Mit ihrer neuen Partei will Sahra Wagenknecht frischen Wind ins Gesundheitssystem bringen, Penicillin wird knapp und es liegen Studienergebnisse zu impfstoffassoziierten Myokarditiden vor. Diese und weitere News lest ihr hier im Schnelldurchlauf.
Corona, Investoren, Krankenhäuser: Frischer Wind?
Die Gründung einer Partei bedeutet meist eine programmatische Neuausrichtung und im besten Fall innovative Ideen und personalpolitische Chancen. In Deutschland tut sich mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) da gerade was. Die Spitzenpolitikerin vereint linke Wirtschaftspolitik mit konservativer Gesellschaftspolitik, ein Novum in Deutschland, und könnte Ende dieses Jahres auch in drei Bundesländern Gesundheitspolitik mitgestalten (eine Insa-Umfrage sieht die Partei bei potenziellen 27 %). Was bedeutet das für das gesundheitspolitische Mega-Reformjahr?
In ihrer ersten Pressekonferenz versprach das Führungsduo aus Wagenknecht und zweiter Parteivorsitzender Amira Mohamed Ali in Sachen Gesundheitspolitik für die kommenden Wochen eine tiefere Auseinandersetzung sowie das Einsetzen von Expertenräten und das Aufgreifen „bürgerlicher Belange“. Geplant sei das „Ende der Privatisierung und Kommerzialisierung existenzieller Dienstleistungen“. Ebenso sollen gemeinnützige Anbieter „Vorrang haben“, in der Pflege, wie ärztlichen Versorgung. Auch sei man für eine Umgestaltung des Systems zur Krankenhausfinanzierung.
„Wir haben in der Tat ein Gesundheitswesen, das nicht dafür sorgt, dass jeder Mensch eine gute Versorgung erhält“, erklärt Mohamed Ali. Klar abgrenzen möchte sich die Partei zudem von der aktuellen Politik: „Herr Lauterbach ist einer der geistigen Väter des Fallpauschalensystems, das diese Zustände verursacht hat. Was er erreichen wird, ist, dass noch mehr Kliniken schließen müssen und sich die Versorgung noch weiter verschlechtert.“ Wagenknecht selbst lässt auf der Plattform Abgeordnetenwatch.de konkrete Fragen nach „Ärzterennerei, Wartezeiten auf Arzttermine, Versorgung der ländlichen Gebiete, Budget des Arztes“ indes unbeantwortet – seit 2 Jahren.
Das große gesundheitspolitische Thema: eine tiefgreifende Aufarbeitung der Corona-Thematik in all ihren Facetten. Auf Inititiave von Bürgern möchte man offene Fragen zu Beschaffung, Wirksamkeit und Nebenwirkungen der Impfungen klären und wissen, wieso es Schulschließungen und Grundrechtseinschränkungen gab. Denn diese Maßnahmen seien laut Fabio de Masi, ebenfalls Politiker im BSW, ein „Spaltpilz“ der Gesellschaft, den es zu beseitigen gelte.
Sollte die aktuelle Impfempfehlung gegen Influenza ausgeweitet werden? Kinderärzte plädieren dafür – sie fordern jetzt eine generelle Impfung von Kleinkindern gegen Influenza. „Die aktuelle Impfempfehlung gegen Influenza zielt nur auf Kinder mit Risikofaktoren. Das ist aus unserer Sicht falsch“, sagte Dr. Michael Hubmann, neuer Präsident des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Auch gesunde Kinder seien sehr oft Überträger der Grippeviren. So erkranke ein infiziertes Enkelkind häufig nur leicht, gefährde aber seine Großeltern mit einer Influenza-Ansteckung. „Unser Ziel muss es sein, die Ausbreitung des Virus durch Impfung zu verhindern und damit die Krankheitslast für alle zu mindern“, erklärte Hubmann. Eine Ausweitung der Impfempfehlung könnte seiner Auffassung nach auch dazu beitragen, Praxen und Kliniken zu entlasten.
Von der aktuellen Grippewelle sind laut RKI vor allem Kinder und junge Erwachsene betroffenen. Hubmann geht für dieses Jahr von einer starken Gippewelle aus, „möglicherweise mit einem zweiten Höhepunkt Ende Februar“.
Kinderärzte beklagen außerdem massive Engpässe bei der Versorgung von kranken Patienten – bundesweit mangelt es an bestimmten Arzneimitteln, das betrift auch das Antibiotikum Penicillin. Pädiater sind alarmiert, weil damit das beste Antibiotikum gegen Streptokokken-Infektionen fehlt. „Wenn wir auf breiter angelegte Antibiotika ausweichen müssen, erhöhen wir die Gefahr von Resistenzen“, so Hubmann. Auch mangelt es aktuell an Salbutamol, einem wichtigen Wirkstoff gegen Asthma und chronische Lungenerkrankungen.
Nach dem Start der COVID-19-Impfkampagne tauchte ein seltener Nebeneffekt auf: Bei jungen Männern unter 30 Jahren traten nach der Impfung vereinzelt Myokarditiden auf. Das sorgte für eine Überarbeitung der Fachinformationen und floss in die Impfempfehlungen der STIKO ein. Das Paul-Ehrlich-Institut führte zudem anhand der Daten des MYKKE-Registers eine Studie durch, um die Verdachtsfälle von Herzmuskelentzündungen bei Kindern und Jugendlichen nach Corona-Impfungen zu analysieren. Über die Ergebnisse wurde bereits im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des BfArM berichtet – nun sind sie offiziell im American Heart Journal erschienen.
Insgesamt wurden 279 Verdachtsfälle von Myokarditis bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren nach der COVID-19-mRNA-Impfung erfasst. Von 56 eingeschlossenen Patienten mit impfstoffassoziierten Myokarditiden (Durchschnittsalter 16,3 Jahre, 91 % männlich) gab es keine schweren Komplikationen wie Herzversagen oder Todesfälle. Bei einer dreimonatigen Nachbeobachtung hatten rund 29 % Restsymptome, meistens leichte Brustschmerzen oder Müdigkeit. Diagnostische Auffälligkeiten zeigten sich bei 47% der Patienten, gingen jedoch im Verlauf zurück.
Der Vergleich zwischen impfstoffassoziierten und nicht-impfstoffassoziierten Myokarditiden zeigte Unterschiede in den anfänglichen Symptomen. Die Impfstoff-Myokarditis äußerte sich eher in Brustschmerzen, während herkömmliche Myokarditiden eher Symptome einer Herzinsuffizienz aufwiesen. Zusätzlich hatten Patienten mit herkömmlicher Myokarditis schwerwiegendere Verläufe. Die Studie unterstreicht damit, dass impfstoffassoziierte Myokarditiden bei jungen Patienten im Vergleich zu herkömmlichen Fällen einen milderen Verlauf zu haben scheinen. Dennoch betonen die Forscher die Notwendigkeit weiterer Forschung, um langfristige Auswirkungen besser zu verstehen.
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