Pädiatrische Fallberichte, die eine Verbindung zwischen Kawasaki-Syndrom und COVID-19 nahelegen, haben in der Bevölkerung Unsicherheit ausgelöst. Jetzt liegt eine offizielle Risikoabschätzung vor.
Mehrere von COVID-19 betroffene Länder haben kürzlich über spezielle Corona-Fälle bei Kindern berichtet. Die Patienten wurden aufgrund einer MIS-C bzw. PIMS-TS auf der Intensivstation behandelt. Die Abkürzungen stehen für „multi-system inflammatory disease in children“, bzw. „paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2 infection“. In einem Pressebericht gibt nun das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) eine erste Risikoabschätzung ab.
Bei den Symptomen handelt es sich um einen Mix aus jenen, die typisch für das Kawasaki-Syndrom sind und Symptomen, die beim toxischen Schock-Syndrom auftreten. Die Rede ist von Fieber, abdominellen Schmerzen und kardialen Beschwerden. Ein Teil der behandelten Kinder wurde entweder anhand von PCR oder serologisch positiv auf SARS-CoV-2 getestet, weshalb es zu einer Assoziation mit dem Coronavirus kam.
Sowohl im Lancet als auch auf dem Preprint-Server MedRxiv wurden Arbeiten von Lucio Verdoni et al. und Qifang Bi et al. veröffentlicht, in denen die erwähnten Symptome bei Kindern beobachtet wurden. In der zweiten Publikation wurden fast 400 Infizierte und ihre beinahe 1.300 Kontakte analysiert. Zwar sei das Infektionsrisiko für das Coronavirus bei Kindern ähnlich wie bei Erwachsenen, doch die Entwicklung schwerer Symptome sei deutlich weniger wahrscheinlich, so die Autoren. In den Ausnahmefällen, in denen auch Kinder kritisch-krank an COVID-19 erkrankten, sei es aber zu Symptomen gekommen, die an das Kawasaki-Syndrom erinnerten.
Das Kawasaki-Syndrom ist eine fieberhafte Erkrankung bei Kindern. Sie kann zu lebensgefährlichen kardialen Komplikationen führen. Zu den Symptomen zählen: Im Verlauf der Erkrankung kommt es an Händen und Füßen zur Rötung und Schwellung, die in der Folge unter Schuppung an Zehen und Fingern abheilt. Entzündliche Veränderungen können innere Organe und Gelenke mitbetreffen und entsprechende Symptome verursachen. Zusätzlich kann es zu einer Vielzahl von Nebensymptomen kommen, nicht alle Symptome treten konstant auf. Die Inzidenz liegt bei 9/100.000 Kindern kaukasischer Herkunft unter 5 Jahren. „Im vergangenen Monat fanden wir eine dreißigfach erhöhte Inzidenz der kawasaki-ähnlichen Erkrankung vor“, heißt es im Fazit der Lancet-Studie.
Jetzt hat das ECDC Stellung zu den Fällen genommen. Ihm zufolge gibt es insgesamt etwa 230 Verdachtsfälle für MIS-C, die in EU- und EEA-Ländern sowie dem Vereinigten Königreich gemeldet wurden. Darunter befinden sich zwei Todesfälle, einer aus dem Vereinigten Königreich, der andere aus Frankreich. Bisher legen epidemiologische Studien nahe, dass Kinder weniger häufig von COVID-19 betroffen sind als Erwachsene. Nur 2,1 Prozent aller labor-bestätigten COVID-19-Fälle, die dem European Surveillance System (TESSy) gemeldet wurden, waren aus der Altersgruppe zwischen 0 und 14 Jahren.
Aktuell wird eine Assoziation zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion und den neuartigen multisystemischen Entzündungserscheinigungen noch nicht bestätigt, sie erscheine aber plausibel. Derzeit wird das Risiko für eine Erkrankung an COVID-19 bei Kindern in EU-, EWR-Ländern und dem Vereinigten Königreich vom ECDC als niedrig eingestuft, gleiches gilt für MIS-C.
Trotzdem hat das ECDC gemeinsam mit den besagten Staaten beschlossen, MIS-C bzw. PIMS-TS als mögliche Komplikation bei der Beobachtung von COVID-19 zu berücksichtigen. Noch sei die Verbindung zwischen dieser Erkrankung und COVID-19 weder bestätigt noch vollständig verstanden. Weitere Daten sollen eine bessere Analyse der Fälle sowie das Ausfindigmachen von Risikofaktoren ermöglichen.
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