Innere Ruhe und endlich keine Kopfschmerzen mehr – können ätherische Öle wirklich halten, was ihre Hersteller versprechen?
Für Eilige gibt’s am Ende eine kurze Zusammenfassung.
Ein bisschen Pfefferminzöl gegen Kopfschmerz, Eukalyptus bei Erkältung und den Gute-Laune-Mix im Diffusor für eine bessere Stimmung: Ätherische Öle werden als Alternative zu klassischen Medikamenten immer beliebter. Dabei spielt vor allem die Aromatherapie eine ganz große Rolle: Hersteller werben mit verschiedensten Tinkturen gegen kleine oder größere Beschwerden – und das durch Düfte. Doch was steckt eigentlich drin in diesen Ölen und was können sie wirklich?
Ätherische Öle sind flüchtige Essenzen oder Auszüge aus Pflanzen oder ihren Bestandteilen. Sie enthalten daher sekundäre Pflanzenstoffe wie Terpene oder aromatische Verbindungen. Viele dieser Sekundärmetabolite sind bereits gut erforscht und haben einen echten therapeutischen Effekt – wie etwa eine Essenz aus Thymian und Efeu, die es sogar in die Leitlinien zur Behandlung von Bronchitis geschafft hat. Doch die orale Einnahme einer Tinktur oder das Einatmen von ätherischen Ölen sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe – wie soll das also funktionieren?
Bei der Anwendung von ätherischen Ölen werden diese häufig verdampft oder auf die Haut aufgetragen. Dabei werden die Pflanzenwirkstoffe eingeatmet und über die Schleimhäute aufgenommen. Die Information wird über den Riechkolben an den Hippocampus und das limbische System weitergeleitet – dort entstehen auch unsere Emotionen. Kein Wunder also, dass es wissenschaftliche Belege dafür gibt, dass Düfte unsere Stimmung beeinflussen können. Und diesen Effekt kennen wir alle: Der Duft von unserer Leibspeise, das Parfüm der Lieblings-Oma oder auch der Duft von frisch gemähtem Rasen und schon fühlen wir uns wohl und geborgen. Doch haben Düfte auch einen Einfluss auf unsere Gesundheit?
Dazu vorweg: Wissenschaftliche Studien zum Thema Aromatherapie gibt es wie Sand am Meer, doch viele von ihnen haben ein großes Manko. Denn blinde Studien mit ätherischen Ölen durchzuführen, wird aufgrund ihres Geruchs zu einer echten Herausforderung. Probanden können häufig erkennen, ob sie ein Präparat mit oder ohne ätherischen Öle verwenden. Daher sind auch viele Studien nur wenig belastbar.
Ein Beispiel dafür ist Lavendel: Das in ihm enthaltene Linalool wirkt auf GABA-Rezeptoren und kann daher angstlösend und beruhigend wirken. Dieser Effekt ist für die orale Einnahme signifikant und mehrfach belegt. Wird jedoch ätherisches Öl zum Inhalieren oder Massieren verwendet, so sind die Ergebnisse weniger zuverlässig. Zwar konnten Wissenschaftler auch hier einen signifikanten Effekt verzeichnen, Kontrollgruppen erhielten jedoch häufig entweder ein anderes ätherisches Öl zur Behandlung oder ein Placebo ohne ätherische Öle. Trotzdem empfehlen die Wissenschaftler der Metastudie das Inhalieren von ätherischen Lavendelölen, da ein positiver Effekt beobachtet werden konnte und es eine kostengünstige und nebenwirkungsarme Behandlungsmöglichkeit darstellt.
Unter dem Vorbehalt, dass doppelblinde Studien schlichtweg kaum durchführbar sind, gibt es doch so einige Öle, die bei der Behandlung leichterer Symptome eingesetzt werden können. Eines davon ist ätherisches Öl vom Eukalyptus: Vor allem durch das in ihm enthaltene 1,8-Cineol kann es bei Nasen-Nebenhöhlen Entzündungen oder Erkältungen schleimlösend und antientzündlich wirken. Doch auch hier ist die Studienlage dünn, wenn es um das Inhalieren geht. Zwar konnten subjektive Beschwerden verbessert werden, jedoch keine messbaren.
Eine andere Übersichtsstudie befasste sich mit dem Einsatz von Aromatherapie vor und während der Entbindung. Die Effekte von Lavendel, Kamille und Co. waren jedoch nur gering oder rein subjektiv, eine klinische Relevanz ist bisher nicht gegeben.
Es gibt jedoch ein ätherisches Öl, das nicht nur gut untersucht, sondern auch echt effektiv ist: Pfefferminzöl. Eingesetzt bei Spannungskopfschmerz kann eine 10 %iges Pfefferminzöl mit Paracetamol und Co. problemlos mithalten. In Studien verwendeten Wissenschaftler aus Kiel unter anderem ein stark verdünntes Pfefferminzöl für die Kontrollgruppe und konnten signifikante Unterschiede zu einer Behandlung mit 10 %igem Pfefferminzöl feststellen.
Die Aromatherapie ist also nicht bloß reine Esoterik – und doch hat nicht jedes Öl tatsächlich auch einen signifikanten Effekt auf die Gesundheit. Weiterhin fehlt es in den meisten Fällen auch an genauen Richtlinien zur Verwendung von ätherischen Ölen. Je nach Hersteller können Inhaltsstoffe variieren – ebenso wie die Qualität. Da es sich bei ätherischen Ölen im weitesten Sinne auch um Naturprodukte handelt, ist die Konzentration von bestimmten Wirkstoffen nicht überprüft und für den Verwender unbekannt. Trotzdem handelt es sich bei der Aromatherapie um eine nebenwirkungsarme Behandlungsmöglichkeit, die bei leichten Symptomen zusätzlich verwendet werden kann. Schon allein, weil diese Form der Behandlung besser riecht als so manche Medizin.
Wirkung von ätherischen Ölen: Ätherische Öle enthalten pflanzliche Wirkstoffe wie Terpene, die therapeutische Effekte haben können, etwa bei Bronchitis oder Angstzuständen (z.B. Lavendel).
Wissenschaftliche Studien: Viele Studien zur Aromatherapie sind aufgrund der Schwierigkeit von Doppelblindversuchen wenig belastbar, dennoch gibt es Hinweise auf positive Effekte, etwa bei Lavendel oder Pfefferminzöl.
Praktische Anwendung und Risiken: Ätherische Öle können bei leichten Symptomen wie Kopfschmerzen oder Erkältung hilfreich sein, doch die Qualität und Konzentration variieren je nach Hersteller, und es fehlen klare Richtlinien zur Anwendung.
Bildquelle: David McCumskay, Unsplash