit engmaschigem Monitoring erfolgen.27 Standardisierte Protokolle, interdisziplinäre Zusammenarbeit und die kontinuierliche Anpassung an die individuelle Stoffwechsellage sind entscheidend, um Komplikationen wie Infektionen, Refeeding-Syndrom oder Leberfunktionsstörungen zu vermeiden.9,27-29
Verfügbarkeit für Patient:innen
Die Herstellung von individuellen Lösungen oder die Bereitstellung von compoundeten PE-Lösungen kann vor allem an Wochenenden etwa aufgrund der aufwendigen Zubereitung oder der Temperaturempfindlichkeit der Lösungen durch Auftauen und Erwärmen insbesondere auf Stationen die über keine durchgehende Versorgung über eine Compounding Einrichtung verfügen eine Herausforderung darstellen. Standardisierte, industriell hergestellte PE-Lösungen verfügen dahingehend über eine lange Haltbarkeit bei Raumtemperatur und sind daher schnell verfügbar.20
Kostenreduktion
Industriell hergestellte PE können den klinischen Arbeitsalltag entlasten: Es entfallen die Herstellungsprozesse für die PE. Messungen aus der klinischen Praxis zeigen, dass pro Patient:in täglich rund 10,5 Minuten eingespart werden können.30 Eine Kosten-Konsequenz-Analyse basierend auf einem deterministisches Model konnte bei einer angenommenen 10%igen Erhöhung der Nutzung von gebrauchsfertigen 3 Kammerbeuteln für die Neonatologie eine erhebliche Ressourcen- und Kosteneinsparungen für das Krankenhaus zeigen.31
Pharmazeutische Sicherheit
Durch den Einsatz industriell hergestellter PE lässt sich das Problem der Kompatibilität von Zusatzstoffen weitgehend umgehen, da diese Produkte bereits umfassend getestet wurden. Falls dennoch individuelle Anpassungen notwendig sind, bieten zugelassene Standardlösungen mit bekannten Kompatibilitätsprofilen klare Vorteile gegenüber selbst zusammengestellten Mischungen. 2,14,20
PE in der Neonatologie ist komplex, aber entscheidend für einen erfolgreichen Start ins Leben von Frühgeborenen. Eine frühzeitige, sichere und individuell anpassbare Versorgung unterstützt nicht nur das unmittelbare Überleben, sondern auch die langfristige Entwicklung dieser besonders vulnerablen Patient:innengruppe.
Wer sich für die besonderen Anforderungen der PE in anderen klinischen und ambulanten Settings interessiert – etwa in der Pädiatrie, Onkologie oder Intensivmedizin – findet in den weiteren Teilen unserer Serie Einblicke in aktuelle Leitlinien, Herausforderungen und Lösungsstrategien. Dranbleiben lohnt sich!
Fachpersonen können die angeführten Referenzen bei Baxter anfordern.
DCH-CN12-250006