Wer die Medizin mag, aber lieber Tiere statt Menschen behandeln will, für den ist die Veterinärmedizin eine logische Entscheidung für die berufliche Karriere. Dabei muss die Katzen- und Hundemedizin nicht unbedingt in deinem Fokus stehen. Auch eine Spezialisierung auf Kaninchen, Meerschweinchen und Co. hat ihren Reiz und ihre Vorteile.
Nicht zuletzt aufgrund der vielen Tierarten sowie der zahlreichen Spezialisierungsmöglichkeiten ist es jedoch definitiv eine ganz andere Form von Praxisbetrieb. Der Beitrag gibt eine Menge Tipps für junge Berufseinsteiger und ihre Heimtier-Praxis.
Tiere sind sehr feinfühlig und speichern sowohl gute Erinnerungen als auch schlechte Erfahrungen. Schon der Piks mit einer Spritze im Rahmen einer Impfung kann dazu führen, dass das Tier fortan eine grundsätzliche Abneigung gegen dich und deine Tierarztpraxis hegt.
Einfach ausgedrückt: Kann dich ein Tier nicht leiden, wird es schwer mit einer Behandlung. Hunde, Katzen und auch andere Tierarten wehren sich in diesem Fall schon im Vorfeld vehement gegen einen Besuch in deiner Praxis. Insbesondere bei Hunden ist die Angst vor dem Tierarzt weit verbreitet. Etliche Hunde werden schon nervös, wenn nur das Wort Tierarzt fällt.
Die gute Nachricht: Du kannst schlechten Erfahrungen vorbeugen und den Tieren den Aufenthalt so angenehm wie möglich machen. Der Inneneinrichtung und der Atmosphäre im Wartebereich deiner Praxis kommen dabei eine hohe Bedeutung zu. Hier treffen die Tiere auf viele verschiedene Gerüche und eine Vielzahl an fremden Tieren und Menschen. Das sorgt für Unruhe und Nervosität. Einige Tiere reagieren auch extrem aggressiv auf diese Masse an Eindrücken.
Diese Problematik lässt sich gerade durch viel freien Auslauf im Umfeld deiner Praxis deutlich reduzieren. So sind Hunde beim Tierarzt nachweislich entspannter und weniger nervös, wenn sie vorher ausgelastet werden und die Möglichkeit bekommen, sich zu lösen und die Blase zu entleeren.
Anstatt die Hunde und ihre Besitzer im Wartezimmer warten zu lassen, solltest du sie daher lieber zum Auslauf animieren. Installierst du zusätzlich ein Kundenrufsystem, kannst du die Besitzer dann immer rechtzeitig zur Behandlung rufen.
Dabei gibt es noch einen netten Nebeneffekt. Denn deine tierischen Patienten werden den Auslauf mit dem Besuch deiner Praxis in Verbindung bringen und als gute Erfahrung verinnerlichen.
Das vereinfacht einerseits die Behandlung und führt andererseits meistens zu einem entspannteren Verhalten gegenüber Menschen, Artgenossen und anderen Tierarten. Das werden dir auch die Besitzer danken, indem sie bei Erkrankungen ihrer Tiere deine Praxis als Anlaufstelle auswählen.
Ob Katze, Hund, Meerschweinchen, Hamster oder exotisches Tier – der Besuch beim Tierarzt erzeugt Stress, Nervosität und in vielen Fällen pure Angst. Da kann es schnell passieren, dass sich die Blase oder der Darm entleert.
Auf Teppichboden verzichtest du daher besser. Gerade im Behandlungsbereich solltest du dich zudem für abwaschbares Mobiliar entscheiden, um alle Hinterlassenschaften schnell beseitigen zu können. Zudem kannst du die Gerüche sozusagen wegputzen.
Das ist wichtig, damit beispielsweise ein Hund nicht durch Katzengeruch abgelenkt bzw. angestachelt wird. Das gilt genauso im umgekehrten Fall. Gerüche fungieren bei Tieren fast immer als Auslöser für Aktionen – und das ist bei der Behandlung äußerst kontraproduktiv.
Eine wesentliche Maßnahme ist die Transparenz respektive die Übersichtlichkeit. Das erreichst du zum einen durch ein gut strukturiertes und ordentliches Ambiente. Das verbreitet Ruhe und Gelassenheit. Überladene Bereiche und ein unaufgeräumt wirkendes Umfeld nehmen Tiere und ihre Besitzer schnell als chaotisch wahr. Das spiegelt sich wiederum in einem unruhigen, manchmal sogar aggressiven Verhalten wider.
Das betrifft aber nicht nur das grundsätzliche Ambiente. Auch im Detail sind Übersichtlichkeit und Transparenz echte Trümpfe für eine angenehme und stressfreie Atmosphäre. Das fangt schon bei den Beschriftungen der Behandlungsräume und Wartebereiche an. Schilderst du exakt die einzelnen Bereiche aus, machst du es den Besitzern der Tiere leicht, sich zurechtzufinden. Sie fühlen sich dadurch gut aufgehoben und bestens informiert.
Die Ruhe und Gelassenheit der Besitzer färben auch auf ihre tierischen Lieblinge ab. Auf diese Weise schaffst du gute Voraussetzungen für eine entspannte Wartezeit und eine stressreduzierte Behandlung.
Doch genauso ist für dein Praxisteam und dich selbst eine gute Übersicht wichtig. Denn du behandelst eine Vielzahl verschiedener Tiere, benötigst dementsprechend viel Equipment und gibst viele unterschiedliche Medikamente aus.
Mit analog beschrifteten Etiketten kannst du selbst in Stressmomenten für den vollen Durchblick sorgen. Gerade die einzelnen Fächer der Medikamentenschränke stehen hierbei im Fokus. Beschriftest du diese mithilfe von Etiketten, musst du nicht erst lange nach dem richtigen Medikament suchen. Zudem schließt du so Fehler bei der Vergabe von Medikamenten nahezu aus.
Auch die Tütchen, in denen Medikamente mitgegeben werden, sollten immer mit Etiketten ausgestattet sowie sorgfältig und vor allem leserlich beschriftet sein. Das garantiert eine gut organisierte Medikamentenvergabe. Außerdem – und diesen Aspekt darfst du nicht unterschätzen – steht die sorgfältige Beschriftung von Etiketten für Professionalität. Schubladen, Behältnisse, Fächer oder Patientenakten – bestenfalls beschriftest du alles analog und leserlich.
Noch dazu gibt es äußerst vielfältige Möglichkeiten, was die Gestaltung der Etiketten angeht. Passend zur Einrichtung und zum Design deiner Praxis kannst du beispielsweise zwischen verschiedenen Materialien wählen wie mattes oder metallisiertes Haftpapier oder PE-Folie. Genauso gibt es eine Auswahl verschiedener Formen von eckig bis oval.
Im Behandlungsbereich ist ein freundliches, warmes Ambiente zu empfehlen. Edelstahl ist dabei weitestgehend tabu. Als Mittelpunkt des Raumes eignet sich ein elektrisch höhenverstellbarer Behandlungstisch, den du je nach Bedarf bis auf Bodenhöhe absenken kannst.
Dadurch können Tiere unterschiedlicher Art und Größe mühelos und bequem auf dem Behandlungstisch Platz nehmen. Das schont übrigens gleichzeitig auch den Rücken der Besitzer. Ganz wichtig dabei: Die Tischoberfläche darf nicht glatt und rutschig sein. Eine rutschfeste Tischauflage ist daher Pflicht.
Du solltest deine Heimtierpraxis mit getrennten Wartebereichen und Behandlungszimmer für Hunde und Katzen bzw. Heimtiere ausstatten. Das reduziert deutlich das Stressaufkommen für das jeweilige Tier.
Für ein Katzenbehandlungszimmer gilt: Hier ist Hunden der Zutritt strengstens untersagt! Dadurch verhinderst du Hundegeruch im Raum, am Mobiliar und an den Instrumenten. Das entspannt die sensiblen Samtpfoten, was den Umgang mit ihnen und die jeweiligen Behandlungsprozesse für Mensch und Tier erleichtert.
Das gilt ebenso für Hunde. Da sie im Behandlungsraum nicht die Witterung von Katzen aufnehmen können, wird der Jagd- und Spieltrieb nicht angestachelt. Das vereinfacht deutlich die Behandlung.
Achte darauf, dass du in deiner Praxis eine heimelige Atmosphäre erzeugst. Deine tierischen Patienten können dann besser entspannen. Einrichtungsgegenstände, wie zum Beispiel gemütliche Sitzgelegenheiten und atmosphärische Kommoden, in Kombination mit einer freundlichen und bestenfalls hellen Farbgebung sowie verschiedenen Pflanzen vermitteln einen gemütlichen Wohnzimmer-Charme.
Das wirkt beruhigend auf Tiere und die Besitzer. Im Wartebereich solltest du geschützte Bereiche und Nischen anbieten. Die Bereiche kannst du auch mit Pflanzen voneinander abgrenzen. Zusätzlich kannst du beispielsweise mit Pheromonen besprühte Kuscheldecken verteilen.
Die Katzen können es sich direkt auf dem Behandlungstisch auf der Decke bequem machen. Werden die Decken zuvor über den Katzenkorb gelegt, fungieren sie einerseits als Sichtschutz und entfalten andererseits die nachgewiesenermaßen entspannend Wirkung von Pheromonen. Um auf Hunde beruhigend einzuwirken, empfehlen sich mit Pheromonen besprühte Halstücher.
Selbst die mutigsten Tiere können in einer Tierarztpraxis Angst bekommen. Das ist völlig normal. Daher ist es wesentlich für die Durchführung der Behandlung, dass die Besitzer immer in der Nähe sind und als stetiger Bezugspunkt dienen.
Sie können so schnell auch hinzugezogen werden, falls ihr Tier zu aufgeregt und nervös ist. Das gilt ebenfalls bei und vor allem nach Operationen. Denn gerade bei der Narkoseeinleitung sowie in der Aufwachphase kommt es den Statistiken zufolge zu den meisten Bissverletzungen beim Tierarztpersonal. Die Nähe und der Geruch des bekannten Besitzers können die Tiere hier beruhigen.
Für Herrchen oder Frauchen zählt das Einschläfern ihrer Haustiere zu den schwierigsten Entscheidungen, die sie treffen müssen. Das Einschläfern in einer Tierarztpraxis steigert für Tier und Mensch noch einmal zusätzlich den Stress. Außerdem möchten die meisten Besitzer ihren langjährigen Gefährten einen würdevollen Tod in ihrer geliebten Umgebung gewährleisten.
Bietest du Hausbesuche für Einschläferungen an, erfüllst du damit vielen Besitzern und Familien den Wunsch nach einem würdevollen Tod und eine intimere Verabschiedung von ihrem Haustier. Die Nachfrage in diesem Bereich ist eminent hoch.
Laut der Statistik der Bundestierärztekammer e.V. gab es zum 31. Dezember 2022 insgesamt 11.743 niedergelassene Tierärzte und Tierärztinnen in Deutschland. 8.768 Tiermediziner betrieben zum Stichtag dabei eine Einzelpraxis. Der Rest verteilt sich auf Gemeinschafts- und Gruppenpraxen.
Tierärztinnen und Tierärzte verfügen über ein breites tiermedizinisches Fachwissen, dass sie während ihrer Ausbildung erworben haben. Dadurch sind sie auf viele verschiedene Leiden und Erkrankungen der meisten Tierarten gut vorbereitet.
Spezialwissen über bestimmte Tierarten müssen sich selbst ausgebildete Tierärzte und -ärztinnen erst aneignen. Genau in diesem Bereich bieten sich dir großartige Chancen, um erfolgreich deine eigene Praxis aufzubauen und zu etablieren. Dabei musst du dich nicht unbedingt auf die klassischen Haustiere fokussieren, sondern kannst dich auch der Behandlung von exotischen Tieren verschreiben.
Allerdings ist es nicht sinnvoll, sich lediglich auf eine einzige Tierart zu konzentrieren. Zudem solltest du einen Standort wählen, in dessen Umfeld sich genügend potenzielle Patienten befinden. Ansonsten fehlt es dir in den meisten Fällen an Kundschaft, die deine Praxis aufsucht. Um den Bedarf respektive die Nachfrage nach Behandlungen zu steigern, solltest du daher lieber auf ganze Gruppen von ähnlichen Tieren setzen.
Die Fokussierung auf Exoten kann sich – je nach Standort – als Erfolgsmodell entpuppen. Denn Fakt ist, das Halten exotischer Tiere im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung wird in Deutschland bereits seit Jahren immer beliebter. Dazu trägt sicherlich auch ein reger Online-Handel bei. Als spezialisierter Tierarzt für exotische Tiere behandelst du dann nicht-traditionelle Haustiere.
Zu den am häufigsten gehaltenen Arten in deutschen Haushalten zählen zum Beispiel Reptilien wie das Chamäleon und verschiedene Gecko-Arten oder Bartagamen. Genauso werden Insekten, verschiedene Spinnentiere, faszinierende Wasserbewohner wie Schildkröten sowie die in Mexiko beheimateten Axolotls und bestimmte Schlangenarten inzwischen gerne als Haustiere gehalten.
Das so bezeichnete Wandelnde Blatt steigt ebenfalls beständig in der Gunst der potenziellen Heimtierhalter. Aktuell besonders hoch im Kurs stehen zudem Otter und exotische Vögel wie der Nymphensittich.
Die Bandbreite an Möglichkeiten für einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin ist in diesem Bereich also sehr hoch. Hinzu kommt, dass die Konkurrenz in diesem Bereich noch nicht so ausgeprägt ist wie bei Behandlungen von Kleintieren und Großtieren ohne exotischen Hintergrund.
Am richtigen Standort wirst du dich über Arbeitsmangel daher wahrscheinlich nicht beklagen müssen. Ganz im Gegenteil: Um das Wohlbefinden und nicht zuletzt die Lebenserwartung exotischer Tiere zu gewährleisten, sind Spezialisten überaus gefragt. Denn die Halter der exotischen Tiere tragen selbst eine große Verantwortung und holen sich in der Mehrzahl der Fälle bereits bei den ersten Anzeichen einer Erkrankung ärztlichen Rat.
Haustiere sind für viele ihrer Besitzer fast so etwas wie Kinder oder Familienmitglieder. Angesichts dessen solltest du deine Praxis definitiv etwas anders gestalten bzw. führen und dich nie scheuen, sämtlichen Vierbeinern und anderen Tieren gerecht zu werden. Fühlen sich die Tiere in deiner Praxis wohl, wird der Besitzer immer wieder deine Tierarztpraxis aufsuchen. Das gilt sowohl für Regelsituationen als auch für Ausnahme- und Notfallsituationen.
Außerordentlich wichtig ist zudem, dass du deine Angebote gezielt auf die Zielgruppe und deinen Standort ausrichtest. Die eigene Kreativität und innovative Ideen sind dabei ebenfalls eine Triebfeder, um die Frequentierung deiner Heimtier-Tierarztpraxis nach oben klettern zu lassen.
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