Es ist soweit - das Studium ist (fast) vorbei! Das Praktischen Jahr (PJ) steht vor der Tür. Junge Medizinerinnen und Mediziner sollen in dieser Zeit ihre in der Universität erworbenen theoretischen Kenntnisse in praktische Fertig- und Fähigkeiten umwandeln.
Im Praktischen Jahr müssen Jungmediziner so viel gelernt haben, dass sie als Assistenzärzte verantwortungsvoll selbst eine Station leiten, und sich bestmöglich um die Patienten kümmern können. Neu dabei ist, dass PJ'ler ab 2006 nach ihrem einjährigen Dienst das sogenannte "Hammerexamen" absolvieren müssen, das bislang als 2. Staatsexamen bereits vor dem Praktischen Jahr geschrieben wurde.
Traurig, aber wahr Viele Geschichten, die PJ'ler aus ihrer Ausbildung erzählen, sind Paradebeispiele dafür, wie mancherorts mit diesen "billigen Arbeitskräften" umgegangen wird. Etliche der über 10.000 Medizinstudenten, die pro Jahr ihre PJ-Abschnitte absolvieren, beklagen sich bitterlich über die hierzulande herrschenden Umstände. Laut Approbationsordnung (AO) steht im Mittelpunkt des PJ die Ausbildung am Patienten. Viele, die an Unikliniken (gerade auf der Chirurgie) ihre Tertiale absolvieren, können darüber aber nur müde lächeln. Die meisten PJ'ler genießen gerade in diesem Abschnitt der Ausbildung den einzigen "Kontakt" zum Patienten, wenn sich ihnen dieser narkotisiert auf dem OP-Tisch präsentiert.
Geringschätzung inbegriffen Traurig auch die folgende Geschichte, die uns die PJ'lerin Claudia aus Heidelberg erzählt hat: "Die Geringschätzung, die viele approbierte Ärzte gegenüber ihren jungen (PJ)Kollegen zeigen, färbt total oft auf das Pflegepersonal ab. Viele Krankenschwestern und Pfleger schauen sich dieses dumme Verhalten ab und reagieren genervt und unfreundlich auf uns. So sehen viele in uns (quasi "geimpft" durch die Schroffheit ihrer Vorgesetzten) nur den blöden PJ'ler, der den eigenen, antrainierten Ablauf stört, und dem man ständig erklären muss, wo sich was auf der Station befindet. Hier sollten gerade die Stationsärzte und anderen Verantwortlichen mehr Feingefühl zeigen!" Und...über das Thema "Aufwandsentschädigung" wollen wir hier erst gar nicht beginnen zu diskutieren. An den meisten Unikliniken bekommen die PJ'ler nicht einmal eine warme Mahlzeit pro Tag bezahlt. Ein Zustand, den man wohl in keiner anderen Berufsgruppe in solch drastischer Deutlichkeit vorfindet - zumal gemessen an den physischen und psychischen Leistungen und den teilweise extrem langen Arbeitszeiten.
Eigenverantwortung Auf den Punkt gebracht, wo es am deutschen PJ wirklich hakt: Alle Aufwandsentschädigungen und theoretischen Leitlinien bringen rein gar nichts, wenn sich nicht in den Köpfen etwas ändert. Viele Stationsärzte, die eigentlich als Ausbilder der Fakultäten gefordert wären, sind sich zwar über die Missstände im Klaren, wollen oder können aber nichts daran ändern. Vieles hängt nämlich oftmals von deren eigenen Ober- und Chefärzten ab. Andererseits sollten sich die PJ'ler aber auch an die eigene Nase fassen - meint zumindest Claudia: "Das Personal auf Station hat es ja oft auch nicht gerade leicht. Da kommt alle paar Wochen ein kleiner Halbgott in Weiß, der von Tuten und Blasen meist keine Ahnung hat und selbst bei existenziellen Handgriffen fünfmal nachfragen muss. Leider scheint es vielen angehenden Ärzten eigen zu sein, sich auch unnötig hochnäsig gegenüber dem Pflegepersonal zu verhalten. Klar, dass hierbei keine anständige Basis und kein gutes Klima geschaffen werden können!"
Gegenseitiger Respekt Die Lösung des Problems scheint also wieder einmal in der goldenen Mitte zu liegen und auf viele Kompromisse hinauszulaufen: Wenn alle Beteiligten ein paar Schritte aufeinander zugehen würden, wäre vieles leichter. Wenn sich ein Chefarzt zum Beispiel bei einem PJ'ler für eine Arbeit bedankt (zumal sie außerhalb der eigentlichen Zuständigkeit des Studenten liegt) oder etwas (notfalls auch mehrmals) erklärt, motiviert das mehr als ein freies Mittagessen im Krankenhaus. Dafür arbeitet man abends auch mal ein Stündchen länger oder macht dem Stationsarzt ausnahmsweise noch ein paar Aufnahmen. Zunächst muss aber jeder begreifen, dass es trotz - begründeter und wichtiger! - hierarchischer Unterschiede für keinen einen Grund geben sollte, auf jemanden herabzublicken, verdiente Anerkennung zu verweigern, jemanden auszunutzen oder wegen eines (Anfänger)Fehlers bloß zustellen.
Diskussion In diesem Sinne: Was sind Eure Erfahrungen mit dem PJ, dessen Ablauf und Problemen? Oder habt Ihr ganz gegenteilige, vielleicht sogar super positive Erfahrungen gesammelt? An welchen Kliniken oder in welchen Häusern läuft alles zur vollsten Zufriedenheit für den PJ'ler? Wie sind Eure Erfahrungen - gute wie schlechte - mit den Chef- und Oberärzten? Schreibt uns Eure Berichte oder diskutiert mit uns darüber in unserem Forum unter der Rubrik "Praktischen Jahr". Wir freuen uns!