Bei einer so engmaschigen und intensiven Betreuung wie der von Diabetespatienten kommt es unvermeidlich auch zu Konflikten. Hier eine Liste der häufigsten Konfrontationen.
Bei der Betreuung und Therapie meiner Patienten, wie ich sie in Teil 1 und Teil 2 beschrieben habe, will ich nie in die eine Richtung. Ich will wissen, wo mein Patient hinwill und ihm auf dem Weg zu diesem Ziel helfen. Das ist manchmal schmerzhaft, wenn Patienten so richtig falsche Sachen im Kopf haben.
Ein gutes Beispiel dafür sind Fußprobleme. Da ist es manchmal so, dass die Patienten sagen: „Ich will in Urlaub fahren!“ Und ich dann sage: „Das geht nicht, da kommen Sie geschrottet wieder. Was wollen Sie denn im Urlaub machen? Im Hotelzimmer sitzen und die Füße hochlegen? Mehr ist nämlich nicht drin.“
Meistens erfährt man von solchen Patientenplänen erst, wenn sie schon gemacht sind und denkt sich dann Mist, muss das denn jetzt sein? Wenn der Patient zum Beispiel sagt „Morgen fahr ich in Urlaub!“ ist das so eine Sache für mich. Wenn ich mögliche Probleme dann aber offen kommuniziere, sind Patienten meisten so vorsichtig, dass nichts passiert. Aber jeder hat die Freiheit, sein Leben so zu führen, wie er will. Ich hab da keine Direktive anzugeben, wie genau das zu sein hat.
Sprachbarrieren und Ängste sind manchmal auch ein Erschwernis. Erst gestern hatte ich zum Beispiel eine Patientin, die fast kein Deutsch sprach und auch niemanden dabei hatte zum Übersetzen. Die Dame hat ein großes Gewichtsproblem und braucht für gewichtsbedingte Arthrosen oft Schmerzmittel. Als ich ihr sage, es gibt da was zum Spritzen, was Diabetes bessert und beim Abnehmen hilft, ist ihr Gesicht entgleist. Sie hat nur Spritzen verstanden und war gedanklich raus. In solchen Fällen wünsche ich mir, ich hätte lieber gar nichts gesagt.
Konfliktgespräche an sich sind dankenswerterweise aber eher selten. Sie kommen eigentlich nur vor, wenn ein Patient mehrere Ziele nicht vereinbart bekommt. Nach dem Motto: „Ich möchte das und auch noch das, aber es klappt nicht.“ Dinge wie: „Abends möchte ich zwei Pizzen essen und dazu noch Cola trinken können, gute Blutzuckerwerte haben und nicht zunehmen!“ Das ist natürlich ein Extrembeispiel – dass das nicht geht, sollte klar sein. Aber in der Grundrichtung kommt es häufiger vor.
Da fühlt sich jemand vielleicht nur wohl, wenn er immer über 200 liegt, will aber gleichzeitig gute Werte erreichen. Das ist dann vielleicht auch jemand, der sich von seiner Erkrankung nichts anmerken lassen will und sich sicherheitshalber bei 200 hält. Will er aber gleichzeit wertemäßig alles ganz gut haben, dann geht das einfach nicht zusammen.
Am schwierigsten ist es, wenn ein Patient sich nicht entscheiden kann, welchen Weg er einschlagen will. Diesen Schmerz kann ich ihm nicht nehmen. Einige Probleme lassen sich auch nur durch höheren Technikaufwand lösen. Technik ist aber wiederum nicht jedermanns Sache, genau wie Spritzen. Das gilt vor allem für Geräte, die der Patient dann auch verstehen und nutzen muss, wie zum Beispiel Insulinpumpen oder Apps zum Messen.
Leute, die davon überzeugt sind, Dinge nicht zu vertragen, weil sie verschiedene Sachen durcheinander schmeißen, können auch schwierig zu betreuen sein. Wenn im Sommer beispielsweise der Blutdruck runtergeht und dem Patienten schwindlig wird, liegt es für den Betroffenen auf jeden Fall an der neuen Zuckerpille, die gerade ausprobiert wird. Ärztliche Argumente, dass das gar nicht sein kann und vielleicht das warme Wetter an der Veränderung schuld ist, werden nicht gelten gelassen. Und dann lassen solche Patienten sich auch auf die entsprechende Maßnahme nicht mehr ein.
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