Kavernöse Formationen, unklare Verschattungen und Verdichtungen – in der Bildgebung hält die Lunge einige Überraschungen parat. Wie ihr zur richtigen Diagnose kommt und was dann zu tun ist, lest ihr hier.
Ich sitze in der Röntgenbesprechung und schaue mir die präsentierten CTs an. „Unauffälliger Befund“, nächster Patient. Ein 45-jähriger Mann mit Fieber und stark reduziertem Allgemeinzustand. Die Bilder werden geladen und jetzt das: „Unklare kavernöse Formationen“ – Löcher überall!
Lungen mit Löchern – was tun? Gesund sieht das nicht aus, aber wie krank ist der Patient wirklich? Welche Diagnosen gibt es? Muss operiert werden oder kann man konservativ therapieren? Viele Fragen – aber fangen wir mal von vorne an.
Einen Pneumothorax erkennt man auch mit wenig Erfahrung. Bei komplexen Raumforderungen in der Lunge ist das deutlich schwieriger. Da der Patient Fieber hat, liegt eine Infektion nahe – aber welche? Und wie finde ich das heraus? Zunächst einmal mit einer gründlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung. Danach benötige ich zwingend eine Bildgebung. Ein Röntgen gibt erste Hinweise, für genauere Diagnostik brauche ich ein Thorax-CT, ergänzt durch eine Sonografie.
Wesentlich für die Diagnose und gezielte Infektion ist der Keimnachweis. Hier sind Blutkulturen ein wertvolles Werkzeug (da viele Infektionen hämatogen streuen), parallel versucht man mit einer Bronchoskopie Material vor Ort zu gewinnen. Hier kann ich auch einen endobronchialen Ultraschall (EBUS) von Lymphknoten und Raumforderungen durchführen und biopsieren, um eine essenziell wichtige Differenzialdiagnose zu klären: ein Bronchialkarzinom.
Pneumonien gehören zu den häufigsten Infektionen und können von harmlos bis tödlich verlaufen. Bei 20–50 % aller Pneumonien entwickelt sich ein Begleiterguss als Komplikation. Infiziert sich die angrenzende Pleura, entwickelt sich eine eitrige Pleuritis, der Erguss wird zu einem Pleuraempyem.
Pleuraempyem – Zeit zu handeln!
Es gibt diesen berühmten Satz: „Über einem Pleuraempyem darf keine Sonne auf- oder untergehen“. Das verdeutlicht die Dringlichkeit: Hier muss sofort reagiert werden, sonst drohen Sepsis und Funktionsverlust der Lunge.
Wie therapiere ich? Hier ist die chirurgische Ausräumung mittels VATS die Methode der Wahl. Ein interventionell-konservativer Therapieversuch mit Anlage einer großlumigen Drainage und systemischer Hochdosis-Antibiotikatherapie für ca. 7 Tage ist möglich – zu späte Einbindung der Chirurgie bei fehlendem Erfolg führt aber zu längerer Hospitalisation.
Ähnlich – aber doch verschieden – ist eine andere Komplikation der Pneumonie: der Lungenabszess. Hier kommt es zu größeren Gewebsnekrosen, die dann eine Abszesshöhle bilden. Primär kann das durch hoch virulente Erreger bei einer Aspiration geschehen. Aber auch sekundäre Abszessbildung auf dem Boden eines Lungeninfarkts oder einer Obstruktion (z.B. durch Tumor!) sind möglich.
Loch in der Lunge – ein klassischer Lungenabszess
Die Patienten erscheinen klinisch meistens nicht so krank wie bei einem Pleuraempyem. Nichtsdestotrotz muss man auch hier zügig therapieren, denn die möglichen Komplikationen sind ähnlich. Die Therapie erfolgt kalkuliert antibiotisch über 4–8 Wochen. Abszesse sind oft polymikrobiell – neben den häufigen Pneumonie-Keimen wie Pneumokokken und Staph. Aureus kommen auch gramnegative Bakterien oder seltene Erreger wie Mykobakterien infrage. Daher sollte auch hier eine Probengewinnung versucht werden. Zusätzlich ist eine Drainage der Abszesshöhle (z.B. CT-gesteuert) sinnvoll. Operiert wird bei Therapieversagen und wenn ein Tumor hinter dem ganzen Spuk steckt.
Unter gewissen Umständen leider ja – kurz zusammengefasst bei schwerer Immunsuppression und Immundefekten, sei es bei Krebserkrankungen, iatrogen bei Chemotherapie oder durch schwere Infektionen wie HIV oder Tuberkulose (mehr dazu im DocCheck CME Pilzinfektionen).
Insbesondere bei schon vorgeschädigten Lungen können die ubiquitären Spuren von Aspergillus Schimmelpilzen hier zuschlagen – je nach Immunstatus verläuft die Aspergillose von einem allergischen, asthmatischen Krankheitsbild bis zur tödlichen disseminierten Sepsis. Bei lokal begrenzter Lungeninfektion haben wir eine chronische pulmonale Aspergillose.
Schimmelnde Menschen– eine pulmonale Aspergillose
Nachgewiesen wird das im Goldstandard per Biopsie und Histologie, eine mikrobiologische Anzucht ist schwierig und gelingt nicht immer. Im Labor kann man noch Galactomannan (Aspergillen-Antigen) bestimmen, in der BAL ist die Sensitivität höher als im Blut. Therapiert wird meist konservativ mit Antimykotika für viele Monate, Voriconazol ist Mittel der Wahl. Ein großes Risiko ist die akute Blutung, die lebensbedrohlich sein kann und operativ versorgt werden muss. Zudem ist eine lokale Resektion beim einzelnen klar abgrenzbaren Aspergillom möglich (in gezeigtem Bild war das keine Option).
Bei all diesen „Löchern“ in den Lungen gibt es eine weitere wichtige Differenzialdiagnose – die Lungentuberkulose. Die Infektion mit Mycobacterium Tuberculosis Komplex ist immer noch eines der großen infektiologischen Dramen der Menschheit mit weltweit ca. 1,5 Millionen Toten und 10–11 Millionen Neuinfektionen pro Jahr. Etwa ein Viertel der Menschheit ist latent infiziert. Einen besonders spektakulären Fall habe ich hier vorgestellt.
Das könnte vieles sein – ist aber eine Lungentuberkulose
Die Diagnostik ist komplex. Einen Verdacht richtig einzuordnen, gelingt nur in einer Kombination von verschiedenen Verfahren: Die Kultur als Goldstandard dauert wochenlang, die PCR ist sensitiv, kann aber auch nach Ausheilung noch positiv bleiben, die Mikroskopie ist zwar schnell, aber untersucherabhängig und ohne Möglichkeit einer Speziesbestimmung. Die IGRA Bluttests zeigen Kontakt mit einer Tuberkulose an – akut oder auch vor vielen Jahren – eine Differenzierung ist aber nicht möglich. Therapiert wird bei multisensiblen Erregern medikamentös mit einer 4-fach-Kombination aus Rifampicin (RMP), Isoniazid (INH), Pyrazinamid (PZR) und Ethambutol (EMB) für 6 Monate. Bei Resistenzen wird komplexer, dann kommen Spezialschemata wie BPaLM (Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin) zum Einsatz. Es gibt zahlreiche Neben- und Wechselwirkungen, die Behandlung gehört in erfahrene Hände. Operiert wird eine Tuberkulose nur im absoluten Ausnahmefall.
Fazit:
Zum Nachlesen:
Bildquelle: Ivan Klishin, Unsplash