Die deutsche Apothekenlandschaft steht still – Reformstau. Entscheidungen, die wir für unser Überleben dringend bräuchten, müssen nun warten, bis die neue Regierung sie angeht. Warum wir jetzt nicht verzweifeln dürfen.
Mit dem doch recht abrupten Ende der Ampel-Koalition wird für die Apothekenlandschaft in Deutschland eine ohnehin schwierige Situation noch unsicherer: Während die politische Bühne mit Finanzminister Christian Lindners Entlassung und den daraus resultierenden Koalitionsverhandlungen in Aufruhr geriet, stehen Apotheken vor Ort buchstäblich im Reformstau vor der roten Ampel: Vieles, was sie für ihre Zukunft dringend brauchen, wird nun auf unbestimmte Zeit vertagt oder gar komplett aufgegeben. Was bräuchten wir jetzt für eine freie Fahrt?
Ist die geplante Apothekenreform nun endgültig Geschichte? Das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG), das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seit Monaten vorantreiben wollte, hatte schon vor dem Bruch der Ampelkoalition kaum Chancen, so realisiert zu werden, wie es sich der Noch-Gesundheitsminister ursprünglich gewünscht hatte. Der Widerstand der FDP, die sich – wie von der ABDA gefordert – vor allen anderen Forderungen klar gegen die „Apotheke ohne Apotheker“ positionierte, war ein starker Bremsklotz. Nun scheint dieses Vorhaben de facto vom Tisch zu sein – auch, weil die verantwortlichen Gewerkschaften wie auch die gesamte Apothekerschaft sehr deutlich gemacht hatten, diesen Kurs nicht mitgehen zu wollen.
Für Apotheken bedeutet das: Wichtige Anliegen wie neue und dringend nötige Honorierungsmodelle sind – genau wie auch die Etablierung der PTA-Vertretung – auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Versprechen auf Strukturreformen, die den Apothekenstandort Deutschland zukunftssicher machen sollten, löst sich damit ebenfalls in Luft auf. Stattdessen bleiben die Apotheken im aktuellen Regelwerk gefangen, das weder die bürokratischen noch die finanziellen Belastungen ausreichend berücksichtigt.
Die Folgen sind leider verheerend, man verharrt weiter im Stillstand, statt Fortschritte zu machen. Während Olaf Scholz versucht, in den verbleibenden Wochen noch drängende Themen wie die Stabilisierung der Rentenkasse und die Asylpolitik durchzusetzen, sind die stationären Apotheken mit ihren Anliegen weit von der politischen Agenda entfernt. Gesundheitspolitik wird in Berlin ohnehin traditionell als „B-Thema“ behandelt – in einer Zeit von Regierungschaos und bevorstehenden Neuwahlen sind die Chancen für apothekenrelevante Gesetzesinitiativen gleich null. Selbst kleinere Entlastungen wie die Regelung von Rx-Skonti oder die Stärkung der pharmazeutischen Versorgung werden nicht mehr vorangebracht.
Währenddessen wachsen die finanziellen Belastungen der Apothekeninhaber. Das Apothekensterben wird sich beschleunigen. Schon jetzt zeigt sich, dass immer mehr Apotheken unter dem finanziellen Druck zusammenbrechen. Fehlende Honoraranpassungen, steigende Betriebskosten durch Inflation, gestiegene Mietpreise und Personalkosten, das Skonto-Urteil, die Retaxen der Rezepturen, die nun vermehrt in den Apotheken ankommen sowie die zunehmende Konkurrenz durch neue digitale Angebote der Versender machen den Betrieb für viele Inhaber unrentabel. Hinzu kommen Versorgungsprobleme durch Lieferengpässe und ein wachsender Personalmangel.
Die Ungewissheit über die Zukunft einer klaren gesundheitspolitischen Agenda setzt den Apotheken zusätzlich zu. Es fehlt an nachhaltigen Konzepten zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung. Und während die Politik sich mit internen Machtkämpfen beschäftigt, verlieren Apotheken täglich an Boden.
Was tun? Aktiv bleiben – jetzt erst recht! Die momentane politische Krise mag entmutigend wirken, doch sie bietet auch Chancen: Mit dem Ende der Ampel öffnen sich neue Möglichkeiten, politischen Druck aufzubauen. Die Apotheken müssen jetzt lauter denn je ihre Anliegen in den politischen Diskurs einbringen.
Hier sind einige Ansätze:
Das Aus der Ampel hinterlässt nicht nur in der Gesundheitspolitik verbrannte Erde. Für die Apotheken ist es ein Rückschlag, aber auch eine Zäsur. Der Fokus muss nun darauf liegen, bei der kommenden Bundestagswahl Parteien und Politiker zu identifizieren, die die Freiberuflichkeit und die wohnortnahe Versorgung ernst nehmen.
Der Weg wird lang und steinig, aber wenn Apotheken weiterhin geschlossen auftreten und auf sachliche, faktenbasierte Argumente setzen, besteht eine Chance, das Ruder herumzureißen. Denn eins ist klar: Ohne Apotheken bricht ein essenzieller Teil der Gesundheitsversorgung in Deutschland weg – und das betrifft nicht nur uns, sondern die gesamte Bevölkerung, vornehmlich die vulnerablen Patientengruppen.
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