Ist die multimediale Diskussion z.B. in „Handelsblatt“ und „BILD“ um den gegen SARS-CoV-2-Infektionen bzw. COVID-19- Erkrankungen gerichteten AstraZeneca Impfstoff AZD1222 mit einer angeblichen Wirksamkeit von lediglich 8 Prozent bei der Senioren-Zielgruppe nur Zahlenverdrehung oder echtes biostatistisches Fehlverhalten?
Um die Kritik am AstraZeneca Corona-Impfstoff zu verstehen, muss man/frau einen Blick in die extrem schlampig gemachte Studie der University of Oxford und von AstraZeneca als Zulassungsstudie werfen:
'Public Assessment Report Authorisation for Temporary Supply COVID-19 Vaccine AstraZeneca, solution for injection in multidose container COVID-19 Vaccine (ChAdOx1-S [recombinant])' des Department of Health and Social Care (DHSC) AstraZeneca AB" durch das MHRA (Medicines & Health Care products Regulatory Agency) in Großbritannien (GB) belegt, dass nur 8,4 Prozent der Probanden 56 bis 69 Jahre alt und weitere 3,8 Prozent 70 Jahre oder älter waren. Damit kann dieser Impfstoff nicht nur aus wissenschafts- und erkenntnistheoretischen Gründen für die derzeitig in Deutschland ab 80-jährigen Impflinge und demnächst ab 70-jährigen guten Gewissens keineswegs vorbehaltlos empfohlen werden. Bei einem Medianwert von 40 Jahren der Impfprobanden ist auch die Frage erlaubt, welches denn die eigentliche Zielgruppe des an der Universität Oxford/GB entwickelten AstraZeneca Impfstoffs AZD1222 sein sollte?
"The age in the primary analysis population ranged from 18 to 88 years, with a median of 40 years; 88% of the population were adults between 18 and 55 years of age, 8% between 55 and 69 years, and 4% = 70 years. The population included a majority of female subjects (61%) and a vast majority of White subjects (83%) with 4% of Asian and 4% of Black people. The proportion of subjects with comorbidities was substantial (36%): obesity (20%); cardiovascular disease (11%), mainly hypertension (5%); respiratory disease (12%), mainly asthma (8%); and diabetes (2%)..."
Die Effektivität der Vaccine (vaccine efficacy VE) lag bei 70,4% ["Primary efficacy endpoint - Out of the 131 COVID-19 cases, 30 were reported in the vaccine group and 101 in theplacebo group. The point estimate for VE was 70.4% with a 95.84% confidence intervalranging from 54.8 to 80.6%.]
Aktuell wird von einer Vakzine Effektivität von lediglich 59,5% ausgegangen: Kombinierte Ergebnisse aus 4 klinischen Studien. Eingeschlossen wurden 23.848 Personen aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika. Sie erhielten 1:1 randomisiert den COVID-19-Impfstoff oder Placebo beziehungsweise eine andere Vakzine. Die meisten Probanden waren zwischen 18 und 55 Jahre alt. Da vom Impfstoff 2 Standarddosen verabreicht werden und die 2. Dosis 4 bis 12 Wochen nach der 1. Dosis zu spritzen ist, konzentrierte sich die EMA auf Ergebnisse mit Personen, die dieses Standardschema erhielten. In dieser Gruppe kam es zu einer 59,5-prozentigen Verringerung der Zahl symptomatischer COVID-19-Fälle. Unter Verum erkrankten 64 von 5.258 Personen, unter Placebo 154 von 5.210 Teilnehmern.
Wegen der extrem niedrigen Teilnehmerzahl Hochbetagter ist die Aussagekraft der Studie für ältere Impflinge gegenüber konkurrierenden Zulassungsstudien bezüglich der Vakzine-Effektivität sehr kritisch.
Daran ändert auch der hochtrabende Lancet Titel "Safety and efficacy of the ChAdOx1 nCoV-19 vaccine (AZD1222) against SARS-CoV-2: an interim analysis of four randomised controlled trials in Brazil, South Africa, and the UK" Lancet 2021; 397: 99–111 von Merryn Voysey et al. mit äußerst magerer "interpretation" nichts. Die Schlussfolgerungen im Abstract sind demnach gar keine, sondern nur windelweiche, unverbindliche Interpretationen:
Ausdrücklich betonen möchte ich, dass mein DocCheckBlog-Beitrag, an dem ich schon seit fast 1 Woche sitze, keinerlei Kritik an der bisher hervorragenden Berichterstattung auf DocCheck News ist, sondern nur Ergänzungen/Aktualisierungen darstellt.
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/31392-astrazeneca-die-8-prozent-debatte?https://www.doccheck.com/de/detail/articles/31099-astrazeneca-vakzin-das-kann-der-hausarzt-impfstoff?
Aktuell gibt es einen Riesenkrach mit Verstimmungen, schmollender Betroffenheitslyrik und diplomatischen Querelen seitens der EU und AstraZeneca, Zulassungs- und Genehmigungsbehörden, BREXIT-GB und Brüssel, Bundesgesundheitsministerium und angeblich versprochenen, vertraglich vereinbarten Impfstoff Liefermengen usw. usf.
Also eher kein Trauerspiel, sondern ein dilettantisches Laienschauspiel!
Aus STIKO-Quellen (Ständige Impfkomission beim Robert-Koch-Institut RKI) weiß ich, dass man sich dort und auch beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) wegen der behaupteten 8% sehr verwundert hat. Denn es gibt gar keine Berechnungen oder Modellierungen, die sich auf eine Wirksamkeit von 8% oder „unter 10%“ beziehen könnten, heißt es dort.
Allerdings wird die nächste STIKO-Empfehlung wegen der besonderen Dateninkonsistenz, die Zulassungsstudien zu AZD1222 sind einfach zu schlampig gemacht, eine Impfempfehlung lediglich für 18- bis 65-Jährige aussprechen. Diese Empfehlung soll nächste Woche veröffentlicht werden. Damit relativiert sich das öffentlich ausgetragenen Hickhack um vertraglich zugesagte, verbindliche Liefermengen, über die AstraZeneca offenbar gar nicht verfügen kann, weil es angeblich in ihrer belgischen Produktionsstätte technische und logistische Probleme gibt.
Screenshots Dr. Schätzler
Aktuellste Quellen:
https://www.gmx.net/magazine/news/coronavirus/diskussionen-astrazeneca-impfstoff-senioren-wirkungslos-35474162
Zum Stand der aktuellen Auseinandersetzungen zwischen AstraZeneca und der EU: "Impfstreit zwischen der EU und Astra-Zeneca eskaliert. Vakzin-Streit mit AstraZeneca - EU besteht auf Einhaltung des Vertrages. Hat das britische Unternehmen der EU feste Lieferzusagen gemacht? Der Chef streitet dies ab. Ein Krisengespräch lieferte keine Lösung. Zuvor appellierte Kommissarin Kyriakides an das Unternehmen: „Wir verlieren jeden Tag Menschen.“ Der Konflikt zwischen der EU-Kommission und dem schwedisch-britischen Impfstoffhersteller Astra-Zeneca (AZ) wegen dessen absehbaren Impfstoff-Lieferausfällen droht zur juristischen Schlammschlacht zu werden. Wegen der unterschiedlichen Interpretationen des Liefervertrags der beiden Parteien wurde eine Krisensitzung zur Beruhigung des Streits am Mittwoch mehrmals abgesagt und zum Schluss wieder angesetzt. Einen Kompromiss lieferte das Treffen jedoch nicht..." https://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/corona-impfstoff-streit-zwischen-eu-und-astra-zeneca-eskaliert-17167990.html