Ärzte wehren sich gegen Cannabis-Legalisierung, neue Gentherapie bei Sichelzellanämie erhält US-Zulassung und Kinder in Deutschland brauchen immer häufiger einen Logopäden. Diese News lest ihr hier im Schnelldurchlauf.
Das geplante Gesetz zur Legalisierung von Cannabis schmeckt bekanntlich nicht allen. Eigentlich soll im Januar 2024 im Bundestag über den Gesetzentwurf abgestimmt werden. Jetzt kommt nochmal ordentlich Gegenwind auf – ein ungewöhnlich breites Bündnis aus Ärzten, Lehrern und Polizisten hat in einem Schreiben die Abgeordneten der Bundestagsfraktionen aufgefordert, dem Entwurf des geplanten Cannabis-Gesetzes nicht zuzustimmen.
„Dieses Land braucht keine Legalisierung“, heißt es in dem Brief. „Bitte stimmen Sie dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zu“, so weiter. Initiiert wurde der Appell von der Bundesärztekammer (BÄK), unterschrieben haben ihn unter anderem weitere Ärzte- und Wissenschaftsvereinigungen, der Deutsche Lehrerverband und die Gewerkschaft der Polizei.
Sollte der Tweet nicht angezeigt werden, bitte die Seite neu laden.
Zuvor wurden einige Regeln im geplanten Cannabisgesetz gelockert: Die legale Besitzmenge im Eigenanbau wurde etwa von 25 auf 50 Gramm verdoppelt. Und die Konsumverbote in der Nähe von Schulen von 200 Metern auf einen Abstand von 100 Metern verringert.
„Der Bundestag würde den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland einen großen Dienst erweisen, wenn er dieses Gesetz durchfallen lässt“, sagte Klaus Reinhardt, Präsident der BÄK, gegenüber der WELT. „Die geplante Cannabis-Legalisierung ist kein Jugendschutz, sondern hochgradig verantwortungslos.“
Eine Legalisierung stehe im Widerspruch zur internationalen Studienlage, argumentiert das Bündnis. Gemeint sind damit vor allem Daten des Ständigen Ausschusses der Europäischen Ärzte (CPME). Dieser kommt in einer aktuellen Analyse der insgesamt vorliegenden wissenschaftlichen Evidenz zu dem Ergebnis, dass eine Cannabislegalisierung gravierende gesundheitliche Schäden durch diese Droge weiter verschlimmert. Vor weiteren Legalisierungsschritten in Europa wird daher gewarnt.
Anstelle einer Legalisierung brauche es mehr Präventions- und Hilfsangebote vor allem für junge Menschen, so Reinhardt. Weiteres Argument der BÄK gegen die Legalisierung: Schon jetzt sei die Gesundheitsversorgung strukturell überlastet, vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es sei daher „unverantwortlich, in dieser Lage weitere Gesundheitsschäden und Entwicklungsstörungen in Kauf zu nehmen“, heißt es in dem Schreiben.
Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dürfte es im Januar kein Kinderspiel werden, seine Pläne durchzusetzen. Denn auch die Innenministerkonferenz hat sich einstimmig gegen die Cannabis-Legalisierung ausgesprochen. „Der illegale Drogenmarkt wird dadurch nicht verschwinden. Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Ländern“, erklärte Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). Und auch innerhalb der Ampel gibt es noch Klärungsbedarf. Es bleibt also spannend, wie zeitnah der Gesetzentwurf im neuen Jahr tatsächlich verabschiedet wird.
Vor knapp 4 Wochen hatte die britische Arzneimittel-Regulierungsbehörde (MHRA) eine neuartige Gentherapie gegen die Sichelzellanämie und Beta-Thalassämie zugelassen (DocCheck berichteten). Jetzt legt die FDA nach: Wie die US-Behörde mitteilte, hat die Therapie namens Exa-cel (exagamglogene autotemcel, Casgevy®) nun auch die Zulassung für die USA erhalten. Das Besondere ist, dass Exa-cel auf dem Genwerkzeug CRISPR/Cas basiert, das präzise Manipulationen im Genom zulässt. Im Fall von Sichelzellenanämie korrigiert Exa-cel den fehlerhaften Genabschnitt in den Stammzellen des Knochenmarks eines Patienten, sodass der Körper wieder funktionierendes Hämoglobin herstellt.
Zusätzlich zu Exa-cel hat die FDA eine weitere Gentherapie gegen Sichelzellanämie zugelassen. Lovo-cel (Lovotibeglogene autotemcel, Lyfgenia®) bedient sich aber nicht der Genschere, sondern eines viralen Vektors, um ein funktionierendes β-Globin-Gen in die hämatopoetischen Stammzellen eines Patienten einzufügen. Wie auch Exa-cel muss Lovo-cel nur ein einziges Mal verabreicht werden. Ob die neuartigen Gentherapien auch bald in der EU zugelassen werden, ist indes noch unklar. Zumindest für Exa-cel läuft aber bereits ein Bewertungsverfahren bei der EMA.
Immer mehr Kinder und Jugendliche benötigen eine logopädische Behandlung, das zeigt eine Analyse der Kaufmännische Krankenkasse (KKH). Die KKH hat anonymisierte Daten zur Häufigkeit von Sprachentwicklungsstörungen für die Jahre 2012 und 2022 ausgewertet.
Das Ergebnis: Die Zahl der Betroffenen im Alter zwischen 6 und 18 Jahren stieg von 2012 auf 2022 um rund 59 Prozent. Bundesweit sind fast neun Prozent der 6- bis 18-Jährigen betroffen – das ist fast jeder zehnte Junge und etwa jedes 15. Mädchen. Am höchsten ist die Steigerungsrate im Zehn-Jahres-Vergleich bei den 15- bis 18-Jährigen mit fast 144 Prozent (Mädchen plus 160 Prozent, Jungen plus 135 Prozent).
Credit: Kaufmännische Krankenkasse (KKH)
Sprachdefizite können ausgelöst werden durch unentdeckte Hörstörungen, genetische Veranlagung und anatomische Gründe wie ein fehlgebildeter Kiefer. Aber auch Probleme in der Familie oder Schicksalsschläge können dafür verantwortlich sein, schreibt die KKH in einer Pressemitteilung. Ein weiterer Grund: „In vielen Familien wird zu wenig mit dem Nachwuchs kommuniziert, selbst bei den Mahlzeiten nicht. Dadurch fehlen Sprachreize, die eine gesunde Sprachentwicklung fördern“, erklärt Vijitha Sanjivkumar vom Kompetenzteam Medizin der KKH. Das habe auch mit der intensiven Nutzung von Smartphone, PC und anderen digitalen Medien zu tun, die an die Stelle direkter Kommunikation trete.
Zusätzlich wirkte die Pandemie laut KKH wie ein „Brandbeschleuniger“. Die Sprachentwicklung vieler Kinder und Jugendlicher habe unter den monatelangen Schließungen von Kitas und Schulen gelitten. Auch die Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen hätten dazu beigetragen.
Bildquelle: Dad Grass, unsplash