Weil sie nicht streut, zählt die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) nicht zu den malignen hämatologischen Erkrankungen. Ähnlich wie Krebs beruht sie jedoch auf einer spontanen somatischen Mutation, die im Fall der PNH zu einer immunvermittelten Hämolyse führt.1 Mit einer PNH wird man folglich nicht geboren, sondern sie entsteht im Laufe des Lebens.
Die ursächlichen Mutationen entstehen im Gen für Phosphatidyl-Inositol-Glykan-A (PIG-A) in einer oder in mehreren multipotenten hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks. In der Folge wird der Stoffwechsel der Glykosylphosphatidylinositol-Anker (GPI-Anker) gestört, was wiederum dazu führt, dass das Komplementsystem Blutzellen wie Erythrozyten nicht als körpereigen erkennt und zerstört – es kommt zur Hämolyse und Anämie.1 Zu den schwerwiegenden Folgen zählen Thrombosen, welche die Hauptursache für das erhöhte Sterberisiko der PNH ausmachen: Die 5-Jahre-Mortalitätsrate beträgt etwa 35 %, wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt.2
Die PNH ist sehr selten (geschätzte Prävalenz ca. 16 Fälle/1 Mio. Einwohner:innen, Inzidenz ca. 1,3 Fälle/1 Mio. Einwohner:innen).1 Wie bei vielen seltenen Erkrankungen haben auch PNH-Betroffene oft einen weiten Weg vor sich, bis die Diagnose feststeht. Woran kann das liegen? Und worauf sollten Ärzt:innen achten, um eine PNH frühzeitig zu erkennen?
Tatsächlich ist die namensgebende Symptomatik bei Weitem nicht bei allen Patient:innen das bestimmende Merkmal: Lediglich rund ein Viertel der Betroffenen weist die auf eine Hämoglubinurie hindeutende Braunfärbung des Morgenurins auf.3 Bei weitaus mehr Patient:innen stehen Anämie-typische Anzeichen und Fatigue im Vordergrund. Zu den häufigsten Symptomen zählen:
Sollte der Verdacht auf eine PNH aufkommen, empfiehlt sich ein differenzialdiagnostisches Vorgehen. Aktuelle Empfehlungen der Onkopedia-Leitlinie zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf eine PNH haben wir hier für Sie zusammengestellt1:
Abb. 1: Basisdiagnostik bei Verdacht auf PNH. GPI = Glykosylphosphatidylinositol; LDH =Lactatdehydrogenase; MDS = myelodysplastisches Syndrom; PNH = paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie. Übernommen aus Onkopedia-Leitlinie PN.1
Sollte sich der Verdacht auf eine PNH erhärten, können weitere labordiagnostische Schritte erforderlich sein. Zentral ist die Durchflusszytometrie, um die Expression GPI-verankerter Proteine im peripheren Blut zu bestimmen. Für eine gesicherte Diagnose sollten zwei Zellreihen, wie z. B. Granulozyten und Retikuloyzyten, mit je zwei separierbaren Reagenzien untersucht werden. Die Analyse sollte idealerweise mit dem hochsensitiven Einsatz von FLAER (fluorescein-labeled proaerolysisn, ein direkt an das GPI-Ankermolekül bindendes Reagenz) erfolgen. Für einen gesicherten Nachweis eines PNH-Klons empfiehlt die aktuelle Leitlinie, dass die fehlende oder reduzierte Expression von mindestens zwei GPI-verankerten Markern auf mindestens zwei Zellreihen nachgewiesen sein soll.1
→ Zur Onkopedia-Leitlinie PNH
Da die Diagnose meist im jungen Alter zwischen 30 und 40 Jahren erfolgt9 und die PNH eine lebenslange Therapie erfordert, sollten die Belastungen durch die Behandlung möglichst geringgehalten werden. Mittlerweile steht z. B. mit der zielgerichteten Inhibition von Komponenten des Komplementsystems eine effektive Möglichkeit zur Krankheitskontrolle zur Verfügung.
Denken Sie bei Ihren Patient:innen mit z. B. ungeklärter Fatigue, Anämie-Symptomatik und Thrombosen an untypischen Stellen auch an eine mögliche PNH. Auch in Zukunft werden wir Sie hier auf Onko+Future mit weiteren Infos zur PNH versorgen – folgen Sie dem Kanal, damit Sie kein Update verpassen!
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Referenzen:
M-DE-00023801