Bleiben Globuli doch Kassenleistung? Die Streichung der Homöopathie aus dem Leistungskatalog sorgte für Jubel und Wut – jetzt ist die Passage aus dem neuen GVSG-Entwurf verschwunden. Was ist da los?
„Homöopathie macht als Kassenleistung keinen Sinn“ – das sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch vor wenigen Wochen. Und kündigte die Streichung der Homöopathie als Satzungsleistung der Krankenkassen mit großen Tönen an (DocCheck berichtete). Jetzt die Überraschung: Das Vorhaben wurde aus dem neuen Referentenentwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) gestrichen. Warum, weiß bisher keiner genau.
Noch in der Vorgängerversion von Mitte Januar hieß es, die Möglichkeiten der Krankenkassen, homöopathische und anthroposophische Arzneimittel sowie homöopathische Leistungen als zusätzliche Satzungsleistungen anzubieten, „wird gestrichen“. Grund dafür sei der fehlende nachgewiesene Nutzen. „Leistungen, die keinen medizinisch belegbaren Nutzen haben, dürfen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden“, so wörtlich im damaligen Empfehlungspapier – unnötige Ausgaben der finanziell angeschlagenen Krankenkassen sollten damit vermieden werden.
Der aktuelle Umschwung sorgt für scharfe Kritik: „Unfassbar! Lauterbach streicht die Erstattung der Homöopathie jetzt anscheinend doch nicht. Wie peinlich ist das denn bitte?“, schreibt HNO-Arzt Christian Lübbers dazu auf der Plattform X. Und weiter: „Egal wie klar der Sachverhalt auch ist, am Ende zählt nur Lobby und Klientel“, mutmaßt Lübbers.
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Auch die FDP zeigt sich wenig begeistert von der Streichung der Passage. „Homöopathische Mittel haben keine wissenschaftliche Evidenz für ihre Wirksamkeit und entsprechen daher nicht dem Anspruch an eine qualitativ hochwertige und sichere Gesundheitsversorgung“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Andrew Ullmann, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Von offizieller Seite fehlt bislang eine Begründung: Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wollte auf Anfrage der DocCheck News Redaktion keine Details dazu nennen, aus welchem Grund die Regelung aus dem neuen GVSG-Entwurf entfernt wurde. Denn aktuell werde über den Gesetzentwurf noch regierungsintern abgestimmt. Vom Tisch scheint das Thema laut BMG aber nicht zu sein: Der Minister halte grundsätzlich an seinem Plan fest, homöopathische Leistungen und Arzneimittel als Satzungsleistungen von Krankenkassen auszuschließen, erklärte eine Ministeriumsprecherin gegenüber DocCheck. „Das wird Thema der weiteren Beratungen – auch im Parlament – sein.“
Mit dem GVSG will Lauterbach die medizinische Versorgung vor allem in benachteiligten Regionen verbessern – dafür sollen Hausarztpraxen entlastet und der Weg für neue „Gesundheitskioske“ freigemacht werden.
Einige Forderungen der Ärzteschaft hat Lauterbach aufgegriffen: So bleibt es etwa bei der bereits im Januar angekündigten Entbudgetierung der Hausarzt-Honorare. Das Problem unnötig häufiger Praxisbesuche soll mit einer jährlichen statt einer quartalsbezogenen Versorgungspauschale angegangen werden. Außerdem soll der Bewertungsausschuss eine Vorhaltevergütung für die hausärztliche Grundversorgung beschließen.
Weitere wichtige Punkte des aktuellen Entwurfs im Überblick:
Das Echo aus Ärzteschaft und Kassen fällt wenig überraschend geteilt aus. Während der Hausärzteverband von „wichtigen und dringend notwendigen Reformvorhaben“ spricht, droht der Virchowbund bereits mit Protestaktionen im Wahlkampf.
Denn letzterer sieht bei dem Entwurf „die dringenden Fragen unbeantwortet“. Kritisiert wird besonders, dass es keine Pläne dazu gibt, die grundversorgenden Fachärzte zeitgleich mit den Hausärzten ebenfalls zu entbudgetieren. Die Versorgung werde heute schon von Haus- und Fachärzten gemeinsam gestemmt, so Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes. „Dies muss in den vorgelegten Gesetzentwurf eingearbeitet werden. Ansonsten werden Haus- und Fachärzte ihre Protestaktionen wieder aufnehmen und in den anstehenden Wahlkämpfen ausweiten“, kündigte Heinrich an.
Empört zeigt sich auch der GKV-Spitzenverband: Der Gesetzentwurf sei „vor allem ein Ausgabensteigerungsgesetz zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung“. Es sei nicht Aufgabe der Kassen, für die zusätzlichen Medizinstudienplätze und Gesundheitskioske aufzukommen. Hier müsste stattdessen der Staat beziehungsweise die Kommunen herangezogen werden.
Wenig Verständnis zeigt der Verband für weitere Honorarsteigerungen für niedergelassene Ärzte. Diese würden in Deutschland ohnehin gut vergütet werden, mehr Geld sorge nicht für eine bessere Versorgung. „Die jetzigen Pläne werden sogar dafür sorgen, dass die ländlichen Räume für die Ärztinnen und Ärzte an Attraktivität weiter verlieren, da die zusätzlichen Finanzmittel in erster Linie in eher überversorgte Ballungsräume fließen sollen“, so das Fazit von Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes. Das Gebot der Stunde sei jetzt die „gerechtere Verteilung der Honorare zwischen den einzelnen Arztgruppen und nicht die zusätzliche Erhöhung“.
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