INFEKTIO-KLARTEXT | Muss eine Gelbfieber-Impfung nach 10 Jahren aufgefrischt werden? Wie gefährlich ist die Tollwut-Impfung wirklich? Und welche Repellents halten Mücken am besten auf Distanz? Ihr habt gefragt, unser Experte hat geantwortet.
In der aktuellen DocCheck CME-Veranstaltung drehte sich alles um das Thema „Wissensreise: Infektions- und Tropenkrankheiten in Europa“. Im Live-Stream beantwortete unser Experte Dr. Jakob Schröder eure Fragen rund um das Thema Tropenkrankheiten – von den gefährlichsten Erregern bis hin zu Impfschemata. Was unser Experte dazu zu sagen hatte, lest ihr hier.
Hospitalisierung ist abhängig von den Symptomen. Ein Patient, der weiß, dass er Dengue schon mal hatte, dem würde ich empfehlen niederschwellig ärztlichen Rat zu suchen, weil die Gefahr des schweren Verlaufs besteht. Aber da gibt es eine gewisse Diskrepanz von dem, wie die Erkrankung abläuft, wie die Patienten das wahrnehmen und wie wir das aus unserer ärztlichen Sicht sehen. Was für uns kein schlimmer Verlauf ist, ist für die Patienten unter Umständen sehr belastend, weil sie eine Woche im Bett liegen mit 40 Grad Fieber und echt durchhängen. Im Zweifel kann man den Patienten schon anbieten, sie aufzunehmen, weil die i.v.-Flüssigkeitsgaben das etwas erleichtern und die Thrombopenie und Leukopenie, die auftreten kann, monitoren kann.
Das Leitsymptom bei einer Rickettsien-Infektion ist das sogennante Eschar, eine Hautveränderung, die aussieht wie aufgekratzte Mückenstiche. Und in dem Moment, in dem ich noch keine PCR-Diagnostik habe und eine Verdachtsdiagnose stelle, dann behandele ich pragmatisch mit Doxycyclin. Ich würde da nicht zu lange warten, denn es gibt eine Mortalität von bis zu 60 %.
Früher war es so, dass die Gelbfieberimpfung nur 10 Jahre gehalten hat bzw. anders ausgedrückt: Das war so von Behörden der Länder vorgeschrieben, in denen Gelbfieber endemisch ist. Dort muss man sich nach 10 Jahren neu impfen lassen und einen Stempel holen. Aber eigentlich schützt die Gelbfieberimpfung sehr lange und zuverlässig.
Deswegen hat man immer gesagt: Wenn die Patienten nicht immunsupprimiert sind, schützt die Impfung lebenslang. Jetzt hat die STIKO das nochmal aufgearbeitet und letztendlich festgestellt, dass es einen Abfall der Antikörper gibt. Man kann jetzt nicht mehr ganz sicher sagen, dass Erwachsene auf ganz lange Zeit noch geschützt sind. Wobei die Datenlage da auch eher wackelig ist. Bei Kindern fallen die Antikörper z. B. sehr stark und schnell, nach 5 Jahren sind sie nur noch so um die 50 Prozent geschützt. Jetzt muss man aber wissen, dass in den Ländern, in denen es Gelbfieber gibt, gegen Gelbfieber im Alter von wenigen Monaten zusammen mit Masern geimpft wird. Uns in Deutschland betrifft das im Grunde überhaupt nicht.
Ich würde sagen, alle Patienten, die irgendeine Art von Immunsuppression haben, sollten sich auf jeden Fall auffrischen lassen. Das ist bisher auch so. Und für die Auffrischung nach 10 Jahren bei gesunden Menschen ist die Empfehlung, es zu machen auf einer Datenlage, die nicht ganz sicher ist. Man weiß die Rolle der T-Zell-Immunität z. B. nicht. Man kann auch Antikörper messen, die dann weg sind – trotzdem hat der Körper eine Antwort und kann gut reagieren. Aber generell ist die Impfung auch gut verträglich.
Die Tigermücke ist schon etwas, was uns in Europa schon ziemlich auf die Nerven geht, weil sie es sich hier zunehmend heimisch macht und uns diese ganzen Probleme bringt. Sie ist der Überträger von diesem ganzen Mist, den wir hier eigentlich nicht haben wollen. Wenn ich auf Reisen bin, gibt es die unangenehme Situation, dass die Mücken da im Schichtdienst sind: Die Tigermücke sticht tagsüber und die Anopheles-Mücke, die Malaria überträgt, sticht nachts. Das ist auch wichtig zu wissen für die Expositionsprophylaxe der Patienten: Ich muss mich zweimal schützen. Selbst die besten Mückensprays haben nach 12 Stunden keinen Schutz mehr. Deswegen zweimal einsprühen und heißer Tipp: Kleiderspray benutzen und damit Kleider imprägnieren, Moskitonetze imprägnieren. Das erzeugt eine Art Dunstwolke, in der Regel enthält das Permethrin, was die Mücken wirklich auf Distanz hält.
Es gibt letztendlich die 2 Hauptwirkstoffe, Icaridin und DEET. In vielen Studien haben die ihre Wirksamkeit bewiesen – das ist der Goldstandard. Welche Marke man da nimmt, ist relativ egal. Wichtig ist, dass man ein Auge hat auf die Konzentration. Je stärker sie konzentriert sind, desto länger wirken sie. Die DEET-Präparate sind noch höher konzentrierter und haben die längsten Wirksamkeiten. Aber letztendlich kann ich beides nehmen.
Jetzt gibt's noch pflanzliche Mittel. Die einzigen Präparate, bei denen es wirklich eine solide Datenlage gibt, sind Eukalyptus-Präparate. Die schützen, haben aber eine kurze Halbwertszeit. Auch wenn man vielleicht auf den ersten Blick denkt, das ist ja pflanzlich und irgendwie bio – die können sehr stark hautreizend sein und sind auch deswegen bei Kindern wirklich überhaupt nicht Mittel der Wahl. Also vorsichtig. Dann gibt es eine Grauzone, diese Zitronella-Präparate. Dazu gibt es begrenzt Daten und auch nur kurze Wirksamkeit. Kann man machen, aber man tut sich in Risikogebieten eigentlich keinen Gefallen damit.
Man muss sich des Risikos bewusst sein. Wenn ich in einem Land bin, in dem ich schon darüber nachdenken muss, dass ich Mückenschutz brauche, weil ich nicht einfach nur nervige Mückenstiche kriege, wie in Schweden oder so, sondern wirklich gefährliche Krankheiten, dann will ich ja nach Möglichkeit nicht gestochen werden. Und die Gefahr einer Erkrankung mit Malaria oder Dengue-Fieber steht in keinem Verhältnis dazu, dass man ein Präparat anwendet, wo man sagt: Okay, das ist chemisch, ich würde es nicht nehmen, wenn ich nicht im Ausland wäre.
Sonnencreme, weil die Sonnencreme auf die Haut muss und dann einzieht. Das Mückenspray kommt oben drauf – das ist quasi die Tarnkappe.
Es existieren viele Mythen über die angeblich gefährliche Impfung und ihre Nebenwirkungen. In Indien gibt es 40.000 Tote jedes Jahr, überwiegend Kinder. Die werden gebissen, das Virus wandert über die Nerven in den Kopf. Der Weg vom Biss in den Hals oder ins Gesicht zum Kopf ist kurz – das kann ein Tag sein. Und diese Patienten sind alle verloren und sterben einen schrecklichen Tod. Es gibt kaum eine Erkrankung, bei der die Impfung so wirksam ist. Und es gibt keine Erkrankung, die jemanden so zuverlässig umbringt. Es gibt keinen Fall in der Medizingeschichte eines Patienten, der geimpft wurde, der Tollwut bekommen hätte. Also Patienten, die nach Indien reisen und sagen, ich will die Impfung nicht, ich habe gehört, dass die gefährlich ist – die lasse ich unterschreiben! Denen sage ich, das geht gegen ärztlichen Rat, das ist eine tödliche Erkrankung, und die Impfung ist wirklich gut verträglich. Machen sie es!
Dann gibt es noch Patienten, die sagen, es gibt ja eine Postexpositionsprophylaxe. Darüber muss man dann auch erstmal aufklären, dass das nicht so einfach ist. Also, ich werde von einem Hund gebissen, dann brauche ich Antikörper und eine Impfung – also nicht nur die Impfung, ich brauche beides. Diese Antikörper brauche ich schnell und die sind teuer. Da reden wir nicht von ein paar hundert Dollar, sondern 10, 20, 30.000 Dollar. Die sind teilweise nicht vorrätig in den Ländern, in denen man es braucht. Dazu können die Präparate anaphylaktische Reaktionen auslösen. Allein die Vorstellung, man sitzt da und hofft, dass das ausreicht. Hölle!
Das ist das Zika-Virus, das auch in vielen beliebten Reisegebieten vorkommt. Kritisch ist, dass es für Erwachsenen relativ harmlos ist, aber beim Kind schwere Missbildungen hervorrufen kann. Auch bei Kinderwunsch sollte man das bedenken. Dann sollte man für bis zu 3 Monate nach dem Urlaub verhüten. Man kann auch nach einem Monat einen Test machen, um zu schauen, ob man sich angesteckt hat und noch weiter verhüten sollte.