Auch unter den COVID-19-Infizierten stechen einzelne heraus. Welchen besonderen Einfluss diese Personen haben und was sie als Überträger auszeichnet, zeigt eine aktuelle Studie.
Immer wieder ist die Rede von sogenannten Superspreadern. Dabei handelt es sich um einzelne infizierte Personen, die für eine überproportionalen Menge an COVID-19-Übertragung verantwortlich sind. Amerikanische Forscher haben sich in einer aktuellen Studie mit der Dynamik dieser Transmission auseinandergesetzt.
Die Forscher erfassten in ihrer Studie vom Herbst 2020 bis Frühjahr 2021 bei 60 Probanden die frühe Dynamik einer milden asymptomatischen SARS-Co-V-2-Infektionen. Das Durchschnittsalter betrug 28 Jahre, wobei alle Probanden an der University of Illinois tätig waren. Dazu wurden über 14 Tage hinweg täglich Messungen der viralen RNA-Ausscheidung sowie der infektiösen Virusausscheidung entnommen und mittels RT-qPCR ausgewertet. Dies erfolgte über Abstriche der mittleren Nasenmuschel und Speichelprobe sowie Abstriche ab der Mitte des Nasenmuschelbereichs. Um die Dynamik auf individueller Ebene zu erfassen, wurden die Ct-/Cn-Werte der Speichel- und Nasenproben erfasst. Zusätzlich wurde die direkte Ausscheidungsdynamik untersucht, wobei nur gezielt zwischen der Alpha-Variante und Nicht-Alpha-Varianten unterschieden wurde.
Die Forschungsergebnisse zeigten erhebliche Variationen bei der Ausscheidung infektiöser Viren von Person zu Person. Laut Autoren unterstreiche dies die Rolle der Superspreader bei der Übertragung von SARS-CoV-2-Infektionen in größeren Gruppen. Zudem wurden signifikante individuelle Unterschiede in der Dauer der Virusausscheidung, in der Clearance-Kinetik und in den zeitlichen Verhältnissen zwischen Ausscheidungen im Nasen- und Speichelbereich erfasst.
Leichte Symptome wie Muskelschmerzen, laufende Nasen und Halskratzen wurden signifikant häufiger an Tagen gemeldet, an denen die Teilnehmer positiv getestet wurden. Dies deute darauf hin, dass diese spezifischen Symptome als potenzielle Indikatoren für den Infektionsstatus dienen könnten, schreiben die Forscher.
Eine Diskrepanz in der viralen Dynamik zwischen Nasen- und Speichelproben wurde ebenfalls erfasst: So erreichte die Virusgenomausscheidung bei 41 Probanden in den Speichelproben einen Tag früher ihren Höhepunkt als in den Nasenproben. Die Autoren weisen darauf hin, dass dies wahrscheinlich mit einer starken Kompartimentierung der Nasen- und Mundhöhle zusammenhängt. Speichel könne sich demnach vorteilhafter als Probennahmenstelle für die Früherkennung einer Infektion erweisen.
Auch die virale Clearance unterschied sich signifikant zwischen Nasen- und Speichelproben, wobei die virale Genomlast in den nasalen Proben nach Erreichen des Höhepunktes schneller abnahm als in den Speichelproben. Auch die individuelle Infektiosität war sehr variabel. So wurde ein mehr als 30-facher Unterschied zwischen der höchsten und niedrigsten geschätzten Infektiosität erfasst.
Die Forscher untersuchten ebenfalls die Ausscheidungsdynamik zwischen der Alpha-Variante und den Nicht-Alpha-Varianten, um festzustellen, ob signifikante Unterschiede die erhöhte Übertragbarkeit von Alpha erklären könnten.
Die Untersuchungen zeigten jedoch keinen signifikanten Unterschied in der Virusgenom-Ausscheidung zwischen den 15 Personen, die mit Alpha infiziert waren und den anderen Probanden. Auch kein Unterschied in der Gesamtinfektiosität konnte zwischen den beiden Gruppen ermittelt werden. Die Analyse der Speichelproben zeigte jedoch einen langsameren Anstieg der Viruslast vor Erreichen des Höhepunkts für Alpha als für Nicht-Alpha-Varianten.
„Diese Ergebnisse liefern das erste hochauflösende, multiparametrische empirische Profil einer akuten SARS-CoV-2-Infektion beim Menschen und implizieren eine individuelle Variation der infektiösen Virusausscheidung für die treibenden Muster der epidemiologischen Ausbreitung der Pandemie“, heißt es in der Publikation. Dies bestärkt auch weitere Studien zu der Rolle der Superspreader innerhalb der COVID-19-Pandemie, über die wir unter anderem schon berichtet haben.
Jedoch muss auch hier gesagt werden, dass die Probandengröße mit 60 Teilnehmern nicht besonders groß ist. Auch waren nur 15 Probanden mit der Alpha-Variante infiziert, weswegen die Gewichtung bei der Unterteilung zwischen Alpha-Infizierten und nicht-Alpha-Infizierten zu sehr in eine Richtung fiel.
Insgesamt liefern die Daten einen Einblick in die virale Dynamik der SARS-CoV-2-Infektion beim Menschen und implizieren sowohl die Heterogenität auf individueller Ebene bei der Virusausscheidung als auch eine kritische Rolle des oralen Kompartiments bei der Übertragung, schließen die Autoren.
Bildquelle: Braydon Anderson, unsplash