Genug geklappt: Statt sperriger Notebooks bringen sich jetzt Tablet-PC-Geräte in Position, um zum elektronischen Handwerkszeug der ersten Wahl für den Außendienst zu werden. Auch die Pharmabranche wagt die Kontaktaufnahme zum neuen Medium. Ein paar Klippen allerdings gilt es zu umschiffen.
Wenn zwei Menschen gleichzeitig auf den Monitor eines Notebook schauen wollen, dann heißt es kuscheln. So praktisch die mobilen Büros auch sein mögen: Für Gruppenarbeit am Bildschirm sind sie ziemlich ungeeignet, abgesehen vielleicht vom vertraulichen Tête-à-tête einer Digital-TV-Session auf dem Plüschsofa. Auch dem unkomplizierten Kundenkontakt im Außendienst stehen Laptops tendenziell im Weg: Entweder der Außendienstmitarbeiter errichtet qua Klappbildschirm eine Kommunikationsbarriere zwischen sich und dem Kunden. Oder aber es heißt, dicht nebeneinander sitzen, wenn ein gemeinsamer Blick auf den Monitor gewünscht ist, was zumindest nicht alle Kunden als furchtbar angenehm empfinden.
Pharmaunternehmen nehmen Witterung auf
Eine Lösung können Tablet-PC-Geräte sein, die mittlerweile fast so flach sind, wie der Name es suggeriert. Sie werden auf den Tisch gelegt und stören dort ungefähr genauso sehr wie eine Prospektmappe. "Tablet-PC-Geräte haben gesprächspsychologisch klare Vorteile", sagt Jörg Mörke von dem Unternehmen The Tablet PC Store, einem Fachhandel und Beratungsunternehmen für Tablet PC. "Sie erzeugen eine offene Gesprächsatmosphäre, und geben mit Hilfe des berührungsempfindlichen Bildschirms Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Kunden". Anders als Notebooks sind die Geräte außerdem problemlos umher zu tragen und benötigen für Eingaben keine horizontale Standfläche. Als vollwertige Computer dienen sie natürlich außer der Präsentation auch der Auftragserfassung, Kundenverwaltung und Nachbetreuung. Und: "Sie erlauben die Erzeugung rechtssicherer Unterschriften", so Mörke im Gespräch mit dem DocCheck-Newsletter.Auch in der Pharmabranche stoßen Tablet-PC-Geräte für den Außendienst zunehmend auf Interesse. So plant das Unternehmen Betapharm, insgesamt 300 seine Außendienstmitarbeiter mit je einem Tablet-PC auszustatten. "Wir wollen damit die Auftragserfassung und das Kundenmanagement optimieren. Außerdem planen wir eine Anbindung der Geräte an das Warenwirtschaftssystem um die Abwicklung zu beschleunigen", erläutert CRM-Projektleiter Florian Abbenseth, der bei Betapharm für das Tablet-PC-Projekt zuständig ist. Ab Anfang 2007 sollen die Mitarbeiter geschult werden. Danach geht es für alle mit dem "Tablet" auf die Piste.
Auch Tablet-PC haben einen G-Punkt
Jörg Mörke ist davon überzeugt, dass Tablet-PC-Geräte im Außendienst nicht nur praktisch sind, sondern auch Einsparpotenzial bergen. Allein durch den Verzicht auf die Produktion und den Versand von gedruckten Produktkatalogen an die Mitarbeiter könne ein Unternehmen den Preis für die Anschaffung der Geräte innerhalb von ein bis zwei Jahren wieder reinholen. Ein Selbstläufer ist der Umstieg auf ein Tablet-PC-System freilich nicht. "Eine gute Schulung und einige Wochen Übung sind ganz entscheidend für den Erfolg. Die Unterschiede im Vergleich zu herkömmlichen PC oder Notebooks, also Handschrifterkennung und die Bedienung per Touchscreen, müssen den Mitarbeitern vermittelt werden."Bei der Auswahl der Geräte für ihre Mitarbeiter bietet sich den Unternehmen mittlerweile eine breite Angebotspalette. "Entscheidend für den Außendienst sind robuste Geräte, die einen Blickwinkel von mindestens 160 Grad erlauben", unterstreicht Mörke. Bei der Frage, ob Geräten mit hochklappbarem Monitor und Tastatur ("Convertibles") oder tastaturlosen Geräten ("Slades") der Vorzug gegeben werden sollte, plädiert der Experte für die mobilere Lösung ohne Tastatur. Bestellungen, kurze E-Mails und andere typische Vorgänge der Geschäftskommunikation seien mit den leichteren Slades völlig problemlos per Eingabestift und Handschrifterkennung zu erledigen. Zuhause oder im Büro macht dann eine Dockingstation das "Tablett" zum vollwertigen Desktop-Rechner.Zwei der wichtigsten Anbieter für Slade-Rechner sind derzeit die Unternehmen Motion Computing und PaceBlade. Andere sind Fujitsu-Siemens, Asus oder Lenovo. High-End-Geräte sind unter anderem mit einem so genannten G-Sensor ausgestattet, der die Schreibleseköpfe von der Festplatte wegschwenkt, wenn das Gerät zu Boden fällt. Das hilft dem Gerät selbst zwar auch nicht, aber zumindest bleiben die Festplatte und mit ihr die Daten intakt.
Entscheidend ist die richtige Software
Der beste Tablet-PC hilft freilich nicht weiter, wenn die Software, mit der die Außendienstmitarbeiter arbeiten müssen, nichts taugt. "Ein häufiger Fehler ist, dass lauffähige Anwendungen eingesetzt werden, die die neuen Funktionen der Tablet-PC nicht ausnutzen", unterstreicht Eddy Wefer von Brendel Orga. Das Unternehmen hat mit Verisys eine Außendienstlösung entwickelt, die von den Mitarbeitern der Premium Marken Vertriebsgesellschaft genutzt wird. Sie sind unter anderem für den Vertrieb von Niederegger Marzipan zuständig. Angemessen große Schaltflächen, damit der berührungsempfindliche Bildschirm mit den Fingern bedient werden kann, sinnvoll in die Oberfläche integrierte Textboxen für die Handschrifterkennung, das sind nur einige der Punkte, auf die Wefer bei Außendienstlösungen unbedingt zu achten empfiehlt.Für die Pharmabranche hat die antwerpes & partner ag für Tablet-PC die Software isa entwickelt. Das Tool legt besonderen Wert auf die multimediale Unterstützung des Kundengesprächs. Isa ist gekennzeichnet durch eine streng modulare Bauweise, bei der außer Preistabellen auch Originalstudien, Experteninterviews, Schemazeichnungen oder Animationen eingeblendet werden können. Damit können die Mitarbeiter im Gespräch mit Ärzten, Apothekern oder Großhändlern auf spezielle Fragen gezielt reagieren und ihre multimediale Produktpräsentation ganz an den Wünschen des Gesprächspartners ausrichten.