Obwohl sie offenbar nicht an Reizhusten leiden, decken sich Jugendliche in Apotheken mit größeren Mengen Dextromethorphan ein. Bei ihnen ist das Hustenmittel wegen seiner berauschenden Wirkung beliebt. Wie man sie ertappt.
Dextromethorphan (DXM) war in den vergangenen sechs Jahren Spitzenreiter unter den Wirkstoffen, die mit dem Verdacht auf Missbrauch an die AMK gemeldet wurden. Vor allem junge Männer aus dem süddeutschen Raum scheinen in Apotheken zu kommen, um sich DXM nicht gegen Reizhusten, sondern als Freizeitdroge zu beschaffen – ein Drittel von ihnen jünger als 18 Jahre.
In Social Media und anonymen Foren werden Erfahrungen darüber ausgetauscht, wie man zum Rauscherlebnis kommt: Tipps zu Dosierungen, die Effekte von Kombinationen mit Alkohol, Cannabis, Opiaten, Benzodiazepinen und anderen Drogen oder auch der Bau von „Bomben“ für den Kick, durch die sich der Wirkstoff schnell in großen Mengen konsumieren lässt, damit das Schlucken etlicher Kapseln nicht den Spaß verdirbt.
Von der AMK werden einige charakteristische Merkmale genannt, an denen aufmerksame Fachkräfte in Apotheken die speziellen Kunden erkennen können:
Die AMK rät dazu, DXM-haltige Arzneimittel möglichst nicht an Jugendliche zu verkaufen, die Abgabe an junge Erwachsene kritisch zu hinterfragen und in einem Beratungsgespräch eindringlich über die potentiellen Risiken aufzuklären, zu denen ein lebensbedrohliches Serotonin-Syndrom zählt. Ein Verdacht auf Missbrauch sollte der AMK gemeldet werden.
Die Wirkungen von DXM sind dosisabhängig und variieren von leichten motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen bis hin zu Phencyclidin-ähnlichen Symptomen wie Wahnvorstellungen, dissoziativen Zuständen, Paranoia und visuellen Halluzinationen: Zwischen 1,5 bis 2,5 mg/kg kommt es zu stimulierenden Effekten mit Ecstasy-ähnlichen Wahrnehmungsveränderungen. Bei 2,5–7,5 mg/kg ist die Wirkungen ähnlich der von Alkohol und Marihuana, aber mit stärker beeinträchtigten motorischen und kognitiven Funktionen, evtl. kommt es zu Halluzinationen. Eine dritte Stufe zwischen 7,5 und 15 mg/kg ähnelt der Wirkung von Ketamin mit starken Halluzinationen und dissoziativen Symptomen. Noch größere Mengen können zu außerkörperlichen, tranceähnlichen Zuständen mit visuellen Halluzinationen führen und bergen die Gefahr von Herz- und Atemstillstand. Häufig kommt es zu wahnhaften Fehlwahrnehmungen mit gewalttätigem und aggressivem Verhalten, das in Notaufnahmen Pflegepersonal, Ärzten und Polizei das Leben schwer macht.
DXM wird durch das Enzym Cytochrom P450 2D6 abgebaut, das aufgrund genetischer Varianten extrem unterschiedliche Aktivitäten aufweist. Etwa 10 Prozent der Bevölkerung metabolisieren DXM nur langsam, so dass schon relativ niedrige Dosen einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen können.
In den USA haben laut einer Untersuchung von Drogenmissbrauch unter Jugendlichen 2013 fünf Prozent der Zwölftklässler Hustensaft missbraucht. Dort scheint die Methode aber schon wieder aus der Mode gekommen zu sein, der stärkste Missbrauch wurde 2006 gemeldet, seitdem ist die Häufigkeit der Fälle gesunken. Im deutschen Drogen- und Suchtbericht findet sich allerdings kein Hinweis auf den Missbrauch von DXM.
Bildquelle: Tim Marshall, Unsplash
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