Manche Länder unterbrechen das Impfen gegen COVID-19 mit dem Präparat von AstraZeneca. Experten kritisieren diesen Schritt. Die Geschehnisse im Überblick.
Nach der Corona-Impfung mit dem Präparat von AstraZeneca wurden vereinzelt Fälle von Thrombosen registriert. Der dänischen Gesundheitsbehörde liegen Berichte über „schwere Fälle der Bildung von Blutgerinnseln“ vor. Dabei gehe es auch um einen Todesfall einer Krankenschwester in Österreich, die kurz nach der Impfung verstorben war. Auch in Dänemark selbst ist eine Person an einem Blutgerinnsel gestorben, die zuvor mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft wurde.
„Die Entscheidung verursacht wahrscheinlich mehr Schaden, als dass sie potenzielle Impfkomplikationen verhindert, von denen wir derzeit nicht einmal wissen, ob es überhaupt Impfkomplikationen sind“, sagt zum Beispiel Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene der Universität Jena. Er erinnert daran, dass bei schwerkranken COVID-19-Patienten Blutgerinnsel sehr häufig vorkämen. Auch bei einer COVID-19-Infektion besteht also das Risiko, durch thrombotische Ereignisse zu versterben.
Prof. Dr. Clemens Wendtner von der Infektiologie und Tropenmedizin der München Klinik Schwabing erläutert, dass sich venöse Thrombosen unabhängig von COVID-19 mit einer jährlichen Inzidenz von etwa 1 pro 1000 Erwachsenen ereignen. Sie sind also relativ häufig, weit häufiger als die 30 pro 5 Millionen, die jetzt als potenzielle Impffolge beschrieben wurden: „In Deutschland gibt es jährlich 100.000 Todesfälle aufgrund von thromboembolischen Ereignissen, diese stellen derzeit die dritthäufigste Todesursache dar“, so Wendtner.
Im Vereinigten Königreich, wo man mit der Verimpfung des Präparats schon weit fortgeschritten ist, melden sich ebenfalls Experten zu Wort. „Den Einsatz zu unterbrechen, ist nicht evidenzbasiert“, sagt etwa Stephen Evans, Professor of Pharmacoepidemiology an der London School of Hygiene & Tropical Medicine. „Es ist nicht bekannt, ob es nicht-wissenschaftliche Gründe für diese Maßnahmen mancher EU-Länder gibt“, ergänzt Evans. Er spielt damit wohl auf die in der angloamerikanischen Welt diagnostizierte und dort als sehr irrational angesehene „AstraZeneca-Skepsis“ in der EU an.
„Es wurden bisher mehr als 11 Millionen Dosen des Astra-Zeneca-Vakzins im Vereinigten Königreich verabreicht und es wurde nicht auffällig mehr über Todesfälle oder Blutgerinnsel unter den Geimpften berichtet im Vergleich zur erwarteten Rate in der Bevölkerung“, fasst Anthony Harnden vom Joint Committee on Vaccination and Immunisation zusammen.
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