In Deutschland gibt es zu viele Krankenhäuser, heißt es in einer Studie. Klinikexperten fordern, mehr als die Häfte der aktuell 1.400 Kliniken zu schließen. Nur so könne sich die Versorgung der Patienten künftig verbessern. Ist das die richtige Lösung?
Für eine bessere medizinische Versorgung in Deutschland müssen Kliniken dichtmachen – und zwar etwa 800 Einrichtungen. Das ist die Kernaussage einer aktuellen Studie zur Krankenhausversorgung des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES), die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegeben wurde.
Demnach gibt es hierzulande zu viele und oft zu kleine Krankenhäuser. Wenn von den aktuell knapp 1.400 Kliniken nur etwa 600 der größeren und besseren Häuser erhalten bleiben, steigt die Qualität der Patientenversorgung und bestehende Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal werden gemildert, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung.
Über eine Verringerung der Zahl der Krankenhäuser wird in Deutschland schon seit längerer Zeit diskutiert. So kritisierten Forscher der Nationalen Akademie für Wissenschaften bereits im Jahr 2016 Deutschland habe zu viele kleine Krankenhäuser, die dem Patienten zu wenig bieten. DocCheck berichtete.
In der aktuellen Studie wurde untersucht, wie eine Versorgung durch Kliniken aussähe, die sich nicht in erster Linie an einer schnellen Erreichbarkeit, sondern an bestimmten Qualitätskriterien orientiert. Dazu gehören eine gesicherte Notfallversorgung, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, ausreichend Erfahrung und Routine des medizinischen Personals sowie eine angemessene technische Ausstattung.
Der derzeitige Zustand in Kliniken ist oftmals ernüchternd: Viele Krankenhäuser verfügen nicht über die nötige medizintechnische Ausstattung und personelle Erfahrung, um akut lebensbedrohliche Notfälle wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall angemessen zu behandeln. So besaß im Jahr 2017 jede dritte Klinik keinen Computertomographen (CT) und in 61 Prozent der Häuser sei keine Koronarangiographie möglich gewesen, wie Dr. Jan Böcken von der Bertelsmann-Stiftung dem Tagesspiegel sagte.
„Wenn ein Schlaganfallpatient die nächstgelegene Klinik nach 30 Minuten erreicht, dort aber keinen entsprechend qualifizierten Arzt und nicht die medizinisch notwendige Fachabteilung vorfindet, wäre er sicher lieber ein paar Minuten länger zu einer gut ausgestatteten Klinik gefahren worden“, so Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Durch eine Konzentration auf deutlich weniger Kliniken mit höherer Spezialisierung ließen sich viele Komplikationen und Todesfälle vermeiden. Die primäre Orientierung an die Fahrzeit ginge in die falsche Richtung. Stattdessen müsse der Fokus bei der Neuordnung der Kliniklandschaft vor allem auf der Verbesserung der Versorgungsqualität liegen.
In einer Simulation für die Region Köln/Leverkusen berechnete das IGES, wie sich die Einhaltung der genannten Qualitätskriterien auf die Klinikversorgung einer ganzen Region auswirken würde. Das Ergebnis: Die Region könnte mit 14 statt den aktuell 38 Akutkrankenhäusern eine bessere Versorgung bieten, ohne dass sich die durchschnittliche Anfahrtszeit für die Patienten deutlich erhöhen würde. Besonders in der Notfallversorgung und bei planbaren Operationen führt die Bündelung von medizinischem Personal und technischen Geräten zu einer höheren Versorgungsqualität, lautet das Fazit.
„Nur Kliniken mit größeren Fachabteilungen und mehr Patienten haben genügend Erfahrung für eine sichere Behandlung“, sind die Studienautoren überzeugt. Wir möchten wissen, ob auch unsere Leser in weniger und größeren Kliniken die optimale Lösung für eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung sehen. Ihr seid auf Twitter? Dann macht bei unserer Umfrage mit:
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Bildquelle: Krisztina Papp, unsplash