Bereits fünf Tage ungünstiger Ernährung können ausreichen, um das Gehirn nachhaltig zu beeinflussen – zeigt eine neue Studie der Universität Tübingen. Die Tragweite dieser Erkenntnisse reicht weit über die offensichtlichen Effekte hinaus.
Verschaffen wir uns also einen Überblick über das Studiendesign, die zentralen Erkenntnisse und ihre praktische Bedeutung – insbesondere für Personen mit dem Ziel, gesunde Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten zu etablieren.
In der Studie „A short-term, high-caloric diet has prolonged effects on brain insulin action in men“ wurde untersucht, wie sich eine kurzfristig überkalorische Ernährung auf das Gehirn junger, gesunder Männer auswirkt.
Die Interventionsgruppe erhielt über fünf Tage zusätzlich 1200 kcal pro Tag – in Form stark verarbeiteter Lebensmittel. Eine Kontrollgruppe aß wie gewohnt.
Ergebnisse:
Die Insulinsensitivität des Gehirns reduzierte sich signifikant.
Veränderungen in der weißen Substanz traten auf.
Der Fettgehalt der Leber stieg messbar.
Besonders relevant: Diese Veränderungen blieben selbst nach Rückkehr zur normalen Ernährung über mindestens sieben Tage bestehen.
Zudem veränderte sich die neuronale Reaktion auf Reize. Das Belohnungssystem zeigte eine erhöhte Sensitivität gegenüber Bestrafung sowie eine verstärkte Neigung zu ungünstigem Essverhalten.
Im Zustand verringerter Insulinsensitivität fehlt dem Gehirn Energie – trotz kalorischer Überversorgung. Dies kann:
Hungergefühl und Cravings verstärken.
Stressresistenz mindern.
Entscheidungsprozesse verzerren.
Besonders relevant erscheint die Erkenntnis, dass die reduzierte Insulinsensitivität des Gehirns möglicherweise nicht – wie bisher angenommen – Folge von Übergewicht ist, sondern ihm vorausgehen kann. Die neuronale Insulinresistenz könnte somit ein früher pathophysiologischer Wendepunkt sein. Diese Perspektive rückt das Gehirn als primären Ort der metabolischen Entgleisung stärker in den Fokus – ein Paradigmenwechsel mit erheblicher Bedeutung für Prävention und Therapie.
Die Weichen für ungesunde Verhaltensmuster werden also früh gestellt – teils durch reversible, neuro-metabolische Mechanismen.
Ein Weg zur Re-Sensibilisierung des Gehirns scheint einfach – zumindest theoretisch: Eine Woche ohne Zucker, verarbeitete Lebensmittel und Überkalorien.
In der Praxis ist dieser Schritt oft herausfordernd. Ergänzende Substanzen könnten die Umstellung erleichtern:
Kreatin – verbessert die ATP-Versorgung neuronaler Zellen (im letzten Beitrag mehr dazu).
Exogene Ketone – unterstützen den Energiehaushalt insulinunabhängig und wirken gleichzeitig neuroprotektiv sowie appetitreduzierend (z. B. durch Ghrelin-Suppression) - mehr dazu in einem der folgenden Artikel.
Die Studie aus Tübingen zeigt eindrücklich, wie schnell der neuro-metabolische Status durch Ernährung beeinflusst werden kann. Bereits fünf Tage hochkalorischer Kost können Prozesse anstoßen, die langfristig Gesundheit und Verhalten verändern.
Frühzeitiges Gegensteuern ist möglich – mit Ernährung, Bewegung, Regeneration und ggf. unterstützenden Substanzen.
Kullmann S, Wagner L, Hauffe R, Kühnel A, Sandforth L, Veit R, Dannecker C, Machann J, Fritsche A, Stefan N, Preissl H, Kroemer NB, Heni M, Kleinridders A, Birkenfeld AL. A short-term, high-caloric diet has prolonged effects on brain insulin action in men. Nat Metab. 2025 Mar;7(3):469-477. doi: 10.1038/s42255-025-01226-9. Epub 2025 Feb 21. PMID: 39984682; PMCID: PMC11946887.
Stubbs et al.: Ketone Ester Drink Lowers Human Ghrelin and Appetite. Obesity (Silver Spring). 2018 Feb;26(2):269-273. doi: 10.1002/oby.22051. Epub 2017 Nov 6. PMID: 29105987; PMCID: PMC5813183.