COVID-19 löst auch neurologische Symptome aus, wie aus Untersuchungen hervorgeht. In einem Fallbericht aus Japan beschreiben die Ärzte zudem das Auftreten einer Meningitis in Zusammenhang mit SARS-CoV-2.
Bislang zählten zu den typischen Symptomen einer COVID-19-Erkrankung Fieber, Husten sowie Durchfall und Müdigkeit. Doch auch ein Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns wird häufig beschrieben.
Nun analysierten Wissenschaftler aus China in einer retrospektiven Fallstudie die Krankenakten von insgesamt 214 Patienten, die wegen COVID-19 in drei verschiedenen Kliniken in Wuhan behandelt wurden. Dabei wollten die Autoren der Studie vor allem herausfinden, ob SARS-CoV-2 auch zu neurologischen Symptomen führt und wie sich diese äußern.
Die Auswertung ergab, dass 36,4 Prozent der Patienten neurologische Symptome aufwiesen. Diese ordneten die Autoren, abhängig vom Ort der Manifestation, in drei Kategorien ein. So beklagten einige Patienten zentralnervöse Beschwerden wie Schwindel und Kopfschmerzen. Einige Patienten litten jedoch auch unter Bewusstseinsstörungen, Ataxien und Krampfanfällen. Manifestierten sich die Symptome im peripheren Nervensystem, wurden am häufigsten die bereits beschriebenen Störungen von Geschmacks- und Geruchssinn beobachtet. Doch auch Sehstörungen und Nervenschmerzen traten auf. Zudem wurden bei einigen Patienten muskuloskelettale Symptome beobachtet.
Den Autoren zufolge traten bei manchen Patienten bereits neurologische Symptome auf, bevor SARS-CoV-2 anhand von Tests überhaupt nachweisbar war. Deshalb wurden die betroffenen Patienten teilweise zunächst auf neurologischen Stationen behandelt. Erst einige Tage später entwickelten die Erkrankten die für COVID-19 typischen Symptome und wurden positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Des Weiteren scheinen neurologische Symptome bei Patienten mit schweren Verläufen häufiger aufzutreten. Demnach litten 45 Prozent der schwer Erkrankten an einer neurologischen Manifestation, während diese nur bei 30 Prozent der Patienten mit milden Verläufen beobachtet wurden.
Ähnliches beschreiben auch die Autoren des Fallberichts aus Japan. Demnach stellte sich ein 24-jähriger Patient mit Fieber, Kopfschmerzen und allgemeinem Schwächegefühl bei einem Arzt vor. Weil der Test auf SARS-CoV-2 negativ ausfiel, wurde er mit Verdacht auf Influenza behandelt. Im weiteren Verlauf verschlechterte sich jedoch der Zustand des Mannes, doch auch bei einer erneuten Untersuchung konnte keine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen werden. Am neunten Tag nach Symptombeginn wurde er schließlich bewusstlos in seiner Wohnung aufgefunden. Nach gründlicher Diagnostik stellten die Mediziner schließlich fest, dass der Patient sowohl eine Meningitis als auch eine virale Pneumonie hatte. Überraschenderweise konnte SARS-CoV-2 im Liquor nachgewiesen werden, während der Nasenrachenabstrich weiterhin negativ ausfiel.
Bisher ist der Mechanismus, über den SARS-CoV-2 das Nervensystem angreift, noch nicht vollständig aufgeklärt. So könnten zum einen Nervenzellen direkt infiziert werden, es sei aber auch denkbar, dass Entzündungsreaktionen oder andere körpereigene Reaktionen zu den neurologischen Symptomen führen, so die Autoren der chinesischen Studie. Dass Coronaviren auch neurologische Manifestationen aufweisen können, ist indes bereits für MERS-CoV und SARS-CoV beschrieben worden.
Aufgrund ihrer Beobachtungen raten die Autoren beider Studien, bei Patienten mit neurologischen Symptomen auch eine schwere Infektion mit SARS-CoV-2 als Differentialdiagnose in Betracht zu ziehen. Dies könnte eine verzögerte Diagnose für COVID-19 oder auch Fehldiagnosen vermeiden und dazu beitragen, die weitere Übertragung von SARS-CoV-2 zu verhindern.
Auch die die deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) unterstreicht angesichts der wachsenden Zahl an Studien über neurologische Symptome, dass bei COVID-19 neurologische Expertise gefragt ist.
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Quellen: © Ling Mao et al. / JAMA Neurology // Takeshi Moriguchi et al. / International Journal of Infectious Diseases
Bild: geralt, Pixabay