Die Vasektomie gilt als sichere Verhütungsmethode und ist inzwischen ein unkomplizierter Eingriff. Warum sie trotzdem wohl überlegt sein sollte, welche neuen Verfahren es gibt und wie es mit der Refertilisierung aussieht, erklärt Urologin Ellen Ernst.
Die Vasektomie ist die sicherste Verhütungsmethode, um eine ungewollte Schwangerschaft zu vermeiden und hat einen Pearl-Index von 0,1. Sie schützt die Frau aber natürlich nicht vor Schwangerschaften durch weitere Partner. Andererseits fragen auch durchaus Männer mit Partnerinnen in der Menopause Vasektomien an (hier wäre dann ein Zwinkersmiley angebracht).
In Deutschland werden jährlich 30.000–50.000 Vasektomien durchgeführt, ca. 2 Prozent der Paare entscheiden sich für diese Verhütungsmethode, weltweit sind es etwa 5 Prozent. Und obwohl die Methode eine definitive Lösung darstellt und als solche auch vermittelt werden sollte, wünschen sich im Verlauf des weiteren Lebens rund 6 Prozent der Männer für eine Refertilisierung. Hier ist oft eine neue Partnerschaft ausschlaggebend, aber auch ein Postvasektomie-Schmerzsyndrom oder der Tod eines Kindes können zu diesem Wunsch führen.
Die Operation kann in Lokalanästhesie erfolgen, bei voroperierten und ängstlichen Patienten oder Männern mit einem hochskrotal gelegenen Hoden sind die Sedoanalgesie oder eine kurze Narkose gute Alternativen.
Der Eingriff erfolgt über einen Zugang am Skrotum; meist werden zwei kleine Schnitte rechts und links gesetzt. Manche Operateure bevorzugen nur einen, dann medialen Zugang. Nachdem der Operateur sich den Samenleiter ertastet und in eine günstige Position gebracht hat, wird dieser angeklemmt, aus der Wunde luxiert und freipräpariert. Dann erfolgt das Setzen von zwei Klemmchen an den zukünftigen Enden des Samenleiters und die Resektion von mindestens 1 cm Samenleiter zwischen den Klemmchen. Oft werden beide Enden des Samenleiters ligiert und koaguliert, um eine Rekanalisierung zu vermeiden.
Es gibt aber auch eine Variante, in welcher der hodennahe Anteil offengelassen wird, damit es nicht zu einem Rückstau in den Nebenhoden kommt. Hierbei wird der harnröhrennahe Anteil zumeist noch mit einem zusätzlichen Titanclip gesichert. Manche Operateure interponieren Gewebe zwischen beide Enden der Samenleiter oder positionieren diese im Skrotum in gegensätzliche Richtungen. Zuletzt erfolgt, falls notwendig, eine Blutstillung und eine Hautnaht mit resorbierbaren Fäden. Die andere Seite wird entsprechend operiert. Die entnommenen Ductusanteile werden häufig – aus juristischen Gründen – zur histologischen Begutachtung eingesandt.
Eine zunehmend nachgefragte Methode ist die no-scalpel-vasectomy. (Non-Skalpell-Vasektomie). Hierbei wird, statt einem Schnitt, die Haut mit einer spitzen gebogenen Moskitoklemme eröffnet und der Ductus mit einer Ringklemme hervorluxiert. Die weiteren Schritte entsprechen den vorher beschriebenen. Auf eine Hautnaht kann verzichtet werden.
Die unterschiedlichen Variationen können auf diversen Videos angeschaut werden. Allen ist jedoch gemein, dass der Samenleiter durch eine Eröffnung der Haut luxiert und ein Stück entnommen wird. Keine Methode hat bisher ihre Überlegenheit bewiesen, die no-scalpel-vasectomy wird jedoch als weniger traumatisch beschrieben.
Postoperativ können leichte Wundschmerzen oder Schmerzen im Hoden auftreten. Schwerwiegende Komplikationen sind selten, es kann jedoch in 2 Prozent der Fälle zu einer Hämatombildung und in 3–4 Prozent zu einer Wundinfektion kommen. Nebenhodenentzündungen, Abszessbildungen, Verletzung der Hodengefäße bis zur Hodenatrophie oder dem Verlust des Hodens sind sehr selten.
Relativ häufig, aber meistens nicht störend, sind Spermagranulome. Die kleinen, gutartigen Knötchen bilden sich durch den Austritt von Samenzellen ins Gewebe. Zusätzlich können Spermatozelen auftreten. Diese entstehen durch zystische Erweiterungen der Samenkanälchen.
Als weitere schwerwiegende Folge der Vasektomie kann das Postvasektomie-Schmerzsyndrom (0,4–6 Prozent) auftreten. Hierbei treten langanhaltend drückende oder ziehende Schmerzen in der Leistengegend und/oder dem Hodenbereich auf, die nur schwer zu therapieren sind und im schlimmsten Fall lebenslang andauern. Die Ätiologie ist unklar, vermutet werden chronisch entzündliche Vorgänge im Nebenhoden durch Stauungsvorgänge oder neuralgische Ursachen. Die Therapieoptionen reichen dann von Samenstranginfiltrationen mit Lokalanästhetika über mikrochirurgische Neurolysen bis zur mikrochirurgischen Refertilisierung.
Seit Jahren wird diskutiert, ob eine Vasektomie die Wahrscheinlichkeit, ein Prostatakarzinom zu entwickeln, erhöht. Neue Nahrung hat die Diskussion durch eine dänische Kohorten-Studie bekommen, die über 2 Millionen Männer untersucht hat und ein leicht erhöhtes Risiko (15 Prozent) fand, 10 Jahre nach Vasektomie ein Prostatakarzinom zu entwickeln.
Obwohl die Vasektomie eine sichere Verhütungsmethode ist, wird ein Versagen der Vasektomie (mit der Notwendigkeit einer erneuten Operation) in bis zu 2 Prozent der Fälle beschrieben, eine spätere Rekanalisierung in 0,03–1,2 Prozent. Daher muss der Erfolg der Operation mittels Spermiogramm kontrolliert werden.
Während die Leitlinie der EAU 2012 (inzwischen abgelaufen) nur ein Spermiogramm mit < 100.000 immotilen Spermien im Ejakulat als Kontrolle fordert, wird in Deutschland (nach WHO-Standard von 2010) erst nach zweimaliger Azoospermie der Geschlechtsverkehr ohne weitere Verhütung empfohlen. Die erste Kontrolle sollte nach 6–8 Wochen, frühstens jedoch nach 15–20 Ejakulationen erfolgen. Das Ejakulat wird dann 15 Minuten bei 3.000 G geschleudert und sollte eine Azoospermie zeigen.
Die zweite Kontrolle ist erst nach 4 Monaten empfehlenswert, da der Häufigkeitsgipfel für eine frühe Rekanalisation nach 3–4 Monaten liegt. Wenn noch bewegliche Spermatozoen im Ejakulat nachweisbar sind, muss über eine Revisionsoperation entschieden werden.
Typische Fragen der Patienten zur Vasektomie betreffen zum Beispiel die Arbeitsfähigkeit und sportliche Aktivitäten nach der Operation: Bei einem Schreibtischjob kann am Folgetag gearbeitet werden, ansonsten gilt die Empfehlung zur körperlichen Schonung für einige Tage. Nach der Operation ändert sich die Menge des Spermas kaum, da lediglich 5–10 Prozent des Spermas aus dem Nebenhoden kommen.
Da auch nach der Vasektomie weiter Samenzellen im Hoden gebildet werden, wollen viele Patienten wissen, was mit diesen Spermien passiert. Nach der Produktion werden sie im Nebenhoden wieder abgebaut. Das im Hoden gebildete Testosteron wird direkt ins Blut abgegeben, daher führt die komplikationslose Vasektomie nicht zu einem Sinken des Testosteronspiegels. Eine postoperativ auftretende Störung der Potenz oder Ejakulation ist nicht Folge der chirurgischen Intervention, aber psychische Ursachen sind möglich.
Die Beratung zur Sterilisation wird von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, der Eingriff selbst – als reine Verhütungsmethode – wird weder von gesetzlichen noch von privaten Krankenkassen erstattet. Die Gesamtkosten für den Patienten (Eingriff, histologische Untersuchung des Samenleiters, Narkose und postoperative Ejakulatkontrollen) belaufen sich auf ca. 600–1.000 Euro.
Auch wenn die operative Refertilisierung möglich ist, sollte der Eingriff nur durchgeführt werden, wenn dem Mann zum Zeitpunkt der Vasektomie an einer endgültigen Unfruchtbarkeit gelegen ist. Die mikrochirurgische Vasovasostomie hat Durchgangsraten bis 85 Prozent, die Schwangerschaftsraten sind auch abhängig von der Dauer der Samenleiterobstruktion, sodass eine erneute Fertilität nicht garantiert werden kann. Durch die Obstruktion bedingte Umbauvorgänge im Nebenhoden werden für die Differenz der Durchgängigkeitsraten und der Schwangerschaftsraten verantwortlich gemacht.
Die Sterilisation von nicht einwilligungsfähigen betreuten Personen ist in § 1905 BGB geregelt und muss von einem Betreuungsgericht genehmigt werden, während die Sterilisation von Minderjährigen in Deutschland immer verboten ist (§ 1631 c BGB).
Patienten sollten niemals zur Vasektomie überredet werden. Von Partnerinnen geschickte, nicht vom Eingriff selbst überzeugte Männer sind denkbar schlechte Kandidaten mit einer höheren Rate an postoperativen Beschwerden, während ein Mann, der vom Eingriff überzeugt ist, diesen als echte Befreiung erleben kann.
Quellen:
Bildquelle: Dainis Graveris, Unsplash