Während für ausgewählte Apotheken hohe Kaufpreise erzielt werden, sind andere Betriebe schwierig zu veräußern. Das liegt nicht nur an der Ertragskraft, sondern auch an der Region. Inhaber sollten sich deshalb rechtzeitig mit der Übergabe befassen.
Klaus Kieselhorst. Quelle: Treuhand Hannover „Der Apothekenmarkt ist in letzter Zeit vielfältiger geworden, was sich auch bei den Kaufpreisen widerspiegelt“, so Klaus Kieselhorst, Leiter der Marktentwicklung bei der Treuhand Hannover. „Früher sprachen wir von einem Verkäufermarkt.“ Ertragsstarke Apotheken waren fast überall zu finden. Heute gebe es in bestimmten Regionen einen Käufermarkt. Selbst bei gutem Betriebsergebnis finden Apothekenleiter nicht immer Approbierte, die Interesse am Objekt haben. Kieselhorsts Resümee: „Generell entwickeln sich die Kaufpreise in den letzten Jahren rückläufig.“ Das hat mehrere Gründe.
Er nennt in erster Linie die zunehmende Filialisierung. ABDA-Zahlen zufolge ist die Zahl an Hauptapotheken mit einer Filiale von 989 (2005) auf 2.229 (2015) angestiegen. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl an Hauptapotheken von 94 auf 612 (zwei Filialen) beziehungsweise von 17 auf 276 (drei Filialen). „Es entstehen immer größere Apothekenverbünde, deren Veräußerung deutlich komplexer wird – und OHGs erleben eine Renaissance“, kommentiert der Experte. Die Zahl an Filialen nimmt weiter zu. Grafik: ABDA Veränderungen gibt es auch bei der möglichen Bandbreite an Umsätzen. Hier warnt Klaus Kieselhorst vor Hochpreisern wie Sofosbuvir in der Bilanz. Steigende Umsätze seien mitunter trügerisch. Werden Patienten geheilt, ist das Umsatzplus dahin. Und nicht zuletzt hat sich vielleicht auch der Standort verschlechtert, indem Ärzte weggezogen sind oder mehrere Läden geschlossen wurden.
Neben den harten Fakten spielen auch subjektive Wünsche von jungen Approbierten eine Rolle. Kieselhorst: „Existenzgründer suchen hautsächlich in den Ballungsgebieten eine Apotheke, was die Veräußerungsmöglichkeiten von Betrieben in eher ländlichen Regionen deutlich erschwert bis teilweise unmöglich macht.“ Viele Kollegen sind nicht mehr bereit, auf die Lebensqualität in Städten zu verzichten. Sie wollen auch die Möglichkeit haben, pharmazeutisches Personal einzustellen, um nicht selbst 60 bis 70 Stunden hinter dem HV-Tisch zu stehen. Auch ein unterdurchschnittlicher Umsatz bei überdurchschnittlichen Kosten macht die Apotheke wenig attraktiv. „Grundsätzlich kann man sagen, dass Apotheken, die weniger Gewinn abwerfen als ein angestellter Apotheker verdient, schwer zu veräußern sind“, weiß der Experte. „Ein angestellter Apotheker hat sehr gute Einkommensmöglichkeiten sowohl in der Industrie als auch als Angestellter oder als angestellter Filialleiter. Er möchte sich, wenn er den Schritt in die Selbständigkeit wagt, naturgemäß deutlich besserstellen.“
Bleibt als Fazit, dass viele Parameter den Kaufpreis einer Apotheke beeinflussen. An so manchem Schräubchen lässt sich drehen, falls Zeit bleibt. Deshalb rät Kieselhorst allen Inhabern, die über einen Verkauf nachdenken, rechtzeitig zu handeln und ihren Betrieb zu optimieren: „Als Vorlauf sind ein bis zwei Jahre durchaus angemessen.“ Da der Gewinn entscheidend für den Wert ist, helfen alle Maßnahmen mit positivem Effekt auf die Umsatzentwicklung, den Wareneinsatz und die Kostenstruktur. Seine Ratschläge:
„Ältere Inhaber wollen am Ende ihrer Tätigkeit nicht mehr sämtliche Umsatzsegmente bedienen“, erklärt Kieselhorst. Wer neue Zielgruppen erschließt, erhöht den Umsatz und verbessert die betriebswirtschaftliche Situation. Dazu gehört ein individuelles, auf den Standort heruntergebrochenes Marketingkonzept. Das können spezielle Angebote für Mütter oder Kinder sein, aber auch für Senioren, für Sportler oder für Menschen, die alternative Therapien schätzen.
„Den Wareneinsatz werden Apothekenleiter nur in Grenzen beeinflussen können“, so der Experte. Der Gesetzgeber legt Preise für Rx-Präparate akribisch fest. „Aber oft haben ältere Inhaber nicht mehr so intensiv mit Grossisten verhandelt.“ Vielleicht besteht auch eine langjährige Bindung zum Außendienstmitarbeiter, was sich in schlechteren Konditionen äußern kann. Gespräche mit anderen Großhändlern schaden nie. Und wer Mitglied von Kooperationen wird, erhält ebenfalls attraktivere Einkaufsbedingungen. Hier lassen sich durchaus Potenziale heben.
Nicht zuletzt empfiehlt Kieselhorst, einen Blick auf die Personalsituation zu werfen. „Ältere Inhaber leisten sich oft mehr Personal als es betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, um selbst etwas weniger zu arbeiten.“ Beim geplanten Wechsel rächt sich eine überdurchschnittlich hohe Personalkostenquote. Wer einen Verkauf plant, kann mittelfristig gegensteuern. Sinnvoll seien befristete Einstellungen. So kann vermieden werden, dass der Käufer vom Verkäufer verlangen muss, Angestellte zu entlassen. Ansonsten kann sich das Blatt schnell gegen den Nachfolger wenden. Kunden oder Teammitglieder nehmen ihm die personelle Maßnahme übel.
Achten Inhaber rechtzeitig vor der geplanten Übergabe auf einen langfristigen Mietvertrag mit Festmietlaufzeit plus einseitiger Optionen, wird ihre Betriebsstätte ebenfalls attraktiver. „Diese Tatsache wird oftmals zu wenig Bedeutung beigemessen und birgt für den Verkäufer große Risiken“, erklärt der Treuhand-Experte. Auch die Revisionsfähigkeit sollte gewährleistet sein. Ansonsten kommen auf den neuen Inhaber durch Mängel bei der Barrierefreiheit oder Sicherheitsrisiken im Labor schnell horrende Kosten zu. Natürlichen setzen all diese Maßnahmen auch eine gewisse Bereitschaft voraus, über den eigenen Schatten zu springen. Die Überwindung lohnt sich aber, denn in der Summe angewendet, können diese Schritte viel bewirken.