Es müssen nicht unbedingt 10.000 Schritte sein. Hier sind 3 Tipps, wie ihr eure Patienten zu mehr Bewegung motiviert.
Predigst du deinen Patienten auch ständig, sie müssten sich mehr bewegen? Dass die Umsetzung den meisten nicht leicht fällt, ist wohl hinlänglich bekannt – wenn es einem nicht sogar selbst so ergeht. Es müssen aber nicht immer gleich die schweißtreibenden Bodybuilder-Kurse im Fitnessstudio oder das Marathon-Training sein. Es könnte schon helfen, seinen Patienten vor Augen zu führen, dass bereits kurze aktive Phasen die Gesundheit positiv beeinflussen. Denn jede noch so kurze Sporteinheit ist besser als gar keine. Das bestätigen auch zahlreiche Studien.
In der Zeitschrift JAMA Oncology etwa ist kürzlich eine Studie erschienen, die zeigt, dass kurze intensive Bewegungen das Krebsrisiko senken – und die müssen nicht mal im Rahmen von sportlichen Aktivitäten stattfinden. Dazu untersuchen die Forscher die Daten von Aktivitätsmessgeräten von mehr als 22.000 Probanden. Darunter waren auch Teilnehmer, die angaben, nie Sport zu treiben. Bei ihrer Analyse konzentrierten sie sich vor allem auf die Wirkung der sogenannten Vigorous Intermittent Lifestyle Physical Activity (VILPA). So bezeichnet das Team Aktivitäten, bei denen man zum Beispiel die Treppe hinaufeilt oder rennt, um einen Zug zu erwischen.
Anschließend durchforsteten sie die Krankenakten der Probanden auf Krebsdiagnosen in den folgenden sieben Jahren. Wie sich herausstellte, hatten Menschen, die sich mindestens drei Minuten pro Tag schnell bewegten, ein um etwa 30 % geringeres Risiko, an verschiedenen Krebsarten zu sterben, verglichen mit Menschen, die fast immer gemächlich von A nach B schlenderten – unabhängig davon, ob sie sich sonst sportlich betätigten oder nicht.
Wer kein notorischer Zuspätkommer ist und zur Bahn sprinten muss, dem sei ein Spaziergang ans Herz gelegt. Eine Meta-Analyse, die in BMJ erschienen ist, zeigt, dass schon 11 Minuten mäßige körperliche Bewegung am Tag – wie ein flotter Spaziergang – das Risiko von Herzkrankheiten, Schlaganfällen und verschiedenen Krebsarten senken.
Insgesamt untersuchten die Forscher die Ergebnisse aus 196 Veröffentlichungen mit mehr als 30 Millionen Teilnehmern aus 94 großen Studienkohorten, um die bisher umfangreichste Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Ausmaß an körperlicher Aktivität und dem Risiko für Herzerkrankungen, Krebs und frühen Tod zu erstellen.
Die Forscher errechneten, dass etwa einer von sechs (16 %) vorzeitigen Todesfällen verhindert werden könnte, wenn alle Studienteilnehmer mindestens 150 Minuten pro Woche mäßig intensive körperliche Aktivität ausüben würden. Einer von neun (11 %) Fällen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer von 20 (5 %) Fällen von Krebs würden verhindert. Aber auch wenn alle Menschen sich mindestens 75 Minuten pro Woche mäßig körperlich betätigen würden, ließe sich etwa einer von 10 (10 %) vorzeitigen Todesfällen verhindern, sowie einer von 20 (5 %) Fällen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und fast einer von 30 (3 %) Fällen von Krebs. Umgerechnet sind die 75 Minuten wöchentlich etwas mehr als 10 Minuten am Tag. Und die sollte doch jeder schaffen, oder?
Apropos Spaziergang: An der Empfehlung täglich 10.000 Schritte zu gehen, wird schon länger gerüttelt (DocCheck berichtete). Jetzt zeigt eine Analyse, dass auch deutlich weniger Schritte das Sterberisiko reduzieren können. Darin untersuchten Forscher Daten aus 17 Studien mit 226.889 Personen, die durchschnittlich sieben Jahre lang beobachtet wurden, um die gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener täglicher Schrittzahlen zu bewerten. Die Studie, die im European Journal of Preventive Cardiology veröffentlicht wurde, ergab, dass ein tägliches Gehen von mindestens 3.967 Schritten das Risiko, an einer beliebigen Ursache zu sterben, verringerte und bereits 2.337 Schritte pro Tag das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, reduzierte.
Oberhalb dieser Schwellenwerte war jeder Anstieg um 1.000 Schritte pro Tag mit einer Verringerung des Risikos, an einer beliebigen Ursache zu sterben, um 15 % verbunden, während ein Anstieg um 500 Schritte pro Tag mit einer Verringerung des Risikos, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um 7 % verbunden war.
Bei jüngeren Altersgruppen war die stärkste Verbesserung der Gesundheit bei Personen zu beobachten, die täglich zwischen 7.000 und 13.000 Schritte gingen, während sie bei den über 60-Jährigen zwischen 6.000 und 10.000 Schritten lag. Das Team untersuchte auch die Auswirkungen von bis zu 20.000 Schritten pro Tag – was einem durchschnittlichen Spaziergang von rund 15 km entspricht – und stellte fest, dass die gesundheitlichen Vorteile weiter zunahmen. „Wir konnten bei keiner der untersuchten Gruppen eine abnehmende Wirkung oder ein Risikoplateau feststellen“, so das Team. Sie wiesen jedoch darauf hin, dass die Daten für solche „High Steppers“ noch begrenzt sind und weitere Studien erforderlich sind.
Der Blick in die Literatur zeigt, was wir sowieso alle auf dem Schirm haben sollten: Bewegung ist in der Prävention das A und O – und ein bisschen ist besser als gar keine. Vielleicht könnt ihr euren Patienten also beim nächsten Besuch den 11-Minuten-Spaziergang ans Herz legen oder ihr räumt mit dem Vorurteil auf, dass die Gesundheit erst von 10.000 Schritten täglich profitiert.
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