Vielleicht hast du gerade dein Studium abgeschlossen oder bereits berufliche Erfahrung als Arzt sammeln können und überlegst, deine eigene Praxis zu gründen. Damit der Schritt in diesen Lebensabschnitt zum Erfolg führt, musst du einige Kriterien erfüllen und wichtige Aspekte beachten. Wir geben dir einen Überblick, worauf es ankommt.
Bevor du dich final dazu entscheidest, eine eigene Praxis zu gründen, solltest du dir bewusst machen, welche Vor- und Nachteile damit einhergehen. Womöglich bestärkt dich dieses Wissen in deinem Vorhaben, vielleicht lässt es dich davon Abstand nehmen. Letzteres ist ratsam, wenn du das Gefühl hast, dass die Nachteile aufgrund deiner individuellen Skills und Vorstellungen von deiner Zukunft überwiegen.
Die Vorteile einer Praxisgründung: Flexibilität und Einkommen
Zu den Vorteilen gehört ein hohes Maß an Flexibilität. Du bist dein eigener Chef und daher nicht an die Weisungen eines Vorgesetzten gebunden, die dir im Arbeitsalltag nicht immer als sinnvoll erscheinen könnten.
In anderen Lebensbereichen hast du ebenfalls mehr Freiraum. Das gilt bezüglich der Planung deiner Arbeitszeiten sowie deiner Urlaube. Beides ist ein großes Plus, wenn du Kinder hast und dich um deren Betreuung kümmern musst.
Eine flexiblere Urlaubsplanung macht es dir außerdem möglich, regelmäßig zu reisen und dabei nicht von den Vorhaben der Kollegen abhängig zu sein. Allerdings bestehen hierbei Grenzen, da du natürlich ausreichend Umsätze erwirtschaften musst, damit sich die Praxis trägt. Ebenfalls zu den Vorteilen gehört ein höheres Einkommen. Damit profitierst du in einem größeren Umfang von deiner Arbeit als in einer angestellten Position als Arzt.
Die Nachteile: Höhere Verantwortung, mehr Aufwand und geringere Sicherheit
Auf der anderen Seite stehen Nachteile. So trägst du ein hohes Maß an Verantwortung. Sie besteht in deinem Alltag vor allem in den Verpflichtungen gegenüber deinem Personal sowie hinsichtlich der Erwirtschaftung ausreichender Umsätze. Je nach aktueller Situation kann diese Verantwortung zu einer starken Belastung werden.
Ebenfalls nachteilig ist der höhere Aufwand, den du betreiben musst. Vor allem im Bereich der Verwaltung hast du viele Aufgaben zu erledigen, die bei einer Anstellung für dich keine Rolle spielen. Hinzu kommen Faktoren wie die Mitarbeiterakquise und das Marketing.
Gleichzeitig hast du ein geringeres Maß an Sicherheit. Einem geregelten Einkommen als angestellter Arzt steht bei einer eigenen Praxis das unternehmerische Risiko gegenüber. Während du als Arbeitnehmer im Krankheitsfall bis zu einem gewissen Punkt eine gesetzlich geregelte Lohnfortzahlung erhältst, entgehen dir als Selbstständiger in der gleichen Situation ohne zusätzlichen Schutz wichtige Einnahmen.
Rechtliche Basics
Wenn du deine Entscheidung für die Gründung einer Praxis getroffen hast, solltest du dich zunächst mit den rechtlichen Basics beschäftigen, die hierfür notwendig sind. Dazu gehören:
die Approbation und Zulassung,
sowie die Wahl einer Rechtsform.
Approbation und Zulassung
Die Basis für jede Tätigkeit als Arzt ist die Approbation. Nach deinem Studium und deiner Ausbildung kannst du sie beantragen. Erteilt wird sie nach der Approbationsordnung der für dich zuständigen Behörde.
Neben einem Nachweis der abgeschlossenen Ausbildung benötigst du hierfür ein erweitertes Führungszeugnis, eine Bescheinigung der gesundheitlichen Eignung sowie ausreichende deutsche Sprachkenntnisse.
Wenn du eine Praxis gründen möchtest, reicht dies jedoch nur aus, um Privatpatienten und Selbstzahler zu behandeln. Für die Klientel der Kassenpatienten benötigst du eine Zulassung als Vertragsarzt. Im Normalfall kannst du diese Bescheinigung ohne weitere Probleme mit dem Einreichen eines schriftlichen Antrags erhalten.
Die Rechtsform
Im nächsten Schritt musst du dir Gedanken machen, mit welcher Rechtsform du deine Praxis starten möchtest. Falls du sie allein gründest, kommt vor allem die Variante des Einzelunternehmers infrage.
Der Vorteil dabei liegt vor allem darin, dass du keine Gewerbesteuer zahlen musst und die volle Entscheidungsfreiheit hast. Zu den Nachteilen wiederum gehören das alleinige Risiko und die uneingeschränkte Haftung mit deinem Geschäfts- und Privatvermögen.
Wenn du dich mit mindestens einem Kollegen oder einer Kollegin für die Praxisgründung zusammenschließt, kannst du zwischen mehreren Rechtsformen wählen, wozu zählen:
die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
sowie die Partnergesellschaft (PartGG).
Auf der Vorteilsseite stehen bei beiden Varianten das geteilte unternehmerische Risiko. Zudem ist wie beim Einzelunternehmer kein Mindestkapital erforderlich. Nachteile sind die eingeschränkte Entscheidungsfreiheit sowie die uneingeschränkte persönliche Haftung.
Bei der Suche nach den geeigneten Räumlichkeiten musst du außerdem rechtliche Faktoren beachten. Sie bieten die Basis für gewisse Mindeststandards, die dem Schutz und dem Komfort der Patienten dienen sollen.
Deine Praxis muss unter anderem die vorgegebenen Kriterien hinsichtlich des Brandschutzes erfüllen. Hierfür muss das schnelle Verlassen der Räumlichkeiten im Fall eines Feuers problemlos möglich sein. Hinzu kommt die Barrierefreiheit. Konkret bedeutet das, dass Rollstuhlfahrer deine Praxis ohne Hindernisse betreten können.
Des Weiteren müssen die Räumlichkeiten so gestaltet sein, dass ein Schutz vor Lärm von außen besteht und du deine Patienten in einem ruhigen Umfeld behandeln kannst. Hygienestandards sind ebenfalls wichtig.
Diese Vorgaben betreffen die Oberflächen, die Wände und den Fußboden. Sie müssen leicht zu reinigen und mit den dafür vorgesehenen Mitteln desinfizierbar sein. Für den Boden ist außerdem eine Rutschfestigkeit vorgeschrieben.
Relevante Aspekte für die Standortwahl
Damit deine Praxis erfolgreich ist und ausreichend Umsätze erwirtschaftet, musst du dich vor der Gründung unbedingt mit dem Standort und der Patientengruppe beschäftigen.
Mögliche Einschränkungen bei der Standortwahl
Bei der Standortwahl kann es Einschränkungen geben, wenn du die Praxis neu gründen möchtest. Das liegt an der Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigungen. Gründen kannst du nur in einem Gebiet, das noch nicht zulassungsbeschränkt bzw. gesperrt ist.
Diese Regelung gilt für Allgemeinmediziner. Falls du Facharzt bist, ist ein wenig mehr Flexibilität gegeben. Allerdings solltest du auch hier auf die Bedarfsplanung schauen, um abschätzen zu können, ob eine Niederlassung in einem bestimmten Bereich Sinn ergibt.
Übrigens: Bei weitem nicht alle Regionen in der Bundesrepublik sind aktuell durch die Kassenärztliche Vereinigung zulassungsbeschränkt. In manchen Gebieten Deutschlands wie zum Beispiel in Baden-Württemberg gibt es einen massiven Ärztemangel, der für dich, sofern du ein wenig flexibel bist, eine große Chance darstellen kann.
Immobilie und Infrastruktur
Die Immobilie für deine Praxis einen Aufbau mitbringen, mit dem du die bereits angeklungen rechtlichen Voraussetzungen für deine Räumlichkeiten erfüllst. Außerdem sollte sie derart beschaffen sein, dass du die für die Ausübung deiner Tätigkeit notwendigen medizinischen Geräte und Hilfsmittel problemlos installieren kannst.
Darüber hinaus solltest du abklären, ob die Besitzer des Objekts einer Nutzung für deine Zwecke positiv oder eher kritisch gegenüberstehen. Letzteres kann zu Problemen im Alltag führen, weshalb du in diesem Fall von einer Zusage unbedingt absehen solltest. Zudem lohnt sich eine Betrachtung der Infrastruktur in der direkten Umgebung:
Ist der potenzielle Standort für deine Praxis leicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen?
Gibt es für Patienten, die sich mit dem Auto auf den Weg zu dir machen, eine zufriedenstellende Parkplatzsituation?
Ein Blick darauf, ob es in direkter Nähe Apotheken und Einkaufsgelegenheiten gibt, lohnt sich ebenfalls.
Schließlich möchten einige deiner Patienten den Arztbesuch mit anderen Erledigungen verbinden, um im Alltag Zeit zu sparen.
Patientengruppe
Um sicherzugehen, dass du nicht aufgrund von Patientenmangel schließen musst, solltest du dich über die Demografie in der Region informieren. Dazu gehören:
das Alter der Personen,
das Geschlecht
sowie das Einkommen und die wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Jedes dieser Merkmale ist vor allem dann relevant, wenn du in einer bestimmten fachärztlichen Richtung tätig bist. Auf das Alter solltest du beispielsweise als Kinderarzt achten. Gibt es in der Region viele junge Familien und damit ausreichend Patienten aus deiner Zielgruppe? Das Geschlecht ist vor allem für Gynäkologen bedeutsam.
Das Einkommen wiederum spielt dann eine Rolle, wenn du dich als Schönheitschirurg niederlassen möchtest. Zum einen werden solche Operationen nur in seltenen Fällen von der Krankenkasse übernommen. Zum anderen sind sie für die Patienten meist sehr kostenintensiv, weshalb sie sich nicht jeder leisten kann.
Mitarbeitersuche: Von Ärzten bis medizinischen Fachangestellten
Bei der Gründung deiner Praxis kannst du überlegen, ob du zusätzliche Ärzte einstellen möchtest. Dafür brauchst du eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Normalfall kannst du bis zu drei Kollegen als Mitarbeiter hinzuziehen, allerdings gibt es je nach Versorgungslage in einem Gebiet auch diesbezüglich Einschränkungen.
Welche Kompetenzen sollten Ärzte mitbringen?
Für eine gute Zusammenarbeit ist die richtige Mitarbeiter-Akquise zentral. Die Bewerber sollten verschiedene Kompetenzen mitbringen. Neben der zwingend notwendigen fachlichen Ausbildung spielt in diesem Zusammenhang unter anderem die Erfahrung eine Rolle. Gerade, wenn du in jungen Jahren gründest, kannst du vom im Arbeitsalltag erworbenen Wissen eines älteren Kollegen umfangreich profitieren.
Darüber hinaus sollten Soft Skills vorhanden sein. Ein guter Arzt zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass er mit seinen Patienten einfühlsam und verständnisvoll umgeht und sie in ihren Anliegen ernst nimmt. Damit das funktioniert, ist gerade in den Phasen des Hochbetriebs außerdem ein hohes Maß an Stressresistenz notwendig.
Arzthelfer und Arzthelferinnen einstellen
In jedem Fall solltest du einen oder mehrere Arzthelfer bzw. Arzthelferinnen anstellen. Sie sorgen dafür, dass die Organisation deiner Praxis im Alltag funktioniert und nehmen dir weitere wichtige Aufgabe ab. Das Personal sollte unterschiedliche Skills mitbringen, wozu neben dem fachlichen Wissen gehören:
Organisationsfähigkeit,
Flexibilität,
Einfühlungsvermögen,
sowie Stressresistenz.
Erfahrung kann ebenfalls von Vorteil sein. Bei den medizinischen Fachangestellten gibt es jedoch bereits seit einiger Zeit einen Fachkräftemangel. Immer wieder veröffentlichen Medien Berichte über dieses Problem.
Dem kannst du durch ein im Vergleich hohes Gehalt und Benefits entgegenwirken. Zu Letzteren gehören eine Flexibilität bei den Arbeitszeiten sowie eine betriebliche Gesundheitsförderung. Zusätzlich kannst du überlegen, auf Quereinsteiger zu setzen. Diese sind in deiner Praxis dann vor allem für die organisatorischen Aufgaben sowie für die Verwaltung zuständig.
Versicherungen für dich und deine Praxis
Um auf verschiedene Lebenssituationen vorbereitet zu sein, solltest du dich um einen ausreichenden Versicherungsschutz kümmern. Das gilt für den privaten Bereich sowie für die Praxis.
Versicherungen für dich als Gründer
Verpflichtend ist zunächst die Krankenversicherung. Das gilt unabhängig davon, ob du selbstständig bist oder nicht. Gängig ist für Selbstständige die private Krankenversicherung, alternativ kannst du dich freiwillig gesetzlich versichern.
Die Rentenversicherung wiederum ist nicht verpflichtend. Allerdings hast du die Möglichkeit, auf private Modelle oder auf das Riester-Konzept zu setzen. Eine Haftpflicht sowie eine Unfallversicherung sind gleichermaßen sinnvoll. Zusätzlich solltest du dich darum kümmern, deine Familie, also deinen Partner bzw. deine Partnerin und deine Kinder, für unvorhergesehene Schicksalsschläge abzusichern.
Das gilt besonders dann, wenn du Allein- oder Hauptverdiener bist. In diesem Zusammenhang ist zunächst die Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll, die einspringt, falls du deine Tätigkeit aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr ausüben kannst.
Falls dir schlimmeres zustößt, leistet die Risikolebensversicherung einen wertvollen Beitrag für deine Angehörigen. Kommst du zu Tode, sichert sie deine Familie finanziell ab. Dabei sind die Beiträge gegenüber dem Mehrwert, der im Ernstfall entstehen kann, äußerst gering.
Mit einer solchen Absicherung kannst du vermeiden, dass zum Beispiel der Hauskredit nicht mehr abbezahlt werden kann oder der Lebensstandard deiner Frau und deiner Kinder spürbar absinkt.
Versicherungen für deine Praxis
Hinzu kommen wichtige Absicherungen für deine Praxis bzw. deinen Arbeitsalltag. Als Arzt bist du wie manche andere Berufsgruppen verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.
Eine Praxisinventarversicherung schützt deine Ausstattung im Fall von Schäden durch Umstände wie Feuer, Leitungswasser, Einbruch, Sturm und Überschwemmung. Eine Elektronikversicherung springt ein, falls deine elektrischen Geräte durch solche Vorfälle beschädigt werden.
Des Weiteren zahlt sie, wenn der Schaden durch einen Kurzschluss oder Bedienfehler entsteht. Eine Praxisunterbrechungsversicherung gleicht Gewinnminderungen aus, die durch äußere Umstände oder durch eine Krankheit entstehen.
Außerdem solltest du dich mit einer betrieblichen Rechtsschutzversicherung für den Fall von juristischen Auseinandersetzungen absichern. Gerade in der heutigen Zeit solltest du dich darüber hinaus mit einer entsprechenden Versicherung gegen Cyber-Risiken wie digitale Erpressung oder Daten-Sabotage schützen.
Das hat vor allem deshalb eine Bedeutung, da die Zahl der Cyber-Angriffe massiv steigt. Im Juli des letzten Jahres hat der Chef des BKA davor gewarnt, dass diese Bedrohungen neben den Hochschulen und Verwaltungen auch für Arztpraxen immer realer werden.
Fazit
Wenn du eine Praxis gründen möchtest, solltest du dir zunächst die Vor- und Nachteile dieses Vorhabens bewusst machen. Im nächsten Schritt beschäftigst du dich mit den rechtlichen Voraussetzungen. Darüber hinaus musst du dir Gedanken um den Standort machen, an dem du deine Praxis starten möchtest. Neben der Personalakquise solltest du dich außerdem damit beschäftigen, einen ausreichenden Versicherungsschutz für dich und deine Praxis in Anspruch zu nehmen, um auf verschiedene Situationen vorbereitet zu sein.
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