Novavax stellt erste Ergebnisse seiner Impfstudie vor. Wie bei Johnson & Johnson war auch hier die Wirksamkeit gegenüber den neuen Varianten beeinträchtigt.
Seit kurzem liegen Interimsergebnisse zu NVX-CoV2373 aus der noch nicht veröffentlichten Phase-III-Studie vor, die im Vereinigten Königreich durchgeführt wird. Auch im Hinblick auf die Südafrika-Variante B.1.351 hat Novavax Vorab-Daten einer Phase-2b-Studie in Südafrika geliefert.
Bei NVX-CoV2373 handelt es sich um einen proteinbasierten Impfstoff gegen COVID-19, der auf Basis der genetischen Sequenz von SARS-CoV-2 entwickelt wurde und Antigene aus dem Coronavirus-Spikeprotein nutzt. Dabei setzte man auf eine Nanopartikel-Technologie. Als Zusatz diente das von Novavax patentierte saponinbasierte Matrix-M, das die Immunantwort stärken und die Produktion neutralisierender Antikörper anfachen soll.
Der Impfstoff hat laut Hersteller den primären Endpunkt erreicht und weist in der Phase-III-Studie in Großbritannien eine Wirksamkeit von 89,3 Prozent auf. Untersucht wurde das Vakzin in einem Zeitraum hoher Übertragungszahlen und einer sich ausbreitenden UK-Virusvariante. Das erklärt wohl auch die sehr schnelle Rekrutierung.
An der Studie nahmen über 15.000 Probanden im Alter von 18 bis 84 Jahren teil, davon waren 27 % der Personen älter als 65. Als primärer Endpunkt wurde eine durch PCR bestätigte, symptomatische - leicht, moderat oder schwer symptomatisch - COVID-19-Erkrankung definiert.
Die erste Interim-Analyse basiert auf 62 Fällen, von denen 56 Fälle einer COVID-19-Erkrankung in der Placebo-Gruppe und 6 Fälle in der NVX-CoV2373-Gruppe beobachtet wurden. Die Punktschätzung des Impfschutzes liegt also bei 89,3 % [95 % CI: 75.2 – 95.4]. Von den 62 Fällen waren 61 leichte bis moderate Erkrankungen, nur eine (in der Placebogruppe) war schwer.
Die Ergebnisse der Sequenzierung zeigen, dass die UK-Variante in über 50 % der Fälle der PCR-bestätigten symptomatischen COVID-Fälle vorlag (32: UK-Variante, 24: ursprüngliche Variante, 6: unbekannt).
Bei der ursprünglichen Variante schlug das Vakzin ähnlich wie die mRNA-Impfstoffe zu 95,6 % an. Bei der UK-Variante lag die Schutzwirkung bei 85,6 %, bei der Südafrika-Variante nur noch bei 60 Prozent. Ein Vorab-Review der Sicherheitsdaten zeigte nur ein seltenes Auftreten von Nebenwirkungen, das in der Placebo- und Wirkstoff-Gruppe ausgeglichen war.
Nun zum klinischen Südafrika-Phase-2b-Trial. Untersucht wurden 4.400 Patienten von August 2020 an bis Mitte Januar 2021. In diesem Zeitraum verbreiteten sich in Südafrika eine neue Virus-Variante. Bisher sind Vorab-Sequenzierungs-Daten zu 27 von 44 COVID-19-Erkrankungen verfügbar. Davon enthielten 92,6 % (25 von 27 Fällen) die Südafrika-Variante.
Hier beobachteten die Forscher einen Impfschutz von 60,1% Prozent [95 % CI: 19.9 – 80.1] bei jenen 4160 Studienteilnehmern, die keine HIV-Infektion hatten. Wenn eine HIV-Infektion vorliegt, scheint die Schutzwirkung des Vakzins also deutlich eingeschränkt zu sein. 29 COVID-Fälle gab es in der Placebo-Gruppe, 15 in der Impfstoff-Gruppe. In der Placebo-Gruppe kam es zu einer schweren Erkrankung, alle anderen Verläufe waren leicht oder moderat. Auch in dieser Studie wurde der primäre Endpunkt erreicht [Gesamteffektivität unter Einschluss aller Studienteilmnehmer unabhängig vom HIV-Status 49,4 %; 95 % CI: 6.1 – 72.8].
Wie Moderna arbeitet auch Novavax seit kurzem an adaptierten Impfstoffen, die robuster gegen sich entwickelnde Varianten wirken sollen.
In den nächsten Tagen sollen Kandidaten ausgewählt werden, die sich als Booster und/oder bivalentes Vakzin eignen. Klinische Tests sollen im zweiten Quartal folgen.
Reinfektionen sind bereits seit längerem ein Thema, so auch hier in dieser Studie. Das primäre Ergebnis zur Wirksamkeit in der Südafrika-Studie bezieht sich auf Probanden, die noch kein COVID-19 hatten. Bei einem Drittel der untersuchten Patienten war das aber der Fall. Dieses Drittel war nicht Teil der obigen Analyse. Die Erstinfektionen fanden wahrscheinlich überwiegend zu einem Zeitpunkt statt, als noch die ursprüngliche Virusvariante in Südafrika dominierte.
Auch in dieser Subgruppe gab es einige Infektionen, und auch hier ließ sich ein Schutzeffekt der Impfung nachweisen. Dass es in dieser Subgruppe aber überhaupt Infektionen gab, ist schon eine Nachricht an sich: „Diese Daten legen nahe, dass eine vorhergehende Infektion mit SARS-CoV-2 womöglich keinen kompletten Schutz vor einer darauffolgenden Infektion mit der Südafrika-Escape-Variante bietet. Trotzdem war die Schutzwirkung von NVX-CoV2373 signifikant“, heißt es im offiziellen Pressebericht. Ganz neu ist das nicht: Es gibt mittlerweile Dutzende berichtete über gut dokumentierte Re-Infektionen mit der Südarika-Variante. Dies scheint bei dieser Variante deutlich häufiger vorzukommen als bei der B117-Variante.
„Das ist der erste COVID-19-Impfstoff, für den wir nun objektive Evidenz einer Schutzwirkung vor der in Südafrika dominierenden Variante haben“, sagt Professor Shabir Maddi, Executive Director der Vaccines and Infectious Diseases Analytics Research Unit (VIDA) at Wits und Forschungsleiter der Studie.
Unabhängig von den Ergebnissen zeigt der Novavax-Impfstoff einmal mehr, dass die Briten beim Thema Impfstoff vorn dran sind. Nicht nur wurde die Phase-III-Studie sehr zügig durchgeführt. Auch der Notfallzulassungsprozess für den Impfstoffkandidaten wurde praktisch sofort gestartet.
„Gute Nachrichten zum Novavax-Impfstoff, dessen Schutzwirkung in UK-Trials bestätigt werden konnte. Unsere medizinischen Behörden werden nun das Vakzin bewerten. Sofern es zugelassen wird, sind 60 Millionen Dosen bestellt“, twittere Prime Minister Boris Johnson gestern Abend.
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