Gentherapeutische Ansätze bringen frischen Wind in die Behandlung der Sichelzellerkrankung. Darunter auch LentiGlobin, das in einer Zwischenanalyse vielversprechend wirkt.
Die LentiGlobin-Gentherapie ist eine der Ansätze, die zu den Hoffnungsträgern bei der Sichelzellkrankheit (SCD) gehört und derzeit klinisch getestet wird. Dabei werden lenitvirale Vektoren genutzt, um die Insertion eines funktionsfähigen β-Globingens in hämatopoetische Stammzellen zu ermöglichen. Dadurch soll nicht-sichelzellförmiges Hämoglobin, HbAT87Q, produziert werden. Das New England Journal of Medicine hat nun Studie zur biologischen und klinischen Effizienz der Gentherapie veröffentlicht.
Bei den Ergebnissen handelt es sich um die laufende Phase-I/II-HGB-206-Studie. Diese umfasst einen 24-monatigen Nachbeobachtungszeitraum nach Erhalt der Gentherapie, die in eine 13-jährige Nachbeobachtungsstudie einfließt. Die Zwischenanalyse umfasst 35 Patienten, die mit LentiGlobin behandelt wurden. Die Probanden waren zwischen 12 und 50 Jahren alt und hatten eine Sichelzell-Erkrankung mit βS/βS, βS/β0 oder βS/β+ Genotyp. Der primäre Endpunkt der Studie war die vollständige Abheilung schwerer vasookklusiver Ereignisse, die zwischen 6 und 18 Monaten nach der LentiGlobin-Infusion gemessen wurden.
Bis zum Februar 2021 erhielten 35 Probanden eine LentiGlobin-Infusion mit einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 17,3 Monaten. Die Ergebnisse wecken Optimismus: Bei allen Patienten trat eine Regenerationsphase auf. Der mediane Gesamthämoglobinspiegel stieg dabei von 8,5 g pro Deziliter zu Studienbeginn auf 11 g oder mehr pro Deziliter in den 6 bis 36 Monaten nach der Infusion an. Dabei machte HbAT87Q mindestens 40 Prozent des Gesamthämoglobins aus und verteilte sich über einen Durchschnitt von 85 ± 8 Prozent der roten Blutkörperchen.
Unter den 25 auswertbaren Patienten sind alle schweren vasookklusiven Ereignisse zurückgegangen – im Vergleich mit durchschnittlich 3,5 Ereignissen pro Jahr (Bereich: 2,0 bis 13,5) in den zwei Jahren vor Studienaufnahme. Nur drei Patienten vermerkten Nebenwirkungen durch die Therapie, die nicht schwerwiegend ausfielen und bereits 1 Woche nach Auftreten wieder verschwanden. Im Nachbeobachtungszeitraum von 37,6 Monaten konnten die Forscher auch keine Fälle von hämatologischem Krebs beobachten.
Alles in allem führt eine einmalige Behandlung mit LentiGlobin zu einer anhaltenden Produktion von HbAT87Q in den meisten roten Blutkörperchen. Das führt wiederum zu einer verringerten Hämolyse und einer vollständigen Auflösung schwerer vasookklusiver Ereignisse innerhalb des untersuchten Zeitraums.
Limitierend sind die geringe Stichprobengröße sowie ein begrenzter Nachbeobachtungszeitraum und das Fehlen einer Kontrollgruppe. Da es sich aber um eine seltene Erkrankung handelt, ist das Erfassen einer größeren Kohorte schwierig. Auch eine dementsprechende Kontrollgruppe ist ethisch fraglich, da der Einsatz von einem Placebo bzw. die Patienten unbehandelt zu lassen möglicherweise zum Tod führen könnte. Zwar handelt es sich bei den Ergebnissen nur um eine Zwischenanalyse, doch die erste Auswertung zeigt: Die Therapie ist klinisch sicher und effektiv.
Bildquelle: Marcus Löfvenberg, unsplash