Eine Frau will sich gegen Grippe impfen lassen, bekommt aber keinen Termin beim Arzt. Das ist nur eins von vielen Beispielen, in denen wir in Apotheken den Arztpraxen durchaus Arbeit abnehmen könnten.
Wir haben das getan, was viele Ärzteverbände aufs Schärfste kritisieren. Wir haben damit in ihren Augen eine Grenze überschritten. Impfen ist eine rein ärztliche Tätigkeit, die nicht infrage gestellt werden darf. Und doch … haben wir es getan. Und warum? Weil wir helfen möchten. Doch, lasst mich am Anfang beginnen.
Wir leben hier in einer der Modellregionen, im denen sich AOK Patienten – wenn sie das gerne tun möchten – in dafür qualifizierten Apotheken gegen die saisonale Grippe impfen lassen dürfen. Das ist ein Glück für den ein- oder anderen, dem man in der Arztpraxis nicht weiterhelfen kann. Bei uns sind sowohl eine Kollegin als auch unser Chef in dieser Hinsicht weitergebildet, und willens und bereit dafür, ihr Wissen auch praktisch umzusetzen.
In unserem Fall erreichte uns letzten Donnerstag ein Anruf einer jungen Frau, die von ihrer Firma aus unvermittelt nach Italien geordert wurde, um dort für die nächsten vier Monate ein Projekt zu betreuen. Sie wollte sich vorher sicherheitshalber in Deutschland gegen die Grippe impfen lassen, nur fand sie keine Arztpraxis die dazu bereit war, das zu tun. Der Grund: Sie hat keinen festen Hausarzt zu dem sie immer geht, und die anderen Ärzte, die sie telefonisch erreichen konnte, hatten entweder noch keinen Impfstoff für ihre Praxis erhalten oder wollten ihn für ihre Stammpatienten aufsparen.
Als sie dann bei uns anrief, und wir ihr sagen konnten, dass sie in 40 Minuten vorbeikommen kann, war sie überglücklich. Die Impfung selbst nahm unser Chef ganz routiniert in unserem Beratungsraum vor. Sie verlief völlig unspektakulär. Wir haben damit keinem Arzt einen Patienten weggenommen, aber ganz niederschwellig agieren können und haben damit eine Person glücklich gemacht, die jetzt deutlich entspannter ins Ausland fahren kann.
Ist es die Aufregung wirklich wert, dass die Ärzte gegen die Apotheker Sturm laufen? Ist es der Untergang des Abendlandes, wenn wir dazu beitragen, die beschämend niedrige Impfquote zu erhöhen?
Ist es nicht im Gegenteil so, dass wir deutlich mehr Menschen während unserer Beratung erreichen können, als viele Ärzte, deren Zeit deutlich begrenzter ist? Mich hat außer einer einzigen Ärztin noch nie ein Arzt von sich aus darauf angesprochen, dass ich mich impfen lassen sollte.
Wenn die Ärzte also so wild darauf sind, hier das Heft in der Hand zu behalten, dann hätten sie in der Vergangenheit mehr dafür tun müssen. Ich denke, es gibt einen triftigen Grund dafür, dass die Politik die Apotheken mit ins Boot geholt hat.
Wir wollen nichts wegnehmen, wir wollen helfen und unterstützen. Und das ist auch gut so.
Zum Thema Grippeimpfung allgemein bin ich gespannt, ob es wieder so schlimm bei uns werden wird, wie im vergangenen Jahr, als manche Menschen sich ihre Impfung „erkaufen“ wollten. Aber das ist ein anderes Thema.
Bildquelle: Ben White, Unsplash