Die Berücksichtigung systemischer Zusammenhänge zwischen Krankheiten ist heutzutage keine Neuheit mehr – und das aus gutem Grund, wie sich an den Volkskrankheiten chronische Herzinsuffizienz (HF), chronische Nierenerkrankung (CKD) und Typ-2-Diabetes (T2D) zeigt. Mehr als 50 % der HF-Patient:innen sind zusätzlich von einer CKD betroffen und fast jede:r zweite Patient:in mit Typ-2-Diabetes entwickelt eine HF oder CKD als kardiorenale Begleiterkrankung. Für Betroffene bedeutet das eine zusätzlich verschlechterte Prognose.1-4
Abbildung 1: Systemische Zusammenhänge kardio-renal-metabolischer Erkrankungen
Kardiorenale Erkrankungen sind pathologisch eng miteinander verbunden. Die reduzierte Nierenleistung – im Falle einer chronischen Nierenerkrankung – kann zu einer Verkalkung der Blutgefäße und einer Überbelastung des Herzmuskels führen. Bei einer vorliegenden Herzinsuffizienz erhalten die Nieren wiederum eine unzureichende Durchblutung und es kommt zu einer Ansammlung von Harnstoff und anderen Stoffwechselprodukten. Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel im Rahmen eines Typ-2-Diabetes führt auf der anderen Seite oft zur Schädigung von Organen.
Die Relevanz eines systemischen Blicks auf mögliche Komorbiditäten spiegelt sich auch in den aktuellen Leitlinien wider. So empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie für T2DM (NVL) ein frühzeitiges Screening auf eine chronische Nierenerkrankung für Risikopatient:innen mit Typ-2-Diabetes. Das geschieht mittels Bestimmung der GFR und des UACR-Wertes.5 Da sich bei einer chronischen Nierenerkrankung die ersten Symptome erst sehr spät zeigen, ist es dringend notwendig, bereits bei einem Verdacht die Ermittlung dieser Werte durchzuführen.
Genauer betrachtet weisen die nationalen und internationalen Leitlinien aller drei Indikationen zudem eine Gemeinsamkeit bezüglich der Therapie auf – den SGLT-2 Inhibitor. Denn sowohl die NVL 20235, die KDIGO-Leitlinien zur Therapie von Typ-2-Diabetes bei chronischer Nierenerkrankung6, als auch die ESC-Leitlinien zur Therapie der Herzinsuffizienz7,8 empfehlen SGLT-2 Inhibitoren als Erstlinientherapie. Die Empfehlungen verdeutlichen den besonderen Nutzen, den Patient:innen von einer solchen Therapie erhalten. Die KDIGO beispielsweise begründet ihre Empfehlung mit der starken Evidenz dafür, dass SGLT-2 Inhibitoren die CKD-Progression, Herzinsuffizienz und kardiovaskuläre Erkrankungen reduzieren und diese Vorteile unabhängig von der glykämischen Wirkung sind.6
Patient:innen aller drei Indikationen können von einer Therapie mit einem SGLT-2 Inhibitor profitieren. Bei T2D-Patient:innen wird so effektiv der HbA1c9 gesenkt, gleichzeitig können Herz und Nieren10,11 geschützt werden. Bei Patient:innen mit chronischer Herzinsuffizienz führt die Behandlung zu einer Verringerung der Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzinsuffizienz sowie zu einer Reduktion der kardiovaskulären Mortalität und der Symptome.8,9 Außerdem verlangsamen SGLT-2 Inhibitoren die Progression der chronischen Nierenerkrankung.10,11
Bei Diabetes, chronischer Herzinsuffizienz und chronischer Nierenerkrankung sollte auf einen ganzheitlichen und interdisziplinären Behandlungsansatz geachtet werden – und die Therapie nach den aktuellen Empfehlungen nationaler und internationaler Leitlinien erfolgen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine korrekte Diagnose, die vor allem bei der chronischen Nierenerkrankung häufig eine Hürde darstellt. Es ergibt also Sinn, mögliche Komorbiditäten von Patient:innen im Blick zu behalten und bereits vor dem ersten Auftreten von Symptomen danach zu screenen. Ebenso ist es vorteilhaft, bei der Wahl der medikamentösen Therapie darauf zu achten, welchen Einfluss diese auf mögliche Komorbiditäten hat.
Der Begriff „kardio-renal-metabolisch“ verdeutlicht außerdem auch die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit von Kardiologen, Nephrologen und Diabetologen. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei auch eine vierte Partei: die Hausärzte. Sie sind in der Regel die erste Anlaufstelle der Patient:innen. Um Komorbiditäten von Patient:innen mit kardiologischen, renalen oder metabolischen Erkrankungen frühzeitig behandeln zu können, ist ein interdisziplinärer Austausch essentiell.