Die steigende Flexibilität der Arbeitwelt mischt auch den Arztberuf neu auf. Der neue Trend geht zum DocHopper: mobil und überall einsatzbereit. Wer sich als Arzt darauf einlässt, ist bei Personalagenturen gern gesehen. Denn sie bieten eine Vielzahl von Vertretungsjobs im In- und Ausland. Und das Interesse steigt.
Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz macht es leichter möglich, der Ärztemangel in manchen Gebieten Deutschlands macht es zum Teil sogar erforderlich: das Arbeiten als Vertretungsarzt. Ärzte, die auf Honorarbasis für einige Tage oder Wochen oder nur für ein Wochenende an einem fremden Krankenhaus oder einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig sind, machen dies aus vielerlei Gründen, erklärt Claudia Brömmelhörster von der Bielefelder FachArztAgentur (FAA). "Einige von ihnen sind bereits berentet und wollen noch hinzuverdienen, andere befinden sich zwischen zwei Stellen, wieder andere sind in Elternzeit", so die Marketingfachfrau einer der führenden Personalagenturen Deutschlands.
Anzeige Agenturen wie die FAA suchen entsprechend dem Profil des interessierten (Fach-)Arztes ein Angebot einer deutschen Klinik heraus, bringen beide Parteien zueinander und klären die Honorarfrage. Für diese Vermittlertätigkeit zahlen die Kliniken abhängig von der gewünschten Dauer der Vertretung eine Gebühr. Der Arzt, der vertretungsweise in der Klinik arbeitet, erhält einen Stundenlohn zwischen 40 und 60 Euro die Stunde, je nach dem, über welche Qualifikation er verfügt und was die Klinik zu zahlen bereit ist. Bei weiter entfernten Häusern haben diese Kost und Logis für den "Leiharzt" zu stellen. Es profitieren also alle Seiten.Der Agentur-Markt
FAA-Gründer Dr. Jochen Jouaux hat, wie viele andere Geschäftsführer von vergleichbaren Personalagenturen, zuvor selbst als Vertretungsarzt im Ausland gearbeitet. Er hat die Idee 2001 nach Deutschland "importiert". Von Verhältnissen, wie sie beispielsweise in England herrschen, sei Deutschland zwar noch weit entfernt, sagt Brömmelhörster. Dort ist der Einsatz so genannter Locum-Ärzte etwas Selbstverständliches, sowohl für das Klinikpersonal als auch für die Patienten. Die Resonanz auf das FAA-Angebot ist laut der Marketingfachfrau in den vergangenen fünf Jahren jedoch stark gestiegen. Inzwischen befände sich die Zahl der Ärzte, die die Agentur in ihre Kartei aufgenommen hat, im "vierstelligen Bereich". Zudem vermittelt die FAA jedes Jahr mehrere Hundert Ärzte. "Auch das Interesse der nachfragenden Krankenhäuser nimmt zu", betont Brömmelshörster.
Der Geschäftsführer von "hire a doctor", Dr. Michael Weber, klingt ein wenig zurückhaltender. Obwohl das Profil der Berliner Personalvermittlung dem der Konkurrenzagentur ähnelt, spricht Weber von einem "Nischemarkt". Er ist aber wie die Konkurrenz davon überzeugt, dass deutsche Ärzte und Agenturen mit ihrem Drang nach mehr Flexibilität im Gesundheitswesen einem globalen Trend folgen.
"Hire a doctor" ist seit zwei Jahren am Markt, wie die FAA vermittelt die Agentur in erster Linie Fachärzte an Krankenhäuser. Zurzeit kommt Weber auf 2.000 bis 10.000 vermittelte Stunden jährlich. Besonders wichtig ist dem Geschäftsführer, die Qualität der Anwärter zu überprüfen. Um sicherzugehen, lässt er sich deren Abschlüsse schicken, führt Telefonate mit den Ärzten und überprüft deren Approbation bei den jeweiligen Ärztekammern.
Während Weber und Jouaux sich auf den deutschen Markt spezialisiert haben, vermittelt "panacea 4U" seit 2000 Ärzte und Krankenpflegepersonal international. Denn irgendwie müssen all diejenigen, die in den letzten Jahren vermehrt von Auswanderung gesprochen haben, auch ins Ausland gelangen. Wolfgang Wannoff rudert gleich zurück. "Das Gras auf der anderen Seite ist bei genauerer Betrachtung nicht so grün, wie es zunächst den Anschein macht", räumt er gegenüber DocCheck ein. In anderen Worten: Das Interesse an einer Vertretungstätigkeit im Ausland sei zwar bei vielen Ärzten vorhanden. Im Schnitt vermittelt Wannoffs Agentur jedoch nur etwa 50 Ärzte pro Jahr ins Ausland, 80 Prozent davon nach England, die restlichen 20 Prozent nach Australien, Neuseeland und Skandinavien. Weitere 120 Ärzte jährlich arbeiten über panacea 4U regelmäßig an den Wochenenden im Ausland.
Consulting und Co.
Neben einer überschaubaren Zahl an Personalagenturen setzen auch Consulting-Unternehmen auf das Geschäft mit der ärztlichen Flexibilität. Die KV-Börse beispielsweise, eine Kooperationsgemeinschaft der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein Consult und der KV Westfalen Lippe Consult GmbH, möchte unterstützend tätig sein. Denn neue Kooperationsformen und die Liberalisierung der ärztlichen Tätigkeit schaffen Erklärungsbedarf, glaubt Geschäftsführer Wolfgang Vieten. Über das Portal können Ärzte andere kooperationswillige Ärzte ausfindig machen oder für ihre Praxis einen Nachfolger suchen. In neue Kooperationsformen, seien es Medizinische Versorgungszentren, Praxisnetze oder Honorargemeinschaften, setzt Thomas Dannecker von der FreiburgerÄrzteConsulting mehr Hoffnung als in Vertretungstätigkeiten. "Denn Leihärzte", findet Dannecker, "werden immer Söldner bleiben, die kommen und gehen."
Egal mit welcher Ansicht über Vertretungstätigkeiten und Consultingagenturen sich Ärzte besser identifizieren können - der vorhandene Markt bietet ihnen die Möglichkeit, auf den globalen Flexibilitätstrend aufzuspringen.