Mutationen im Gen STX1B führen zu einer gestörten Regulation in der Freisetzung bestimmter Botenstoffe von Nervenzellen. Vermehrte, unwillkürliche elektrische Entladungen im Gehirn und somit epileptische Fieberkrämpfe bei Kleinkindern sind die Folge.
Auf die Spur der genetischen Mutationen sind die Forscher mittels Exom-Sequenzierung gekommen. Die Analyse des Erbmaterials ergab zunächst STX1B-Mutationen in zwei großen Familien, die sowohl unter Fieberkrämpfen als auch unter Epilepsie leiden. Eine Ausweitung der Analyse bei weiteren Patienten führte zur Entdeckung von vier weiteren Mutationen. Auch diese Betroffenen litten unter Fieberkrämpfen und schweren Epilepsien, die überdies geistige Behinderungen zur Folge hatten. „Damit liefern STX1B-Mutationen einen wichtigen Hinweis darauf, dass sie nicht nur epileptische Fieberkrämpfe auslösen, die bis zur Einschulung der kleinen Patienten oft aufhören. Sie können auch die Ursache schwerer dauerhafter Epilepsien sein, die die geistige Entwicklung beeinträchtigen“, erklärt Professor Dr. Holger Lerche, Vorstand am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) der Universität Tübingen und Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie des Universitätsklinikums Tübingen. Gemeinsam mit Experten auf dem Gebiet der Zebrafischforschung der belgischen Universität Leuven und der Universität Luxemburg haben die Neurowissenschaftler die Auswirkungen der entdeckten STX1B-Mutationen in einem Modellsystem bestätigt. „Wir konnten nachweisen, dass auch in Zebrafischen mit genetisch veränderten STX1B-Genen Anfall-ähnliche Verhaltensmuster und Veränderungen der Hirnströme auftraten, die sich bei Temperaturerhöhung – wie bei Fieber – deutlich verstärkten“, sagt Dr. Camila Esguerra, die diese Arbeiten noch an der belgischen Universität Leuven durchgeführt hat, und jetzt eine neue Arbeitsgruppe in Oslo aufbaut. Um neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, eignen sich Zebrafischmodelle außerdem besonders gut. Dr. Esguerra hat gemeinsam mit Dr. Alexander Crawford (Luxemburg) in einer älteren Studie bereits eine Substanz gefunden, die schwerste Anfälle bei Zebrafischen verhindern kann. „Wir hoffen, dass wir in einigen Jahren daraus ein neues Medikament entwickeln können, das die Entwicklung bestimmter Formen schwerer Epilepsien des Kindesalters verhindern kann“, sagt Crawford. Auch bei STX1B-Mutationen soll analog nach neuen Substanzen gesucht werden. Originalpublikation: Mutations in STX1B, encoding a presynaptic protein, cause fever-associated epilepsy syndromes Holger Lerche et al.; Nature Genetics, doi: 10.1038/ng.3130; 2014