Weil die EU ihre Kontrollen verschärfen will, könnten in deutschen Kliniken chirurgische Instrumente und Implantate knapp werden. Jetzt warnt sogar die Bundesregierung vor Versorgungsengpässen.
Im Mai 2020 soll die neue EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR) in Kraft treten. Die Verordnung sieht vor, dass Wirksamkeit und Nutzen künftig für viele Produkte in klinischen Studien nachgewiesen werden muss. DocCheck berichtete. Hersteller müssen also in Zukunft dafür sorgen, dass sie ihre Produkte auch weiterhin in Umlauf bringen dürfen. Dafür müssen sie die Produkte von benannten Prüfstellen kontrollieren lassen. Bislang hat die EU-Kommission aber erst zwei Stellen benannt, die Medizinprodukte nach den neuen Regeln prüfen dürfen: Den TÜV Süd in München und das BSI-Institut in Großbritannien.
Jetzt schließt selbst die Bundesregierung einen Versorgungsengpass nicht mehr aus. Die EU-Verordnung zur strengeren Kontrolle von Medizinprodukten stelle die Hersteller vor große Probleme, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, die der DAZ vorliegt. Weil das britische Institut bei einem harten Brexit keine Bescheinigungen mehr ausstellen dürfte, könnte das „zu einer Verschärfung der ohnehin angespannten Situation“ führen. Es gebe „dringenden Handlungsbedarf auf europäischer Ebene“.
Des Weiteren wird eingeräumt, dass es sich negativ auf die Gesundheitsversorgung auswirken könnte, wenn Unternehmen ihre Produkte aufgrund von Unsicherheiten hinsichtlich der Vorbereitung und Auslegung der MDR beziehungsweise der IVDR vom Markt nähmen. Gesundheitsminister Jens Spahn fordert nun eine zeitnahe Lösung, etwa eine längere Übergangszeit für chirurgische Instrumente.
Der AOK-Bundesverband spricht sich gegen eine längere Übergangszeit aus und wirft Spahn Industrienähe vor. Der Gesunheitsminister solle nicht mit dem Patientenschutz argumentieren, wenn er eigentlich Industrieinteressen nachgebe, so der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. „Die Hersteller haben erst die Medizinprodukteverordnung bekämpft und nun, wo sie endlich da ist, klagen sie wiederum, die Fristen nicht einhalten zu können“, so Litsch in einer Pressemitteilung.
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