Die erste erfolgreiche Xenotransplantation liefert weiterhin spannende Erkenntnisse. Eine aktuelle Analyse zeigt unerwartete Veränderungen in den EKG-Signalen des Patienten.
Zehn Monate nach der Transplantation des ersten gentechnisch veränderten Schweineherzens in einen menschlichen Patienten im Januar 2022 (wir berichteten) liefern Forscher der University of Maryland School of Medicine (UMSOM) weiterhin neue Erkenntnisse zu dieser bahnbrechenden Transplantation.
Ihre jüngste Studie zeigt zum ersten Mal, dass in dem Schweineherz, das dem Patienten David Bennett transplantiert wurde, unerwartete elektrische Veränderungen auftraten. Die Ergebnisse wurden Anfang des Monats auf der Tagung der American Heart Association (AHA) vorgestellt. Diese unerwarteten Veränderungen der Erregungsleitung, die auf einem Elektrokardiogramm (EKG) zu sehen sind, trugen nicht zum Versagen des Herzens nach zwei Monaten bei, werden aber für künftige Xenotransplantationen von Bedeutung sein.
„Elektrische Signale in einem Schweineherz bewegen sich normalerweise sehr schnell, schneller als in einem menschlichen Herzen, aber wir fanden heraus, dass sich die elektrischen Signale im transplantierten Schweineherz bei Herrn Bennett viel langsamer bewegten“, sagte Studienleiter Dr. Timm Dickfeld, Professor für Medizin und Leiter der elektrophysiologischen Forschung an der UMSOM. „Manchmal bewegten sich diese Signale sogar langsamer, als wir es von einem menschlichen Herzen erwarten würden. Um es klar zu sagen: Sein Herzrhythmus war normal, nur die Zeit, die der Strom braucht, um durch das Herz zu wandern, war verlängert.“ Er und seine Kollegen überwachten den Patienten nach der Transplantation täglich mit einem EKG. Die Forscher untersuchten dabei insbesondere das PR-Intervall/QRS-Komplex und das QT-Intervall.
„Diese Befunde scheinen nicht mit einem pathologischen Ergebnis wie Herzversagen oder Anzeichen einer Abstoßung verbunden zu sein“, stellt Studienmitautor Dr. Bartley Griffith, Professor für Chirurgie und Transplantation an der UMSOM, fest. Er führte die Transplantation durch.
Dr. Muhammad M. Mohiuddin, ebenfalls Professor für Chirurgie und wissenschaftlicher Leiter des Xenotransplantationsprogramms am UMSOM, betont: „Die genetischen Veränderungen, die am Schweineherz vorgenommen wurden, um die Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung durch das Immunsystem zu verringern, waren nicht für die unerwarteten EKG-Befunde verantwortlich.“
Andere Forscher analysierten bildgebende Untersuchungen des Herzens, die zur Überwachung der Herzfunktion und zur Feststellung von Anzeichen einer Abstoßung des Transplantats eingesetzt werden. Dr. Manjula Ananthram, Assistenzprofessorin für Medizin an der UMSOM, und ihre Kollegen präsentierten auf der Tagung der AHA einen Forschungsbericht, aus dem hervorging, dass die Echokardiographie zur Messung des Blutvolumens, das vom Schweineherz in den Rest des Körpers gepumpt wird, im Vergleich zum invasiveren Goldstandard-Verfahren, der Herzkatheteruntersuchung, gut funktioniert. „Dies ist eine beruhigende Nachricht und könnte bedeuten, dass wir bei künftigen Patienten, die Xenotransplantate erhalten, weniger invasive Überwachungsmaßnahmen durchführen müssen“, so Dr. Ananthram. „Wir sind noch dabei, unsere Daten sorgfältig zu prüfen, um die beste Methode zur Überwachung der Funktion des transplantierten Schweineherzens zu ermitteln.“
Die Xenotransplantation wurde am 7. Januar 2022 durchgeführt. Die Operation war die einzige verfügbare Behandlungsmöglichkeit für den Patienten David Bennett, der für eine herkömmliche Herztransplantation nicht in Frage kam und sich im Endstadium einer Herzinsuffizienz befand. Vor der Transplantation war Bennett acht Wochen lang wegen einer lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung bettlägerig und musste an eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) angeschlossen werden. Wenige Tage nach der Transplantation konnte er von der ECMO entwöhnt werden und fast zwei Monate lang an einer aktiven Rehabilitation teilnehmen.
Das Forscherteam veröffentlichte seine ersten Ergebnisse über die Transplantation im Juni letzten Jahres im New England Journal of Medicine.
„Das transplantierte Schweineherz war in seiner neuen Umgebung, dem menschlichen Körper, zahlreichen Variablen ausgesetzt. Eine oder mehrere davon könnten sich auf das elektrische Leitungssystem ausgewirkt haben“, sagte UMSOM-Dekan Dr. Mark T. Gladwin. „Wir müssen die Daten weiter untersuchen und unsere Erkenntnisse mit der medizinischen Gemeinschaft teilen.“
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der University of Maryland School of Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Dan Renco, unsplash