Gestern musste ich mich durch einen echten Shitstorm auf Twitter kämpfen. Jemand behauptete, ich sei gar kein Arzt und die Inhalte meines Accounts seien Medienpropaganda. Ein Resümee.
Ich hatte einen spannenden Tag.
Ein älterer Herr warf mir ein schmutziges Stöckchen auf den Weg und behauptete, ich sei gar kein Arzt – und überhaupt schreibe eine Agentur meine Texte.
Es folgte ein Shitstorm erster Güte.
Ich überlegte gemeinsam mit ein paar anderen aus der Medizinerbubble, ob man jetzt über dieses Stöckchen springen sollte oder nicht. Soll man sich auf so was einlassen? Soll ich dem Herrn also beweisen, dass ich wirklich Arzt bin und das verifizieren lassen?
Dagegen spricht ganz klar, dass man den Verwirrten nicht noch mehr Aufmerksamkeit geben sollte, als sie ohnehin schon bekommen haben – #DFTT (Don't feed the troll). Die erwähnte Person wird in der Scientific Community ohnehin nicht mehr ernst genommen. Niemand, der noch ernsthaft forscht, möchte mit ihm in Verbindung gebracht werden. Seine zurechtgeschusterten Tabellen sind ihm schon mehrfach um die Ohren geflogen. Wissenschaftlich gesehen ist er eine Persona non grata. Ein Mann, der Tag für Tag an Bedeutung verliert.
Gegen eine geforderte Verifizierung spricht auch, dass dadurch Druck auf andere entstehen könnte, sich ebenfalls mit Klarnamen zu zeigen.
Auch Ärztinnen oder Ärzte brauchen gelegentlich die Anonymität des Whistleblowers, um ohne Angst vor beruflichen Konsequenzen über Missstände berichten zu können. Im Übrigen glaube ich daran, dass durch das Aufzeigen von Defiziten echte Veränderung geschehen kann, die uns am Ende allen zu Gute kommt.
Für eine Verifizierung spricht: Man kann vielleicht ein paar Zweifler erreichen, die noch nicht komplett verloren sind. Eine Verifizierung des Accounts schafft mehr Transparenz für die – in weiten Teilen unsichtbare – Welt der Notfall- und Intensivmedizin. Man kann damit die eigene Glaubwürdigkeit stärken und weiterem Humbug den Nährboden entziehen.
Ich sprach also mit dem ZDF und einem Anwalt und nun ja, jetzt gibt es eine eidesstattliche Versicherung, dass ich (@narkosedoc) ein in Deutschland approbierter Facharzt bin:
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Wem jetzt der Kommentarfinger zuckt: Wer was anderes behauptet, macht sich strafbar und wer weiß – vielleicht wird das ja nochmal interessant.
Als nächstes wird man anzweifeln, dass meine Berichte vom Alltag und die Patienten darin erfunden sind. Wenn man da anfängt, wo macht man dann weiter?
Soll ich dann Patientenakten kopieren? Sicher nicht.
Jeder und jede, der/die in der Versorgung von Patienten arbeitet, wird Euch bestätigen, dass die Realität viel absurder ist, als wir es uns ausdenken könnten. Von wegen Paulanergarten und so.
Wer an die große Verschwörung glauben will, wird sich auch davon nicht überzeugen lassen. Ich sehe diese Menschen als verloren an. Wir werden uns überlegen müssen, wie wir als Gesellschaft mit Menschen umgehen, die den Diskurs verweigern und komplett in ihren Verschwörungsmythen festhängen. Dieses Misstrauen gegenüber allem und jedem gefährdet unsere Demokratie und das sollten wir ernst nehmen. Aber das ist ein anderes Thema.
Ich bleibe jedenfalls und werde weiter berichten. Wem das nicht passt, der darf gerne weitergehen. Wer bleiben möchte, ist herzlich willkommen.
Ich danke außerdem den vielen, tollen Menschen, die mir auf verschiedenen Kanälen Support geschickt haben. Das war toll!
Eine sehr flauschige, warme Welle.
Dafür von Herzen: Danke! #WirSindMehr
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Bildquelle: John Noonan, unsplash