Eine US-Studie weist auf eine stark abnehmende Wirksamkeit der dritten Booster-Impfung im Hinblick auf schwere Verläufe hin. Doch die Daten sind mit Vorsicht zu genießen.
Vierte Impfung – muss sie sein oder nicht? Obwohl Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Hinblick auf Omikron immer wieder für die Auffrischung wirbt (wir berichteten), hatte sich eine Notwendigkeit des zweiten Boosters für die allgemeine Bevölkerung eher als fragwürdig herausgestellt – zumal B-Gedächtniszellen von dreifach Geimpften nach wie vor verschiedene Varianten erkennen können. Aktuell empfiehlt die EMA die vierte Dosis eines mRNA-Impfstoffs gegen Corona nur Risikogruppen und über 80-Jährigen.
Im Fachmagazin The Lancet erschien nun eine Studie, die als Hinweis für die Notwendigkeit einer zweiten Auffrischimpfung gewertet werden könnte. Das Problem: Der Impfschutz der dritten Dosis lässt allmählich nach, wie US-Forscher darin abermals berichten. Sie untersuchten dafür die Dauer des Impfschutzes gegen die Omikron-Variante von zwei und drei Dosen Comirnaty®. Das Besondere an der Fall-Kontroll-Studie: Darin waren keine Patienten mit Immunsuppression zu finden.
Die Wissenschaftler werteten Patientenakten von Dezember 2021 bis Februar 2022 aus, die aus dem Gesundheitssystem Kaiser Permanente Southern California (KPSC) stammten. In ihre Studie schlossen sie 7.361 SARS-Cov-2-positive Patienten ab 18 Jahren ein, die mit einer akuten Atemwegsinfektion diagnostiziert und anschließend hospitalisiert wurden. Davon waren lediglich 36 % zweifach geimpft und sogar nur 18 % hatten eine dritte Dosis erhalten.
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Dabei errechneten die Forscher – 9 Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis – eine Wirksamkeit gegen Krankenhauseinweisungen durch Omikron von 41 % (95 % KI: 21–55) und 31 % (95 % KI: 16–43) Wirksamkeit gegen eine Vorstellung in der Notaufnahme ausgelöst durch Omikron. Zwar zeigte sich die 3. Dosis des Pfizer/Biontech-Impfstoffs zunächst vorteilhaft gegen Krankenhauseinweisungen aufgrund der Omikron-Variante (85 %; 95 % KI: 80–89), doch fiel sie bereits nach 3 Monaten auf 55 % (95 % KI: 28–71). Auch bei der Wirksamkeit zu Aufnahmen in die Notaufnahme sieht es ähnlich aus: So fiel sie in dem Zeitraum von 77 % (95 % KI: 72–81) auf 53 % (95 % KI: 36–66) ab. Allerdings sind die Konfindenzintervalle für die 3 Monate nach der 3. Dosis recht hoch, was die Aussagekraft der Ergebnisse etwas herabsetzt.
Diese abnehmenden Trends nach der 3. Impfung ähneln jedoch den Ergebnissen mit Delta – die Wirksamkeit ist laut den Schätzungen aber dennoch höher für diese Variante als bei Omikron. Der Negativtrend zeichnete sich auch in den Altersgruppen ab: So fiel die Wirksamkeit gegen Hospitalisierung bei über 65-Jährigen von 88 % (95 % KI: 82–92) auf 65 % (95 % KI: 37–81), hingegen bei Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren von 82 % (95 % KI: 69–89) auf 38 % (95 % KI: -35–71).
„Diese Ergebnisse bekräftigen die Notwendigkeit, die Entwicklung zusätzlicher Strategien fortzusetzen“, schreiben die Autoren. „Damit wird ein langfristiger Schutz vor einer schweren SARS-CoV-2-Infektion gewährleistet, die durch die Omikron-Variante oder zukünftige Varianten verursacht wird.“ Demnach könnten in Zukunft zusätzliche Dosen aktueller, angepasster oder neuartiger COVID-19-Impfstoffe erforderlich sein, um einen hohen Schutz vor schweren Infektionen und einen ausreichenden Impfdruck bei zukünftigen Corona-Infektionswellen aufrechtzuerhalten.
Allerdings wurde die Studie auch von Pfizer finanziert – mehr unabhängige und kontrollierte Studien und serologische Untersuchungen wären daher nötig, um diese Ergebnisse zu bestärken. Im Vergleich: Im Rahmen einer israelischen Studie konnte kein übermäßiger Vorteil durch eine vierte Dosis bei Mitarbeitern des Gesundheitswesens ermittelt werden (wir berichteten). Außerdem waren 56 % der dreifach Geimpften über 65 Jahre alt, wohingegen die Mehrheit der zweifach Geimpften im Alter zwischen 18 und 49 Jahren (53 %) waren.
Dies könnte zu einer zusätzlichen Verzerrung der Ergebnisse führen – zumal die Autoren ihre Daten bei der Durchführung der statistischen Analyse des Impfstatus nicht auf den Faktor Alter konsistent angepasst haben. Des Weiteren galten die Teilnehmer als dreifach geimpft, wenn die dritte Dosis mindestens 21 Tage nach Grundimmunisierung verabreicht wurde – hierzulande empfiehlt die STIKO einen Mindestabstand von 3 Monaten. Möglicherweise könnte das knappe zeitliche Intervall bei einigen Probanden zu einer geringen Entfaltung der Impfwirksamkeit geführt haben.
Insgesamt kann diese Studie nicht als endgültiger Hinweis für eine Viertimpfung gewertet werden. Zumal in den Studien aus Israel nur ein geringfügiger Vorteil nach der vierten Dosis ermittelt wurde, wohingegen in diversen Studien schon ein deutlicher Sprung von der zweiten zur dritten Impfung gegen Hospitalisierungen und schwere Verläufe gezeigt wurde – auch bei Omikron.
Bildquelle: Parang Mehta, Unsplash